0833 - Verfluchte der See
das Pater Ralf wüsste, würde er sich vor lauter Gram hinter den Zug werfen.«
Damit war der amüsante Teil aber erst mal vorbei. Denn Jasper Westerländer kam auf den Grund von Nicoles und Zamorras Hiersein zu sprechen.
»Wie Sie ja schon aus Funk und Fernsehen wissen, verschwinden bei uns vor der Küste seit gut einer Woche immer wieder Schiffe spurlos.« Der alte Seebär geriet unwillkürlich ins Flüstern, während er sich kurz bekreuzigte. »Bisher sind es sechs. Mit einer Yacht fing es an und erst gestern hat es ein größeres Handelsschiff, die DANISH DYNAMITE, erwischt. Weder die Polizei noch die Marine, die mit Schnellbooten und Hubschraubern patrouilliert, haben das bisher verhindern können. Na ja, der Funker der DANISH DYNAMITE konnte, wie drei der anderen Schiffe auch, gerade noch einen Notruf senden. Er berichtete, dass sein Kahn von einem alten Segelschiff mit Kanonen beschossen werde. Dann brach der SOS-Ruf ab. Auch die anderen empfangenen Notrufe berichten von einem alten Segler, der von einer Art Nebelbank umgeben sei. Unheimlich, nicht wahr?«
»Woher wissen Sie das, Herr Westerländer?«, hakte Nicole sofort ein. »In den Medien war davon keine Rede.«
Der Seebär nickte. »Der genaue Inhalt dieser Notrufe wird von der Polizei unter Verschluss gehalten. Aber ich habe einen Freund dort, der mich informiert. Ein alter Fluch erfüllt sich gerade. Hans der Hai ist wieder da.«
Nicole sah Westerländer nachdenklich an. »Irgendetwas ist in Ihnen, das spüre ich. Sie haben eine außergewöhnliche mediale Gabe, habe ich Recht?«
Er starrte sie an. Gänsehaut bildete sich auf seinem Handrücken. Dann schluckte er schwer und senkte den Blick. »Ich weiß nicht, wie Sie das wissen können, Frau Duval. Aber bei Licht besehen hätte ich es eigentlich erwarten müssen. An Bord der ULYSSES waren Ihre Fähigkeiten eine Legende. Nun, ja… ich bin das, was die Leute hier einen Spökenkieker nennen.«
»Dachte ich mir's doch. Ein Spuk-Seher also. Und was sehen Sie so, Herr Westerländer?«
»Immer nur den Tod und das Verderben, Frau Duval. Die Visionen überfallen mich, wenn ich an einem Todgeweihten vorbeigehe. Ich sehe dann sein Ableben in allen Einzelheiten. Und was ich sehe, tritt innerhalb einer unbestimmten Frist genau so ein. Es ist furchtbar. Ich kann mit dieser ›Gabe‹ nicht leben… Aber auch nicht sterben«, setzte er noch leiser hinzu. »Manchmal denke ich, dass ich einer Heimsuchung des Teufels unterliege. Aber dann bin ich mir unsicher, ob es nicht doch Gott ist, der mich prüft.«
Zamorra und Nicole nickten mitfühlend. Nach und nach erfuhren sie die Legende vom Piratenkapitän Johan Redlef-Vollquarsen, der als Hans der Hai einst traurige Berühmtheit erlangt hatte. Sie hörten von den drei jungen Studenten, die das Wrack der »Dummen Kuh von Skallingen« gefunden und ein Stück Holz mit dem Schiffsnamen darauf geborgen hatten. Und von Westerländers Visionen, als die Studenten an ihm vorbeigegangen waren.
»Es war undeutlich«, flüsterte er. »Aber mindestens einen von ihnen wird es erwischen. So wahr ich hier sitze.«
»Sie sprachen vorhin davon, dass sich ein alter Fluch erfüllen würde. Was meinen Sie damit, Herr Westerländer?«, wollte Zamorra wissen.
»Nun, die Legende besagt, dass Hans der Hai kurz vor seinem Tod noch seinen Bezwinger, den tapferen Kapitän Edo Wiemken, verflucht haben soll.«
Nicole kniff leicht die Augen zusammen. »Ach tatsächlich? Aber das passt irgendwie nicht mit Ihrer Theorie zusammen. Wenn Wiemken verflucht wurde, müsste eigentlich dieser auf dem Meer hier spuken, nicht aber der Piratenkapitän. Oder was meinen Sie?«
»Da ist was dran«, pflichtete Zamorra ihr bei.
»Ja, nein, ich meine… ich weiß nicht, wie das zugeht. Sie haben sicher Recht, aber ich weiß, dass Hans der Hai wieder da ist. In meiner Vision stand er achtern auf seinem Schiff, genau so, wie die Legenden ihn beschreiben und ermordete einen Menschen. Nein, das war nicht Edo Wiemken. Und außerdem steht der Name der ›Dummen Kuh von Skallingen‹ auf der gefundenen Planke.«
»Belassen wir es erst einmal dabei«, lenkte Zamorra ein und ließ die Finger von Merlins Stern gleiten, zu dem er die ganze Zeit; in seiner Jackentasche versteckt, Fingerkontakt gehabt hatte. Seine effektivste Waffe im Kampf gegen das Böse hatte sich nicht erwärmt. Also war Jasper Westerländer wohl frei von dämonischen Einflüssen, sie durften ihm trauen.
»Wir werden den drei Studenten einen
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