0833 - Verfluchte der See

plötzlich nicht mehr, wo oben und unten war. Verzweifelt strampelte sie. Nur mit eiserner Mühe konnte sie den Atemreflex unterdrücken.
    Roger schlug den Kopf an einer Ecke an und fiel sofort in tiefe Bewusstlosigkeit. JJ, der mit voller Wucht gegen das Steuerrad knallte, stöhnte laut, als ihm der Schlag die Luft aus den Lungen trieb. Er blieb aber bei Bewusstsein und musste mit ansehen, wie das Boot rasend schnell sank.
    Als die Wellen das Deck überspülten, ging ein riesiger Schatten längsseits. Gleich darauf überflutete rötliches Licht das sinkende Boot.
    »Nein«, flüsterte JJ entsetzt, als die ersten Piraten johlend aufs Deck sprangen und irgendwelche Hieb- und Stichwaffen schwangen.
    Ein Furcht erregend aussehender Kerl mit struppigem Vollbart, fehlender Nasenspitze und entstellten Blumenkohlohren packte JJ und riss ihn unsanft hoch. Ein anderer tat das Gleiche mit Roger, während ein Dritter Antje aus dem Wasser zerrte.
    Kurz darauf lagen alle drei an Deck des Geisterseglers. Die sich die Seele aus dem Leib hustende Antje starrte mit weit aufgerissenen Augen in fahle, höhnische Gesichter, die einen weiten Kreis über ihr bildeten.
    An einer Stelle teilte sich der Kreis. Ein riesenhafter Mann mit schwarzem, bis auf die Brust hinunterhängenden Vollbart, schulterlangen schwarzen Haaren, rotem Rock und grüner Schärpe sah auf sie herab. In einem gelben Tuch, das als Gürtel diente, steckten mehrere Messer und ein Beil. Der Mann musterte sie aus überaus tückischen Augen, in denen Antje nichts Gutes für sie las. Und wenn sie je geglaubt hatte, ihre Furcht sei nicht mehr zu steigern, wurde sie in dem Moment eines Besseren belehrt, als der Mann vor ihr laut lachte und dabei die Zähne fletschte.
    Messerscharf zugespitzte Zähne, die wie die eines Hais aussahen.
    »Mit der da vergnügt euch, so lange ihr wollt«, befahl das Monster über ihr. »Die beiden anderen aber hängt in die Rahen.«
    Antje schrie wie am Spieß, als Gejohle laut wurde, derbe Hände nach ihr langten und stinkender Atem sie umwehte…
    ***
    Noch ein Boot war in dieser Mutter aller Schreckensnächte unterwegs.
    Zamorra und Nicole hatten es sich von Jasper Westerländer ausgeliehen. Nici, die es sich nicht nehmen ließ, das Boot selbst zu steuern, kreuzte im Fahrwasser Norderaue. Sie war mit ihrem Dhyarra achter Ordnung und einem Blaster bewaffnet, während sich der Professor auf Merlins Stern verließ. Das Amulett hing offen über seiner schwarzen Lederjacke.
    Sie sahen in einiger Entfernung die Positionslichter der Studentenyacht, ohne zu wissen, wer sich auf dem Boot befand.
    Ein fahler Blitz zuckte unvermittelt über das Meer. In einiger Entfernung begann sich aus dem Nichts heraus eine leuchtende Nebelbank zu bilden. Gleichzeitig erwärmte sich Merlins Stern ein wenig.
    »Nici«, zischte Zamorra überflüssigerweise, denn seine Mitkämpferin bemerkte das Phänomen im selben Augenblick.
    Die Konturen eines alten Seglers manifestierten sich langsam im leuchtenden Nebel.
    »Wie in der Zeitschau«, stellte der Professor fest. »Das Ding kommt aus einer anderen Dimension. Beim eitrigen Backenzahn der Panzerhornschrexe, was machen die Vollidioten da?« Mit zusammengekniffenen Augen starrte er auf das weiter vorn fahrende Boot, das plötzlich Fahrt aufnahm und sich direkt auf das Geisterschiff zubewegte! Die Positionslichter verrieten es.
    Zamorra ahnte Schlimmes. »Los, Nici, hinterher!«
    Nicole nickte nur und kurbelte am Steuerrad. Gleichzeitig gab sie Gas. Das Boot hob den Bug aus dem Wasser und raste hinter den Abenteurern her.
    »Großer Mist!«, murmelte Zamorra, als es beim Segler mehrfach aufblitzte und sich der erste Kanonendonner über dem nächtlichen Wattenmeer austobte.
    »Wo du Recht hast, hast du sicher nicht Unrecht«, bestätigte Nicole. »Die feuern ganze Breitseiten ab.«
    Zunächst entzog es sich den Blicken der beiden Dämonenjäger, welchen Schaden die Breitseite anrichtete, weil es einfach zu finster war.
    »Da, jetzt haben sie gemerkt, was für einen Blödsinn sie machen und versuchen zu fliehen«, kommentierte Zamorra. »Na, wenigstens scheinen sie noch zu leben und manövrierfähig zu sein.«
    »Nützt ihnen aber nix«, sagte Nicole. »Das Geisterschiff verfolgt sie. Und ich will der Panzerhornschrexe als Zwischenmahlzeit dienen, wenn die Dämonischen nicht verdammt viel schneller sind und das Schiffchen demnächst aufreiben werden.«
    Eine zweite Breitseite folgte. Kurz danach ein einzelner Schuss. Als die