0836 - Die Traumzeit stirbt!
hervorwachsen«, stellte Nicole fasziniert fest.
Die feinstoffliche Materie drehte sich nun nicht mehr in sich selbst, sie hatte sich eindeutig verfestigt. Trotzdem blieben die Geister Schemen, die die dahinter liegende Felswand durchscheinen ließen.
Die vier Geistwesen schienen sich zu konzentrieren. Zamorra glaubte, dies ihren Gesichtern entnehmen zu können. Gleichzeitig begann das Blut aus den Leichen der Aborigines heraus zu fließen. Nicht nur aus den Körperöffnungen, sondern aus der gesamten Hautoberfläche. Der einstige Lebenssaft bildete Rinnsale, die zielstrebig und schnell wie ein lebendiges Wesen einem bestimmten Punkt zustrebten, sich dort vereinigten und in den Boden sickerten.
»Meine Güte, sie helfen uns noch im Tod«, sagte Zamorra gepresst, dem es wie Schuppen von den Augen fiel. »Ihre Geister haben den magischen Kreis gebildet, um Purlimil und Morintji zu erwecken. Höchste Vorsicht, Nici.«
Die Ereignisse bestätigten Zamorras Überlegung. Er hatte noch nicht richtig ausgesprochen, als die Erde leicht zu beben begann. Von irgendwoher erklang ein leises Rumpeln und Knirschen. Gleichzeitig spürten die beiden Dämonenjäger eine sich mit affenartiger Geschwindigkeit manifestierende Macht, die sie sofort als unglaublich böse einstuften. Dazu bedurfte es nicht mal der Bestätigung von Merlins Stern. Das Amulett erhitzte sich schlagartig und brannte trotz des dazwischenliegenden Hemdes schmerzhaft auf Zamorras Brust. Als er es umklammerte, spürte er die Hitze ebenfalls. Sie schadete ihm jedoch nicht. Ein Phänomen, dem er noch nicht auf die Spur gekommen war.
Die Gesichter der blauen Geister verzogen sich in unendlicher Qual. Nicole glaubte ihren Schmerz fast körperlich wahrzunehmen. Laink riss den Mund sperrangelweit auf und versuchte, Tjakamara und Tsangala seine Hände zu entziehen. Doch die hielten eisern fest, ließen nicht zu, dass der magische Kreis gesprengt wurde.
Auch der noch lebende Woturpa presste die Hände gegen die Schläfen. Sein Körper zuckte wie unter Stromschlägen, er schrie so schrill wie ein Tier in höchster Todesnot. Der Aranta wollte aufspringen und fliehen. Es ging nicht. Er versuchte es mit Krabbeln. Nach nicht einmal einem Meter brach er zusammen und blieb ausgestreckt liegen.
Der Boden bebte nun stärker, das Blut aus den Leichen floss in fast irrsinnig zu nennender Schnelligkeit zum Sammelpunkt. Es war, als öffne die Erde dort einen Mund, der das Lebenselixier mit nimmersatter Gier in sich hineinschlürfte.
Als der letzte verfügbare Tropfen versickerte, endete das Beben ebenso schlagartig, wie sich die vier Geister verflüchtigten. Sie explodierten förmlich. Die Nacht nahm die davonfliegenden blauen Schemen auf und assimilierte sie. Nicht das kleinste Geräusch war mehr zu vernehmen. Gleichzeitig verdichtete sich die abartig böse Präsenz noch einmal um ein Vielfaches.
Die beiden Franzosen starrten sich kurz an.
»Purlimil und Morintji sind da«, flüsterte Nicole und schluckte ein paar Mal. »Ich kann sie deutlich spüren.« Sie löste den Blaster von der Magnetplatte am Gürtel und hielt ihn schussbereit.
Der Professor nickte. »Ja, ich auch«, presste er zwischen den Zähnen hervor. »Aber wo sind sie?«
Sie sicherten nach allen Seiten in die Dunkelheit.
»Da, zwischen den Felsen«, presste Nicole angespannt hervor. »Siehst du's auch? Das ist keine gewöhnliche Finsternis.«
Zamorra nickte. »Tatsächlich. Ich seh's ebenfalls. Lass uns zu Woturpa gehen. Ich halte es für besser, wenn wir in seiner Nähe sind.«
Ohne ein weiteres Wort spurtete Nicole los. Zamorra blieb ihr dicht auf den Fersen. Als sie bei dem Aborigine anlangten, sahen sie erleichtert, dass er noch lebte. Er stöhnteleise und begann, sich vorsichtig aufzurichten.
»Bleib du bei ihm, Nici. Ich schau mal nach, was dort drinnen vor sich geht.«
Nicole nickte. Sie schien nervöser als sonst. Zamorra sah es daran, dass sie mit dem Blaster immer wieder unkontrollierte Halbkreise zog.
Entschlossen trat der Professor zwischen die Felsen hinein, das Amulett fest umklammert. Merlins Stern erhitzte sich mit jedem Schritt mehr. Ein Zeichen, dass er sich in die richtige Richtung bewegte. Die dämonische Finsternis, die er und Nicole wahrgenommen hatten, erreichte er trotzdem nicht. Er hatte den Eindruck, als würde sie vor ihm zurückweichen.
Zamorra kletterte über zahlreiche schroffe Steine und ging dann zwischen zwei Felsen hindurch. Sie weiteten sich zu einem kleinen Kessel, in
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