0836 - Vision der Vollendung
Baum von der Größe eines Gebirges den Götterbaum.
Dieses Erlebnis hatte zweifellos ihre Entwicklung geprägt.
„Hier fehlt etwas", sagte eines der beiden anderen Konzepte, die mit ihr auf dem Götterbaum gelandet waren.
„Ich kann noch nicht erklären, was mich an dieser Landschaft stört ... Vielleicht ist es die absolute Stille, in der kein Tierlaut zu hören ist und nicht einmal das Säuseln des Windes, oder vielleicht auch die vollkommene Harmonie dieser Flora, in der alles, aber auch alles stimmt ...
Diese Welt hat für mich etwas Steriles an sich, wie ein Garten, den ein Computer entworfen hat.
Verstehst du, was ich mein, Indira?"
„Nein", sagte das Vecculi-Konzept. „Für mich ist diese Welt das Werk eines begnadeten Landschafts-Architekten, Beljong."
Das Beljong-Konzept zog sich zurück und überließ Indira wieder sich selbst.
Sie harrte drei Tage an ihrem Platz aus, bis Beljong wiederkam.
„Jetzt ist alles klar, Indira", sagte das Beljong-Konzept triumphierend. „Ich weiß jetzt, was es war, das mich an dieser Welt gestört hat.
Es gibt in diesem riesigen Gewächshaus kein tierisches Leben. Nur Pflanzen beherrschen diese Welt.
Das mag auch der Grund dafür sein, daß sie in den Himmel wachsen. Und deshalb hatte ich das Gefühl von Sterilität."
Indira nickte. Jetzt wußte sie, was sie an dieser Welt so faszinierte. Sie hatte sich bisher keine Gedanken darüber gemacht, sondern das Bildnis dieser hundertprozentigen Pflanzenwelt einfach in sich aufgenommen.
Aber jetzt war ihr klar, daß sie ihre euphorische Stimmung aus der Tatsache bezog, daß sie, die Konzepte, praktisch am Tag vor der Schöpfung hier eingetroffen waren. Es war eine Welt ohne das geringste tierische Leben. Nicht einmal Insekten schwirrten durch die Luft, die Wasser waren frei von Mikroben.
Hier regenerierte sich die Fauna hundertprozentig aus sich selbst. „Die WANDERER III startet in wenigen Augenblicken", hörte Indira das Beljong-Konzept sagen. „Komm, reiß dich los, Indira.
Wir haben genügend Pflanzenproben aufs Raumschiff verfrachtet, so daß du auf Jahre hinaus zu tun hättest, wenn du dich mit der Flora von Edmond Vbeschäftigen willst."
Indira nahm noch einmal das Bild der Pflanzenwelt in sich auf, dann kehrte sie nach EDEN II zurück.
*
Indira steckte an der westlichen Grenze von EDEN II eine riesige Parzelle ab. Sie überdachte diese Parzelle mit einer energetischen Kuppel. Dann ging sie daran, die Tiere aus diesem Paradies im Paradies zu entfernen. Sie entkeimte den Boden. Sie sterilisierte die Atmosphäre. Man durfte ihr persönliches Paradies nur in Schutzanzügen betreten, und man mußte zuerst Schleusen passieren.
Dann erst pflanzte sie die Sämlinge von Edmond V, darunter auch den erst mannsgroßen Ableger eines Götterbaums.
„Glaubst du, daß ausgerechnet bei dir die Bäume in den Himmel wachsen werden, Indira?" wurde sie einmal von Beljong gefragt. „Bei ES - in was hast du dich verrannt."
Indira lächelte spöttisch.
„Ich habe mich in gar nichts verrannt, Beljong. Laß die anderen mich belächeln. Sollen sie mich einen Gärtner nennen. Ich werde mich schon weiterentwickeln, aber auf meine Art."
„Niemand nennt dich einen Gärtner, Indira", versuchte Beljong sie zu beschwichtigen. „Wir wissen alle, daß du auch eine vollwertige Paranoetikerin bist. Aber warum vergeudest du deine Fähigkeiten mit diesen Pflanzen? Es wird dir nie gelingen, die Verhältnisse von Edmond Veinwandfrei zu simulieren.
Und dein Götterbaum wird sein Wachstum nicht voll entfalten können."
„Darauf kommt es gar nicht an", sagte Indira. „Mir geht es um etwas ganz anderes. Ich will nicht die Natur von Edmond Vnachäffen, sondern Landschaften nach eigenen Entwürfen schaffen.
Ich betrachte mich als Landschafts-Architektin, und ich strebe in dieser Kunst die höchste Vollendung an."
Beljong betrachtete sie verständnislos.
„Ich hätte nie gedacht, daß du diese Entwicklung einschlagen würdest", sagte er. „Soviel ich weiß, warst du selbst einmal Neurobi-Positronikerin, und Edmond, von dem du den Körper hast, war Hyperfrequenz-Techniker. Und die anderen Noemata?"
Indiras Edmond-Gesicht zeigte ein Lächeln.
„Keiner von uns war künstlerisch irgendwie vorbelastet", erklärte sie dann. „Ich habe selbst schon über mich nachgedacht und kann es mir nur so erklären, daß beim Anblick der Riesenflora von Edmond Vder Schöpferfunke auf mich übersprang. Ich kenne jetzt meinen
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