Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0840 - Siegel der Rache

0840 - Siegel der Rache

Titel: 0840 - Siegel der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
Vom Netzwerk:
Leben, Helligkeit, Stimmen.
    Und der Tod - sein Tod… oder der seines Verfolgers.
    ***
    Zamorra verhielt mitten im Schritt.
    Das Blut pochte so laut in ihm, dass er glaubte, es wollte seinen Schädel sprengen. Er war nicht mehr er selbst. Wie lange war das schon so? Hatten es alle um ihn hemm bemerkt, zumindest geahnt? Nein, nein - er wollte doch nur wiederhaben, was ihm gehörte. Seinen Besitz, das, worum sein ganzes Denken sich wie in einem wilden Kreislauf drehte.
    Das Siegelbuch!
    Der Parapsychologe wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nur mühsam unterdrückte er das Zittern, das sich über seinen ganzen Körper ausbreiten wollte. Ruhig, geh einfach weiter. In das Stadion hinein-
    Das blaue Schild war groß, im Grunde wirklich nicht zu übersehen. Dennoch war es ein Zufall, dass sein Blick darauf fiel, denn alles links und rechts von seinem Weg nahm er schon lange nicht mehr wahr. Das Zeichen, das in einem leuchtend weißen Symbol darauf zu sehen war, hatte internationale Gültigkeit. Europa, die USA, Australien -überall hatte es die gleiche Bedeutung: Ein stilisierter Mensch - nur mit einigen Strichen und Punkten dargestellt - der vor einer gezackten Linie stand, die senkrecht nach unten führte. Eine Treppe… hinunter in eine U-Bahn-Station.
    Die U-Bahn. Irgendwann am Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts war sie mit großen Feierlichkeiten in Lyon eingeweiht worden. Mittlerweile umfasste sie eine Länge von 29 Kilometern und hatte mehr als 30 Stationen. Eine von ihnen trug den Namen »Stade-De-Gerland«, eine weitere »Place Guichard«. In diesem Moment wurde Zamorra sein Fehldenken bewusst, denn es ging hier nicht um die Katakomben des Stadions, es ging um die U-Bahn!
    Und irgendwo ganz hinten in seinem Denken flackerte kurz die Erinnerung an eine Begebenheit auf, die ihn und Nicole in die U-Bahn-Schächte von New York geführt hatte - eine Begebenheit, die beinahe zwei Welten zerstört hätte. Diese Gedankenfetzen verdrängte er sofort wieder. Für Erinnerungen war kein Platz in seinem derzeitigen Denken. [3]
    Mit staksigen Schritten, die auf einen Außenstehenden den Eindruck eines Mannes machen mussten, der nicht Herr seines freien Willens war, stieg Zamorra die breite Treppe hinunter.
    Wo sollte er hier mit seiner Suche beginnen? Wie in New York gab es sicher auch hier Bereiche, die nicht auf den offiziellen Karten verzeichnet waren. Doch nur an die konnte er sich halten. Das Schaubild, vor dem er einige Minuten später stand, zeigte ihm das Bahnnetz. Die Linie D war es, die ihre Haltepunkte an den genannten Orten hatte. Doch dazwischen lagen viele Zwischenstops - Place Jean Jaurès, Debourg, Jean Macé… überall dort musste er suchen. Doch das war unmöglich, denn das würde eine Ewigkeit dauern.
    Zamorra schloss die Augen, horchte in sich hinein. War denn da gar nichts mehr übrig geblieben von dem sagenhaften Instinkt, der ihn so oft in seinem Leben geleitet hatte? Hier ging es nicht um Magie - Merlins Stern konnte ihm nicht helfen. Doch in dem Parapsychologen hatten schon immer Talente und Gaben geschlummert, die davon vollkommen unabhängig waren.
    Konzentriere dich… nein, entspanne dich. Such den Weg, die Richtung. Es muss einfach gehen. Es muss!
    Ein Schrei, hoch und schrill, ausgestoßen von mehr als nur einer Person. Doch die einzelnen Stimmen vereinten sich zu diesem einen Ton des Entsetzens. Zamorra schrak aus seiner versuchten Konzentration auf.
    Völlig irritiert blickte er in Richtung der hysterisch reagierenden Menschen, sah den Schienenstrang, den Zug, die blendenden Positionslichter, die in einer wischenden Bewegung an ihm vorbeizogen.
    Dann wurden aus den Schreien Worte und Sätze. »Warum bremst der Fahrer nicht? Das muss er doch gesehen haben!« Zamorra erinnerte sich an die Tatsache, dass die Linie D zu den wenigen U-Bahnen auf der Welt gehörte, die über fahrerlose Züge verfügten. Es gab keinen Fahrer, der irgendetwas hätte sehen müssen. Was war es überhaupt, was die Menschen so erregte? Die Antwort erhielt er unverzüglich.
    »Er ist gesprungen!«
    »Falsch - den hat einer vor den Zug gestoßen!«
    »Aber da ist er ja… Mörder! Packt ihn! Haltet den Typen doch fest!«
    Der Aufruhr konzentrierte sich in eine ganz bestimmte Richtung, weg von den Gleisen. Dort, ganz am äußeren Rand der Halle, entdeckte Zamorra ihn. Sehen und Erkennen war eins. Exakt in diesem Augenblick erreichte die Vorhut des Mobs den Mann, der scheinbar mühelos die ersten, die nach

Weitere Kostenlose Bücher