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0840 - Siegel der Rache

0840 - Siegel der Rache

Titel: 0840 - Siegel der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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blieben - und prügelten ihn halb tot!
    Die haben nur Angst vor dir… das hatte man ihm im Heim immer wieder gesagt. Angst? Er war es doch wohl, der Angst haben musste! Sein verunstaltetes Gesicht, sein sehniger, irgendwie mehr einem Tier als einem Menschen ähnelnder Körper - er hatte sich das nicht ausgesucht.
    Er hatte nur diesen Körper, dieses eine Gesicht.
    Die Mädchen kicherten leicht hysterisch. Wahrscheinlich unterhielten sie sich über ihre Freunde, amüsierten sich über deren Macken. Mädchen… Rat hatte nie eines näher gekannt. Im Heim, sicher, da hatte es Mädchen gegeben, doch die machten einen gewaltig großen Bogen um ihn. Keine von ihnen wollte sich mit einem Freak sehen lassen.
    Rat wandte sich um, lief in den dunklen Gang hinein. Drei, vier Abzweigungen, dann blieb er vor der-Tür stehen, über der ein Schild angebracht war.
    Arbeitsbereich - Zutritt nur für Per…
    Die letzten Buchstaben fehlten. Irgendwer hatte sie wohl entfernt, vielleicht war es auch nur die Zeit, die hier ihre Spuren hinterlassen hatte. Rat öffnete das Vorhängeschloss, das er hier angebracht hatte. Das war sein Raum, hier hatte sich niemand herumzutreiben.
    Elektrisches Licht gab es im Inneren nicht. In diesem Teilbereich der unterirdischen Anlage war das vor vielen Jahren ganz einfach abgeschaltet worden. Niemand hatte vor, diese Gänge noch zu nutzen, doch es fehlte natürlich das Geld, um sie endgültig unzugänglich zu machen. Man vergaß sie ganz einfach. Auf neuen Karten der Anlage waren sie nicht einmal mehr verzeichnet, so wie vieles andere, das es hier unten gab.
    Rat entzündete eine Petroleumlampe, die ihm ausreichend Helligkeit spendete, um den Raum auszuleuchten. Seinen Raum - sein Reich.
    Auf jedem Beutezug, den V Voleurs durchgeführt hatten, war irgendetwas für ihn abgefallen. Carl kannte Rats Vorliebe für Dinge, die andere wohl als unsinnig abgetan hätten. Er hinderte den Jungen nicht daran, sich entsprechend zu bedienen. Ohne Rat wären viele der Einbrüche undurchführbar gewesen, also ließ Serou ihm seine kleinen Privilegien.
    Das meiste in diesem Raum gelagerte stammte jedoch aus Rats ganz eigenen Aktivitäten. In einer Ecke lagen ein paar Dutzend Geldbörsen und Brieftaschen, fein säuberlich zu einem Turm aufgestapelt. Gleich daneben ein Berg von Schals, die allesamt in den Vereinsfarben von Olympique Lyon - Rot, Blau und Gold - leuchteten. Nicht anders war es bei den Mützen und Kappen, die sich in einer anderen Ecke des Raumes fanden. Fahnen, Rasseln, jede Menge Lärm erzeugende Tröten und Hupen; sogar zwei Trommeln lagen dort. Und vier Polizeimützen, auf die er besonders stolz war.
    Rat hatte große Freude an all diesen bunten Dingen, die für ihn im Grunde vollkommen wertlos waren. Auf einem klapprigen Tisch stand ein großer Pappkarton, der bis zum Rand mit Eintrittskarten gefüllt war - jede einzelne davon hatte ihrem rechtmäßigen Besitzer sicher bitter gefehlt, als er sie bei den Ordnern im Stadion nicht mehr hatte vorlegen können; das Spiel hatten sie sich garantiert abschminken können.
    Das alles waren Rats Trophäen. Dinge von ideellem Wert, lieb gewonnene Kleinigkeiten, deren Verlust einzig für ihren Besitzer von Bedeutung war. Dinge, wie Rat sie niemals besessen hatte. Die Heime, in denen er seine Jugend verbracht hatte, waren keine Orte, an denen man solch einen kleinen Schatz besitzen durfte. Die Strafanstalten, die in seinem Leben auf die Heime folgten, natürlich erst Recht nicht.
    Rat ließ sich auf dem Hocker nieder, der hier das einzige Sitzmöbel war. Er positionierte die Lampe zwischen seinen Beinen auf dem Boden, damit er ausreichend Licht besaß, um seinen neuesten Schatz zu begutachten - das Handy, das er aus diesem Château mitgenommen hatte.
    Carl hatte noch vor Ort den Chip daraus entfernt, damit eine Ortung unmöglich wurde. Carl war äußerst vorsichtig, und Rat bewunderte ihn dafür. Er selbst hätte an solche Details nicht gedacht. Die Batteriekontrolle des Handys zeigt etwas mehr als 50 Prozent Restkapazität an. Noch genug Zeit zum Spielen. Dennoch musste Rat sich schon jetzt Gedanken machen, wie er das Gerät wieder aufladen könnte.
    Als Telefon hätte es ihn überhaupt nicht interessiert, doch man konnte damit die seltsamsten Dinge machen. Die wenigsten davon begriff und verstand Rat. Manche Funktionen zeigten sich als sich ständig bewegende Balkendiagramme, andere als seltsame Symbole, die Farbe und Form wechselten. Wahrscheinlich konnte man damit

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