0841 - Der gläserne Tod
ihnen möglicherweise feindlich gesinnt.
Der Meister des Übersinnlichen hob den Blaster, war bereit, sofort zu schießen, falls es notwendig werden sollte.
Die Spinne stoppte ihren Lauf nur drei Meter von ihnen entfernt. Sie hielt die acht Beine nicht ruhig, sondern stampfte sie unruhig immer wieder auf. Die Kreatur überragte Zamorra um etwa einen halben Meter. Im Verhältnis zu dem rundlichen, fett wirkenden Zentralleib wirkten die zweifach abgeknickten Extremitäten dünn. Sie stank modrig. Der Leib glänzte schwarz. Die Adern pulsierten regelmäßig.
Die Zeit schien stillzustehen, während sich die einander fremden Wesen musterten. Alles an der Bestie wirkte abschätzend und lauernd.
»Wer seid ihr?«, fragte die Spinne unvermutet mit tiefer, knarrender Stimme, die klang wie eine in den Angeln quietschende uralte Holztür.
Definitiv kein Tier , dachte Zamorra. »Wir hoffen, du wirst uns helfen.«
»Helfen?« Die Beine scharrten im Wüstensand. »Sagt mir zuerst, wer ihr seid! Bringt ihr den gläsernen Tod?«
»Den gläsernen Tod?«, fragte Zamorra. »Wir haben nie zuvor davon gehört.«
»Seid ihr die Mörder unseres Volkes?«, fragte die Spinne ungerührt weiter.
Professor Zamorra hatte das unangenehme Gefühl, dass die vier geschliffenen Augen ihn sezierten. »Wie kommst du darauf?«
»Ihr seid fremd und deshalb verdächtig.«
Zamorra wollte sich schon empören, als ihm auffiel, dass er noch vor wenigen Augenblicken genau dieselben Gedanken gehegt hatte. Diese Erkenntnis versetzte ihm einen Stich. »Wir wissen nichts vom Sterben deines Volkes. Wir sind erst seit kurzem hier.«
»Wenn du Recht hast, dann musst du uns helfen«, verlangte die Spinne.
Der plötzliche Stimmungswechsel verblüffte den Parapsychologen. »Erzähle uns mehr über diesen gläsernen Tod.«
Die Spinne stieß einen undefinierbaren Laut aus. »Ich werde es dir zeigen.« Sie drehte sich um und huschte in die Richtung davon, aus der sie gekommen war.
»Du wirst dich unserem Tempo anpassen müssen«, schrie der Zwitter ihr hinterher.
Das riesige Wesen stockte abrupt, drehte sich um und hastete zurück. »Dann beeilt euch. Es wird bald Nacht. Wer sich dann noch draußen herumtreibt, ist in Gefahr. Der gläserne Tod wartet auf ihn.«
Zamorra lief ein Schauer über den Rücken. Was mochte hinter dieser ominösen Bezeichnung stecken?
»Wir beobachteten dich schon in großer Ferne. Wenn wir diesen ganzen Weg zurücklegen müssen, werden wir…«
»Der nächste Eingang ist nicht weit entfernt«, unterbrach die Spinne.
»Eingang?«
»In eine Höhle der Wüstensprinter.«
»Ist das der Name deines Volkes?«, fragte Nicole. »Und wie lautet dein Name?«
»Filrak, mein Name ist Filrak, doch was spielt das für eine Rolle? Beeilt euch, ich zeige euch den Eingang!« Der Achtbeiner ging einige Schritte rückwärts, ehe er herumwirbelte und sich schnell entfernte, noch die drei Gestrandeten ihre Namen nennen konnten.
Sie eilten los, so rasch es ihre Kräfte zuließen.
Der Wüstensprinter verharrte weit vor ihnen. Sie glaubten, seine leise Stimme zu hören. »Beeilt euch. Die Nacht bricht an, der gläserne Tod lauert auf uns!«
Sie blieben nach weiteren hundert Schritten schwer atmend vor dem Achtbeiner stehen. »Wie weit ist es noch?«
»Gleich hier!« Filrak scharrte plötzlich mit seinem vorderen Beinpaar. Sand stob in alle Richtungen, und nur Sekunden später öffnete sich ein gewaltiges Loch im Boden. Ein sanft in die Tiefe geneigter Gang schloss sich an.
Zamorra fragte sich, ob es dabei mit rechten Dingen zuging. Konnte man einen geheimen Eingang mit so simplen Mitteln tarnen? Was hatte dem schützenden Sand Stabilität verliehen?
Der Wüstensprinter verschwand in dem Loch. »Folgt mir.«
Zamorra warf einen Blick in den düsteren Gang. Er wechselte einen fragenden Blick mit seinen Begleitern.
»Deswegen sind wir dem-Vieh gefolgt, oder nicht?«, sagte Nicole tatendurstig und tat den ersten Schritt.
Der Zwitter packte sie am Arm. »Lass mich vorgehen. Wer weiß, was uns erwartet. Ich verfüge immerhin über einen Rest meiner Möglichkeiten.« Ohne weitere Diskussion trat er in den Höhleneingang.
Zamorra und Nicole folgten.
***
Mit jedem Schritt verstärkte sich das Gefühl, freiwillig in die Höhle des Löwen vorzudringen, oder genauer gesagt, in die Höhle einer hungrigen Spinnenmeute.
Der Gang lag nicht in völliger Dunkelheit. Es gab keine sichtbare Lichtquelle; die Helligkeit quoll aus den sandigen Wänden und
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