0845 - Das Höllenhaus
nicht sagen. Du kommst mir vor wie jemand, der etwas zu verbergen hat. Sei mir nicht böse, Johnny, aber diesen Eindruck machst du auf mich.«
Johnny schluckte. Das hatte er tatsächlich. Nur durfte seine Mutter auf keinen Fall etwas erfahren.
Er wäre sich seinen Freunden gegenüber wie ein Verräter vorgekommen, deshalb versuchte er so rasch wie möglich, eine passabel klingende Ausrede zu finden, die auch akzeptiert wurde. »Wir wollten nur heute weg, das ist alles.«
»Schön. Darf ich auch fragen, wohin ihr wollt?«
»Eine Tour machen.«
»Mit dem Rad?«
»Nein, mit dem Auto.«
»Ah ja, ich weiß. Dein Freund Allan Slater, nicht?«
»Nicht nur er, Mum. Corinna Blake und ihre Freundin Lizzy Dorman sind auch dabei.«
Sheila schwieg. Sie kannte die beiden Mädchen. Sie waren okay nette Teenager, auch wenn sich Lizzy hin und wieder albern benahm und ihrer Ansicht nach zu oft kicherte. Mädchen in dem Alter sind oft so. Die lachten, auch wenn kein Grund vorhanden war.
Selbst Sheila lächelte. »Warum hast du das nicht gleich gesagt, Johnny?«
»Wollte ich ja.«
»Aber…«
»Ich weiß, daß du dir immer Sorgen machst, wenn du hörst, daß ich mit Allan unterwegs bin.«
»Nicht zu unrecht, Junge. Er fährt schon einen heißen Reifen, denke ich mal.«
»Aber er ist nie betrunken oder so.«
»Das wäre ja noch schöner.«
Johnny rutschte vom Bett und stellte sich hin. »Ich denke, daß sie gleich kommen. Sie wollten mich abholen. Und wo wir hinfahren, das weiß ich noch nicht genau.« Johnny rutschte die Lüge glatt über die Lippen. Mütter durften zwar alles essen, aber nicht unbedingt alles wissen. Das jedenfalls war seine Meinung. Er wechselte das Thema. »Wo ist Dad denn hingefahren?«
»Mit John weg, mehr weiß ich auch nicht. Sie wollen zum Dinner wieder zurück sein.« Auch Sheila hatte zu einer kleinen Notlüge gegriffen. Ihr war ja bekannt, daß dieses geheimnisvolle Haus die beiden Männer nicht losließ. Und festhalten konnte sie ihren Bill nicht, und schon gar nicht seinen Freund John. Allerdings hatte sie in den Jahren genügend erlebt. Sie wußte genau, wie der Hase lief.
Bill und John hatten nun mal die seltene Gabe, immer wieder in Fälle hineinzustolpern, die leicht lebensgefährlich werden konnten. Normal lief bei ihnen eigentlich nichts ab. Immer wieder stießen sie auf die Mächte der Finsternis mit allen ihren grausamen Schattenseiten. Damit hatte sich Sheila abfinden müssen, letztendlich war sie mit Bill verheiratet. Nur wollte sie nicht, daß es ihrem Sohn auch so erging und er womöglich in den Kreislauf mit hineingeriet. Dazu hatte er in seiner Kindheit schon zuviel durchgemacht. Wobei ihm auch das Glück zur Seite gestanden hatte, allein durch die Wölfin Nadine, die ihn beschützt hatte.
Sie lächelte ihren Sohn an. »Seht euch vor, wenn ihr fahrt. Du bist ja vernünftig. Halte ein Auge auf Allan.«
»Immer, Mum, ich sitze neben ihm.«
Sheila wollte noch etwas hinzufügen, als es klingelte. »Ha, das werden sie sein.« Er lief aus dem Zimmer und holte die Jacke von der Garderobe. Dann gab er durch die Sprechanlage bekannt, daß er schon auf dem Weg war und verabschiedete sich von seiner Mutter mit einem lässigen Winken.
Sheila blieb vor der Haustür stehen und schaute ihrem Sohn mit einem etwas traurigen Blick nach.
Ein verlorenes Lächeln hatte sich über ihre Lippen gelegt.
So werden aus Kindern Erwachsene, dachte sie, auch wenn Johnny noch nicht so alt war, aber es fehlte nicht viel. Johnny rannte durch den Garten hinunter zum Tor. Er kam ihr wie eine flüchtende Gestalt vor, die aus ihrem Leben verschwinden wollte.
Unsinn, dachte sie. Was denkst du da? Dein Sohn geht nur den gleichen Weg wie viele andere junge Menschen in seinem Alter. Warum sollte gerade er außen vorstehen?
Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sich im Haus das Telefon meldete, ohne zu wissen, wer am Apparat war, durchzuckte Sheila ein kein gutes Gefühl.
Als sie abhob, hörte sie John Sinclairs Stimme…
***
Johnny schaute sich noch einmal um, bevor er das Grundstück verließ. Seine Mutter sah er nicht mehr, sie hatte sich wieder in das Haus zurückgezogen.
Dafür sprach Allan Slater ihn an. Er war ausgestiegen und lehnte lässig an der Kühlerhaube, als wäre er James Dean in seinen besten Tagen. Auf seinen Lippen lag das Grinsen des Siegers. Er trug Jeans, knöchelhohe Turnschuhe, eine rote Baseball-Mütze, deren Schirm zur Seite gedreht war, und ein weißes Sweatshirt mit einem
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