0845 - Das Höllenhaus
Aufdruck auf der Brust. Das weit aufgerissene Maul eines Mannes war zu sehen, der eine riesige Zunge herausstreckte. Über der Zunge schwebte eine Sprechblase mit dem Text »Du kannst mich mal.«
»Alles klar?«
»Immer doch.«
Aus dem Wagen winkten Corinna Blake und Lizzy Dorman dem Ankömmling zu. Johnny stieg in den Manta und hämmerte die Tür zu.
»Hast du alles?«
»Klar doch?« Er klopfte gegen die Brust. »Ich habe mir sogar heimlich eine Fotokopie gemacht, als mein Vater nicht in seinem Büro war. Wir können los.«
»Das wird ein irrer Trip!« meldete sich Lizzy und kicherte wieder. Sie war der Typ Kumpel. Etwas klein, pummelig mit blonden, kurzen Haaren, die sie im Nacken allerdings hatte lang wachsen lassen. An den Ohrläppchen hing unheimlich viel Modeschmuck. Ringe, Ovale, Fragezeichen, alles mögliche, aus Kunststoff und sehr leicht. Sie konnte eigentlich nie stillsitzen, deshalb pendelte der Schmuck auch ständig hin und her. Man mußte sich schon daran gewöhnen.
Corinna Blake war ruhiger. Ihr Haar war auch blond, aber dunkler als das der Freundin. Sie hatte es auch länger wachsen lassen und es im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. In dem etwas schmalen Gesicht fielen die ungewöhnlich dunklen Augen auf, die so gar nicht zu dem Haar passen wollten. Als hätte sich die Natur bei ihr einen Scherz erlaubt. Überhaupt war an Corinna alles kleiner als an Lizzy. Die Nase, der Mund, das Kinn… Sie war auch vom Temperament her ruhiger. Sehr oft war sie still, schaute nur in die Gegend, wobei sie dann versonnen lächelte, als hätte sie ihre eigenen Gedanken auf Wanderschaft geschickt, wo sie in fremden Ländern große Abenteuer erlebten.
Allan war schon gestartet. Scharf angefahren, wie es sich eben für einen Manta-Fahrer gehörte. Sein Vater hatte ihm den Wagen besorgt, der alte Slater hatte mit Autos zu tun und würde seinem Sohn auch preiswerte Ersatzteile besorgen können.
»Meinst du das wirklich?« fragte Johnny nach hinten.
Lizzy fühlte sich sofort angesprochen. »Was soll das denn?«
»Daß es ein irrer Trip wird.«
»Klar, das finde ich.«
»Na ja…«
Lizzy irritierte Johnnys etwas zögernde Antwort. »Wieso sagst du das? Siehst du das nicht so?«
»Nicht so direkt.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich meinen alten Herrn kenne. Wenn der sich reinhängt, kann es Ärger geben.«
»Wieso?«
Johnny überlegte. Seine Freunde wußten, was sein Vater von Beruf war. Sie hatte auch davon erfahren, daß Bill Conolly oft ungewöhnliche Dinge erlebte, weniger durch Johnny, als durch die Zeitung, und da hatten sie natürlich oft nachgebohrt. Johnny aber war allen Antworten geschickt aus dem Weg gegangen, er hatte es immer verstanden, mit Worten abzuwiegeln. Nun aber mußte er sie behutsam auf gewisse Dinge vorbereiten, die eintreten konnten.
»He, ich habe dich was gefragt!« beschwerte sich Lizzy.
Corinna stand Johnny bei. »Laß ihn doch, wenn er nichts sagen will oder kann.«
»Doch, das kann ich schon.«
»Wir warten!« jubelte Lizzy.
»Dieses Haus, das wir besuchen wollen, kann möglicherweise nicht normal sein. Ich will mal sagen, so wie Häuser, die man ungern betritt, versteht ihr?«
»Nein!« Lizzy sprach für die anderen beiden gleich mit.
»Komm mal zur Sache!« forderte auch Allan.
»Vielleicht spukt es da!« Jetzt war es heraus, und Johnny fragte sich, ob er sich nun wohler fühlte oder nicht. Beruhigter war er schon. Keiner konnte ihm später nachsagen, sollte etwas Ungewöhnliches passieren, daß er keine Warnung gegeben hätte.
Selbst Lizzy war nach der Antwort still. Das kam bei ihr selten vor. Allan grinste nur, mußte sich auf den Verkehr konzentrieren und sagte deshalb nichts.
Nur Corinna meldete sich. »Ein Geist, Johnny? Wenn man von einem Spuk spricht, meint man doch einen Geist.«
»Kann sein.«
»Weißt du es nicht genauer?«
»Leider nicht.«
»Was weißt du überhaupt?«
»Moment.« Johnny griff in die Innentasche und holte die Fotokopie der Tagebuchseite hervor. Er reichte sie nach hinten. »Das müßt ihr mal lesen.«
Die Mädchen ließen sich Zeit. Da Allan ziemlich zügig fuhr, schaukelte der alte Manta entsprechend. Es war schwer, bei dieser Fahrweise, den Text schnell zu lesen, denn das Blatt hüpfte ebenfalls auf und ab. Lizzy fuhr Corinna an, sie sollte doch mal stillhalten, und Corinna meckerte zurück. Letztendlich hatten sie es geschafft, lasen den Text, und Johnny, der sich auf dem Sitz halb gedreht hatte, beobachtete die
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