085 - Flitterwochen mit dem Tod
Partnerin zu finden."
„Aber nicht auf dem Ball", sagte Coco und öffnete die Tür.
„Wir werden uns mit Sicherheit übermorgen abend treffen. Beim Ball im ,Maximilianslust'. Ich freue mich schon, Sie wiederzusehen. Danke für die Warnung."
Coco nickte ihm zu und verließ das Zimmer. Die Tür schloß sich hinter ihr.
Der junge Mann blickte noch einmal voller Desinteresse auf den verstümmelten Dämonenleichnam auf dem Folterbett. Coco Zamis war so überzeugt davon gewesen, ihm das Leben retten zu müssen, daß sie völlig vergessen hatte, ihm mehr als einen interessierten Blick zu schenken. Das scharf geschnittene Gesicht verzog sich zu einem häßlichen Lachen. Dann drehte sich der Kopf auf den Schultern. Das Haar glitt auseinander wie ein dicker Vorhang.
Olivaro, der Dämon mit dem Januskopf, stand da und betrachtete den zerfetzten Dämonenkörper. Langsam ging er auf das Folterbett zu. Sein wirkliches Gesicht, die gräßliche Dämonenfratze, zeigte den Ausdruck einer rasenden Gier und eines glühenden Hasses. Aus seiner Kehle kam ein tierisches Röcheln.
Dorian gähnte lange und rieb sich die Augen. In rund einer Stunde würde es hell werden. Magnus Gunnarsson hatte einen langen Zickzackweg durch die halbe Stadt hinter sich. Er war gegangen, hatte Taxis benutzt und war immer wieder verschwunden. Dorian hatte jede seiner Bewegungen überwacht. Er war verdreckt, erschöpft und müde. Für die Taxifahrten hatte er inzwischen ein kleines Vermögen ausgegeben. Im Augenblick befand er sich am nördlichen Stadtrand Münchens.
Links von ihm brannten die Lichter in den Fenstern der Frühaufsteher. Er sah die Silhouette einer großen Siedlung.
Siebzehn Leichen. Siebzehn Mal hatte sich Magnus Gunnarsson, der angebliche Weltmann, mit Ghoulen getroffen. Sie brachten ihm frische Leichen; alte, jüngere, welche aus Krankenhäusern. Die Leichen waren beschworen, hatten sich erhoben und waren durch die Dunkelheit davongeschlichen. Von den letzten wußte Dorian, daß sie nach Norden gewandert waren.
Jetzt stand er, an die rauhe Rinde eines uralten Baumes gepreßt, in einem Park. Es waren keine tausend Meter bis zu der efeuüberwachsenen, hohen Mauer, die sich um den riesigen, teilweise verwilderten Schloßpark zog. Vor wenigen Minuten war Magnus Gunnarsson hinter der Umfriedung eines Schrottplatzes verschwunden. Zwischen Autowracks, einem Schleppwagen, Kränen und riesigen Mengen ausgebauter Teile ging er bis zu dem Omnibus, der als Büro diente.
Dorian wartete, bis der Isländer hinter sich die Tür geschlossen hatte.
Der Dämonenkiller grinste kurz. Er fühlte sich unbehaglich. Die einzelnen Stationen dieses ermüdenden Nachtmarsches waren ausnahmslos finstere, stinkende und schmutzige Winkel gewesen; Kellerräume, Ruinen in allen Stadien der Zerfalls, Gartenhäuser mit eingesunkenen und moosbedeckten Dächern, dunkle Ecken und Gammlerquartiere hatten einander abgelöst. Und jetzt als Krönung des Ganzen das Grundstück des Autofriedhofes.
Gunnarsson hatte in Dorians Augen einiges von seinem Nimbus eingebüßt.
Dorian fiel ein, daß Coco ihm erzählt hatte, zwanzig Paare würden an dem Ball teilnehmen. Das ließ den Schluß zu, daß Gunnarsson auch zwanzig Leichen brauchte. Aber wozu? Was sollte in weniger als fünfundvierzig Stunden passieren? Zwanzig Leichen auf dem Festball, irgendwo dort drüben im Schloßpark?
Dorian machte sich jetzt keine weiteren Gedanken mehr und wartete geduldig.
Wieder begann hinter den blinden, zerbrochenen, mit Spraylack vollgespritzten und durch Hartfaserplatten ersetzten Busfenstern das phosphoreszierende Licht aufzuleuchten. Dorian hatte nicht die geringste Lust, zuzusehen, wie eine weitere Leiche abgeliefert und beschworen wurde. Er wartete, zündete sich zusammengekauert eine Player's an und blickte hinüber, die Glut der Zigarette in der hohlen Hand verborgen.
Es dauerte lange, fast zu lange. Endlich kam Magnus wieder aus dem alten Bus und schloß die Tür leise hinter sich. Dann ging er plötzlich sehr schnell und verschwand in der Richtung, in der das Taxi wartete. Dorian hörte den Motor aufheulen, dann wischte das Licht der Scheinwerfer über Bäume und Büsche hinweg. Das Taxi fuhr eindeutig in Richtung Stadt.
Voller Spannung behielt Dorian den Eingang des Busses im Auge, während er über die taufeuchte Wiese lief und sich über das Tor schwang. Geduckt rannte er hinter einer Reihe rostiger Autowracks entlang und blieb hinter einem ausgebrannten Kleinbus stehen. Die
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