085 - Flitterwochen mit dem Tod
hatte den Kampf bereits eröffnet.
„Würde ich es Ihnen sagen, wäre es keine Überraschung mehr. Gehen Sie bitte dorthin! Es ist zu Ihrem eigenen Schutz", sagte er drängend.
„Einverstanden."
In diesem Augenblick wünschte sich Coco Dorian herbei. Sie fühlte sich unterlegen. Zwanzig Dämonen waren hier. Für sie gab es nur eine Alternative: die Flucht. Es wäre das klügste gewesen, wenn sie jetzt sofort verschwunden wäre. Aber Gunnarssons Worte hatten sie neugierig gemacht.
Sie wollte auch hinter seine Maske sehen können; und eigentlich konnte ihr nichts passieren. Es war, als ob er ihren persönlichen Schutz garantierte.
In diesem Moment kam Sappho in den Saal zurück.
Worte des Hasses und der Gier kamen aus der Kehle Olivaros. Diese verdammte Sappho! Die Würmer sollten sie fressen! In letzter Sekunde hatte sie ihn gezwungen, sich zu demaskieren. Jetzt war das Opfer gewarnt. Coco wußte noch nicht, daß er Olivaro war - es grenzte an ein Wunder, daß sie es noch nicht gemerkt hatte, denn zu viele Erlebnisse verbanden sie und ihn -, aber sie wußte nun, daß er ein Dämon war.
Er hielt ein halbleeres Glas Rotwein in der Hand und stand zwischen den Fackeln, den Blumen und dem Steingeländer der Treppe.
Was sollte er tun? Seine Gier konzentrierte sich auf Coco Zamis. Er durfte sie nicht aus den Augen lassen. Vielleicht würde er sie entführen, um sich in einem seiner vorbereiteten Verstecke mit ihr zu vergnügen - auf seine eigene schauerliche Art. Vielleicht würde er sie auch töten.
Er blickte auf den Wein, der plötzlich wie warmes, dampfendes Blut wirkte. Olivaro trank einen Schluck und stellte das Glas ab. Hinter sich hörte er Schritte. Er drehte sich langsam um und lehnte sich an den warmen Stein.
Coco kam aus dem Saal. Sie sah im zuckenden Licht der Fackeln hinreißend aus. Olivaros Gier drohte seine kaltblütigen Überlegungen über den Haufen zu werfen. Er verfolgte Coco mit dem stechenden Blick seiner dunklen Augen. Sein Gesicht blieb unbewegt, aber der andere Teil des Januskopfes arbeitete und reagierte seine Stimmung ab.
Coco ging schnell die teppichbelegten Stufen hinunter und bog nach links ab. Sie war allein; niemand begleitete sie.
Wilde Freude erfaßte Olivaro. Jetzt hatte er sie ganz allein für sich.
Er wartete, bis sie sich etwa dreißig Schritte weit auf dem Kiesweg entfernt hatte, dann folgte er ihr. Sie ging direkt auf das dunkle, unbewohnte und heruntergekommene Nebengebäude zu. Dies war die Gelegenheit! Olivaro erinnerte sich jetzt, daß schon einige andere Personen - männliche wie weibliche - den Saal für längere Zeit verlassen hatten. Bisher hatte er diesem vorübergehenden Verschwinden der Einzelnen keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt.
Er schlich Coco im Schatten der Baumstämme nach. Seine Schritte dämpfte der kurzgeschnittene Rasen.
Dorian wurde immer unruhiger. Er wagte nicht, die letzten entscheidenden Schritte zu tun. Magnus war hierher gekommen, ein paar andere Männer und einige junge Frauen. Jeder von ihnen war einige Minuten lang im Nebengebäude geblieben und dann wieder ins Schlößchen zurückgegangen. Nicht ein einziger Hilfeschrei war zu hören gewesen.
Jetzt näherte sich das nächste Opfer. Eine junge Frau. Nach einigen Schritten erkannte er zu seinem Schrecken Coco. Was hatte sie hier zu suchen? Was tat sie in dem Raum mit den wiederbelebten Leichen?
Dorian wartete. Seine Aufregung wuchs mit jedem ihrer Schritte.
Aber er blieb auf der Hut, denn er sah den Schatten, der Coco zu verfolgen schien und immer im Schutze der Alleebäume blieb.
Als Coco das Nebengebäude erreicht hatte und zwischen den Säulen stehenblieb, um sich zu orientieren, hielt es Dorian nicht mehr aus. Er sprang hinter dem Busch hervor und flüsterte laut: „Coco, stehenbleiben! Ich bin's, Dorian!"
Mit zwei schnellen Schritten war er bei ihr und zog sie in die Dunkelheit zwischen den Säulen und der Eingangstür.
„Dorian!" stieß sie halb erschrocken, halb erleichtert hervor. „Du bist tatsächlich hierher gekommen. Was ist los? Dort drinnen ist alles voller Dämonen."
Er winkte ab und zog sie an sich. Über ihre Schulter hinweg blickte er, ehe er sie küßte, nach der unbekannten Person, die ihr gefolgt war. Nur undeutlich sah Dorian die Umrisse hinter einem der Baumstämme.
„Ich weiß. Dort drinnen sind indessen lauter Untote. Magnus hat sie hierher gebracht."
Sie wirkte plötzlich verwirrt und aufgeregt. „Magnus Gunnarsson hat mich gebeten, hierher zu
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