085 - Von den Morlos gehetzt
sich einen neuen Körper suchen.“
Ich drehte das Handgelenk weiter herum. Sie schrie all ihren Schmerz heraus und bäumte sich ächzend auf. Dann sackte sie leblos auf den steinigen Boden zurück. Totenstille herrschte. Yraha hatte Laura verlassen.
Ich raste hinüber zu der einzigen, noch erreichbaren Waffe, riß das Metallstück vom Boden hoch und sah zu den Wesen an der Gangmündung hinüber, die sich nun wieder langsam in Bewegung setzten. Zwanzig, dreißig Meter trennten uns noch voneinander. Blieb noch soviel Zeit, um Laura wieder ins Leben zu rufen?
Mit langen Sprüngen hetzte ich zurück, kniete mich neben den leblosen Körper, rüttelte sie an den Schultern.
„Laura!“ schrie ich ihr ins Ohr. „Laura, du mußt zu dir kommen. Ich hab dich von der Priesterin befreit. Der Körper gehört nun wieder dir, dir ganz allein.“
Hinter mir das schrille, böse Fiepen der Kreaturen, die herbeieilten, die Austreibung ihrer Herrin zu rächen. Ich zerrte Lauras Körper hoch, schlug ihr auf beide Wangen, schrie sie an. Doch sie bewegte sich nicht. Still und leblos hing sie in meinen Armen, mit großen geweiteten Augen.
„Laura!“ brüllte ich. „Komm zurück in deinen Körper.“
Ich legte meine Hand auf ihre Stirn, stieß einen entsetzten Schrei aus und ließ sie zurück auf den Boden sinken. Sie war kalt! Eisigkalt! Laura mußte schon seit Stunden tot sein.
In ohnmächtiger Wut griff ich nach der Eisenstange und erhob mich. Zwanzig oder dreißig waren es wohl, die sich mir bis auf einige Meter genähert hatten. Nun gingen sie langsam und in geducktem, lauernden Gang auseinander, machten einen weiten Bogen um mich, um einen Kreis um mich zu schließen. Wie ein Riese stand ich in ihrer Mitte, das schwere Eisen in der Hand schwenkend.
„Okay!“ rief ich entschlossen. „Jetzt könnt ihr kommen, ihr verdammten Bestien.“
Das Fiepen war wie ein schrilles Alarmsignal in Bens Unterbewußtsein gedrungen, hatte ihn aus dem Schlaf hochfahren und nach der Lampe greifen lassen. Hellwach kauerte er in der Finsternis neben dem Eingang, lauschte dem näherkommenden Schlurfen und hielt den Atem an, damit nicht das kleinste Geräusch seine Anwesenheit verriet.
Plötzlich wurde es im Gang still. Er spürte förmlich, wie das Wesen ihn gewittert hatte, innehielt und nun überlegte, was es tun sollte.
Ich werde das kleine Biest hereinlassen, überlegte er und wunderte sich über seine Gelassenheit. Seine Angst war mit einem Male wie weggewischt. Er würde es packen, sobald es um die Ecke lugte, und es mit der Lampe blenden. Vielleicht konnte ihm diese scheußliche Kreatur noch irgendwie dienlich sein. Im Augenblick wußte er zwar nicht wie. Jedenfalls fand er dieses Vorgehen richtig. Wenn er das Wesen einfach mit dem Licht verscheuchte, würde es die anderen herbeirufen.
Er hörte, wie das Fiepen von kurzen, aufgeregten Atemzügen begleitet wurde. Das Wesen wartete unentschlossen. Es hatte seine Gegenwart bemerkt und wußte nicht, wie es taktieren sollte. Nur noch Zentimeter konnte es nun vom Eingangsloch der Höhle entfernt sein. Aber auch Ben wartete, denn er mußte es am Arm zu fassen kriegen. Alles andere war zu dick, zu massig, um es beim ersten Griff sicher festhalten zu können.
Seltsam, dieses Fiepen klang irgendwie kläglich. Keine Spur von Aggression im Ton, wie er es zuvor bei den anderen Morlos im Seitengang gehört hatte. Dann wieder dieses leise, schleichende Geräusch neben den seltsam ausgestoßenen Lauten.
Hatte es Angst? Warum kroch es dann weiter und lief nicht in den Gang zurück, um die anderen zu alarmieren?
Leises, fast wimmerndes Fiepen ertönte. Ben schluckte. Was zum Teufel war nur los mit dieser Kreatur? Was bedeuteten die jämmerlichen Töne?
„Also gut“, meinte er. „Du weißt, daß ich hier bin, und ich weiß, daß du im Gang lauerst. Wenn du mich verstehen kannst, dann komm rein. Es geschieht dir nichts.“
Stille.
Das Wesen rannte nicht fort und kam auch nicht in seine stinkende Höhle. Aber Ben wurde das Gefühl nicht los, daß es mit diesen seltsamen Lauten auf sich aufmerksam machen wollte.
Das Licht. Er würde das Wesen nicht erschrecken, aber ihm dennoch zeigen, daß er eine Lampe hatte. Vielleicht rechnete es sich noch eine Chance aus, oder aber es hatte tatsächlich Angst, daß er es blenden oder verletzen würde.
Er nahm die Lampe, hielt sie dicht an die Seitenwand und knipste sie an. Der helle Strahl fiel nun quer an der Wand entlang am Tunnel vorbei zur
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