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0850 - Rache aus der Totenkammer

0850 - Rache aus der Totenkammer

Titel: 0850 - Rache aus der Totenkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ich.«
    »Eben. Und jetzt habe ich nun mal die Chance, mit Ihnen zu sprechen. Ich fühle mich – nun ja, ich will nicht eben sagen wohl –, aber es tut gut, nicht allein hier zu sein. Einmal bin ich hergekommen, ich wollte die Schatten loswerden, aber es ging nicht, denn sie kehrten auf eine dramatische Art und Weise zurück.« Sie waren vor dem Eingang der Baracke stehengeblieben. Auch diese Tür war nicht abgeschlossen, und Franz Jochem trat sie nach innen.
    »Da ist das Loch«, sagte er. »Da können Sie in die Endstation hineinschauen. Wer hier sitzen mußte, der kam unter zehn Jahren nicht mehr heraus. Viele sind auch gestorben.«
    Harry Stahl nickte. Er sagte nichts, denn die Baracken sprachen für sich. Ihr Aussehen, ihr Geruch, all ihre Widerwärtigkeit, das war eine schreckliche Erinnerung. Er ließ seine Blicke an den Mauern entlangstreifen. Er sah dort die Fenster, nein, keine, mehr viereckige Höhlen, Öffnungen, einfach widerwärtig. Dicke Gitterstäbe davor, die auch noch einen Teil des Lichts wegnahmen, damit nichts, aber auch gar nichts die Gefangenen an ihr früheres Leben erinnerten.
    »Möchten Sie hineingehen, Herr Stahl?«
    »Natürlich.«
    »Ich gehe vor«, murmelte Jochem, »denn ich kenne mich hier leider recht gut aus.«
    Er duckte sich wegen des niedrigen Eingangs. Harry folgte dem Mann auf dem Fuß.
    Schon nach wenigen Schritten nahm er den Gestank wahr, der einfach nicht aus den Mauern wegzubekommen war. Es war ein Geruch, den er nicht beschreiben konnte.
    So rochen die Leiden der Menschen, so roch ihr Sterben, ihr Tod.
    So rochen vielleicht auch Tränen und Verzweiflung.
    Franz Jochem war stehengeblieben. Er drehte sich zu Harry um.
    »Es tut mir leid, aber es gibt kein Licht mehr hier. Die Energieversorgung ist abgedreht worden.« Er hob die Schultern. »Was soll’s? Ob mit oder ohne Licht, das Grauen bleibt.«
    »Stimmt.«
    Sie befanden sich noch nicht im Bereich der Zellen. Jochem hatte zwei Lampen mitgenommen. Eine drückte er seinem Begleiter in die Hand, und Harry knipste sie an.
    Der helle Strahl war wie ein Arm, der hinein in die Dunkelheit fuhr. Er ließ den Staub sehen, er machte den Schmier und den Dreck sichtbar, der auch innen an den Wänden klebte. Es war alles so verkommen und menschenunwürdig.
    Harry schaute dem Schein nach, als er in die kleine Wachbude leuchtete. Dort stand nichts mehr. Alle Gegenstände waren weggeräumt worden, als sollten auch die letzten Erinnerungen an eine schreckliche Zeit beseitigt werden.
    »Ich zeige Ihnen die Zellen.«
    »Gut.«
    Jochem ging wieder vor.
    Es war ein Gang wie ein Alptraum. Eine niedrige Decke. Durch grauen Schmutz und mit zahlreichen Spinnweben verklebt, so daß sie aussah, als hätte sie einen dicken Anstrich bekommen.
    Auch auf dem Fußboden hatte sich Schmier gebildet. Beide Männer gingen darüber hinweg wie über eine weiche Masse. Was so aussah wie hier, ist eine Heimat für Ratten, dachte Harry, aber er hörte sie nicht. Kein Fiepen, kein Trappeln kleiner Füße – nichts.
    Er war selbst in der DDR aufgewachsen. Er hatte auch von Zuchthäusern gehört, wobei Bautzen einen schlimmen, wenn nicht den schlimmsten Ruf gehabt hatte.
    Aber was war Bautzen gegen diese düstere Hölle gewesen, deren Existenz nur wenigen Menschen bekannt gewesen war?
    Beinahe ein Nichts, fast schon eine Erholungsstätte.
    Die Zellentüren waren noch vorhanden. Einige bestanden aus Gitterstäben, andere widerum waren aus festem Holz oder Metall und hatten in der Mitte eine Klappe.
    Keine war mehr verschlossen, und natürlich schaute der Besucher in die eine oder andere.
    Was er sah, war menschenunwürdig und erschreckend. Harrys Magen zog sich zusammen. Er konnte nur den Kopf schütteln, wenn er daran dachte, wie die Menschen zu sechst in diesen niedrigen Räumen gehaust hatten, in dem jeweils drei Betten übereinander standen. Es gab eine Toilette in dieser Zelle, die aber verdiente den Namen nicht einmal.
    Alles war leer, alles roch, und Harry schüttelte entsetzt den Kopf.
    »War das ein Leben?« fragte er Franz Jochem.
    Der schüttelte den Kopf. »Nein, Herr Stahl. Nicht einmal für uns. Es ging uns zwar besser als den Gefangenen, doch wer hier seinen Dienst schob, der war zumeist versetzt worden, strafversetzt.«
    »Sie auch?«
    Jochem schüttelte den Kopf. »Ich nicht. Mich hatten sie abgeworben, weil ich nur wenige Kilometer von hier entfernt wohnte. Das war einzig und allein der Grund.«
    Harry räusperte sich. »Diese Bauten liegen

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