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0850 - Rache aus der Totenkammer

0850 - Rache aus der Totenkammer

Titel: 0850 - Rache aus der Totenkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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warf Falten, und für einen Betrachter mußte es so aussehen, als wäre ein Tier dabei, sich unter dem Lacken hervorzuwühlen, wobei es nicht wußte, wo es nun den Ausgang finden sollte.
    Es war kein Tier, es war ein Mensch!
    Und dieser Mensch hatte noch vor vierundzwanzig Stunden ausgesehen wie ein Mensch. Jetzt war es ein Nichts, ein Wesen, für das es kaum einen Namen gab. Es war ausgelaugt, es war abgeschlafft, man hatte ihm Energie entzogen, Lebensenergie, und die Folgen davon waren so furchtbar, daß Kraft sie nicht akzeptieren konnte.
    Er war ein Nichts, er war ein lappiges Stück Etwas, nur mehr ein Bündel, und ein Schatten seiner selbst. Er war ein Monster, das nur mehr aus Knochen und Haut bestand, er hätte tot sein müssen oder sollen, aber er lebte trotzdem.
    Wie ein Tier hatte er sich in der Nacht verkrochen. Er war unter die Bettdecke geschlüpft, um von der Dunkelheit gnädig bedeckt zu werden, aber er konnte sie nicht immer aushalten.
    Irgendwann mußte er heraus.
    Und er kroch hinaus. Seine schlaffen Arme hatten Mühe, die Decke zur Seite zu drücken. Nach einigen Versuchen war es ihm endlich gelungen, er hatte sich teilweise befreit, steckte den Kopf hinaus, wobei er wegen der ungewohnten Helle erst einmal blinzelte und das Gefühl hatte, als bestünden seine Augenlider aus weichem Stoff.
    Er sah sein Zimmer.
    Ein Schlafraum, nicht mehr als eine Bruchbude. Unaufgeräumt, muffig riechend, und ihm fiel auf, daß er noch immer seine Kleider vom Abend trug.
    Eine Hose und ein Hemd, beides viel zu lang und zu groß. Es paßte nicht zu seinem geschrumpften und ausgemergelten Körper. Seine Hände waren ebensowenig zu sehen wie die Füße. Beide steckten noch in den Ärmeln oder den Hosenbeinen.
    Er hörte sich selbst atmen, was auch nicht mehr normal klang. Es war mehr ein zischendes Keuchen, er konnte dieses Geräusch nicht richtig einordnen, der folgende Schrei glich mehr einem verzweifelten Wimmern. Bis zur Bettkante kroch er vor, schaute auf den Fußboden, sah unter dem Fenster seine Schuhe stehen, die ihm zu groß waren. Darin konnte er in seiner Lage Kehrtwendungen machen.
    Kraft fluchte nicht einmal. Auch dazu fühlte er sich zu schwach.
    Man hatte ihm die Energie und das Leben aus dem Körper gesaugt.
    Er war zu einem Nichts degradiert worden. Ein Geschöpf aus Haut und Knochen, der Vernichtung näher als dem Leben, und er dachte plötzlich daran, sich selbst zu töten. Eine Schere zu nehmen und sie in seinen faltigen Hals rammen.
    Noch immer kniete er auf dem Bett. Dann hob er die Arme und ließ die Ärmel zurückrutschen. Es brachte ja nichts, wenn er auf der Kante hockenblieb und in Selbstmitleid verging. Er mußte weg, zumindest aus dem Bett und durch die Wohnung gehen.
    Kraft war ein Mensch, der keine Freunde hatte. Darüber dachte er noch nicht direkt nach, aber er wußte nicht, an wen er sich in seinem Zustand wenden sollte. Es hatte sich herumgesprochen – zumindest glaubte er das – welchem Job er damals nachgegangen war, und er wurde deshalb den Eindruck nicht los, daß ihn die Menschen gemieden hatten. Wenn das stimmte, würden sie ihn jetzt erst recht meiden. Ihn vielleicht auslachen oder ihn zertreten wie einen Wurm.
    Egon Kraft ließ sich aus dem Bett fallen. Er landete auf dem Teppich der aussah wie eine schmutzige Matte, die mit all ihren Fasern nach einer Reinigung schrie.
    Beinahe wäre er wegen der zu langen Hosenbeine hingefallen.
    Kraft konnte sich fangen, schüttelte die Ärmel seines Hemdes zurück und sorgte auch dafür, daß sie in dieser Stellung blieben. Dann erst konnte er nach den Hosenbeinen fassen und sie so hoch ziehen, daß es ihm gelang, normal zu laufen.
    Was heißt normal?
    Nichts war bei ihm mehr normal. Diese unheimliche Rita Reinold hatte ihn fertiggemacht. Er war kein Mensch mehr, er war das verwundete Tier. Man hatte ihn degradiert, und er konnte sich selbst kaum noch beschreiben.
    Wie ein verletzter großer Vogel bewegte er sich aus dem Schlafzimmer weg hinein in den anderen Raum, in dem er sich sonst aufhielt, und wo es auch eine Waschgelegenheit gab, zu der ein Spiegel gehörte.
    Kraft war zu klein, um in die leicht angegraute Fläche schauen zu können. Um sich zu erkennen, war er gezwungen, auf einen Hocker zu klettern. Erst dann würde er einen Teil seiner Gestalt sehen können. Das zu lange Hemd störte ihn. Er quälte sich daraus hervor, trug nur sein graues Unterhemd, das ebenfalls wie ein Lappen an seinem Körper herabhing und beinahe die

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