0852 - Der Klang der Hölle
selbst vor einem Mitglied des Zamorra-Teams nicht Halt machen, wenn der Durst in ihr brannte?
Zu viele Fragen, entschied Nicole. Sie wollte jetzt erst einmal ein paar ordentliche Antworten hören. Lautlos bewegte sie sich auf den Geräuschherd zu. Hier waren die Wurzelstränge durch die Reihe kräftig und nahezu unbeweglich. Allerdings gab es auch an ihnen bereits haarfeine Auswüchse.
Nicole musste ein paar artistische Kunststücke vollführen, um sich von dem Geäst nicht aufhalten zu lassen.
Dann hatte sie es geschafft. Vor ihr lag das Zentrum von Armakath - die Wurzel des Ursprungs.
Der Anblick war um so vieles prächtiger, als es Zamorras Zeichnung hatte sein können. Wie eine unbezahlbar kostbare Preziose lag der Wurzelkern da -nicht viel länger als einen Meter, kaum 30 Zentimeter im Durchmesser - doch Zoll für Zoll, Millimeter für Millimeter eine Augenweide.
Es schienen Millionen von winzigen Smaragden zu sein, die sich dort bündelten, ständig um feine Nuancen ihre Färbung veränderten. Smaragde… Grün… hier unten schien wirklich alles anders zu sein, denn ein solches Farbenmeer wollte einfach nicht zu einer Stadt passen, die in ihrem monotonen Weiß schier zu ersticken drohte.
Es fiel Nicole Duval schwer, den Blick von dieser Pracht zu reißen. Doch vor dem Wurzelkern lag eine Gestalt, die ihre Aufmerksamkeit dringend erforderte. Sabeth, die Hüterin der Wurzel.
Rasch war Nicole bei der Vampirin, die nur langsam wieder zu Sinnen kam.
»Du? Nicole… warum bist du mir gefolgt?«
Nicole spürte, dass ihr von der Dunkelhäutigen jetzt keinerlei Gefahr drohte. Sabeth war geschwächt, doch das hing nicht mit ihrem unseligen Blutdurst zusammen. Nicole begann zu verstehen, zählte eins und eins zusammen.
»Armakath wächst nicht mehr, richtig? Wie lange weißt du es schon?«
Sabeth war zu schwach, um auf eigenen Beinen zu stehen. Sie blieb einfach sitzen, sah die Französin lange an.
»Ich ahne es seit einiger Zeit.« Das Sprechen fiel ihr nicht leicht. Mit einer Hand berührte, streichelte sie den Wurzelkern. »Als sich die ersten Fäden aus den starken Strängen bildeten, fand ich das wunderschön. Was für eine Farbenpracht.«
Nicole nickte, schwieg aber dazu. Sie wollte Sabeth auf keinen Fall unterbrechen.
»Ich… ich habe der Wächterin gegenüber nichts davon erwähnt. Das hier unten ist meine Welt. Sie kommt nie hierher. Ich glaubte, das alles wäre nur als eine Art Nebenprodukt aus der Verschmelzung der beiden Wurzeln entstanden -nichts, was Armakath gefährden konnte. Doch dann wurde mir nach und nach bewusst, dass die Doppelwurzel zwar Schönheit bilden konnte, aber kein Wachstum. Meine Hoffnung war, dieser Zustand wäre vorübergehend. Ich habe mich wohl geirrt.«
»Und die Wächterin hat nichts davon bemerkt?« Nicole war überrascht. »Wenn Armakath nicht weiter in die Hölle hinein wuchert, dann muss sie das doch bemerkt haben!«
Sabeth schüttelte den Kopf. »Sie hat es nicht realisiert. Vielleicht ahnte auch sie etwas, verdrängte diese Gedanken aber. Ich bin nicht sicher. Und nun ist diese Fremde in der Stadt. Und sie ist nicht alleine gekommen, das kann ich fühlen. Etwas Furchtbares begleitet sie.«
Nicole ging neben Sabeth in die Hocke. »Komm mit mir. Wir müssen Klarheit bekommen, was dort geschieht. Vielleicht können wir alle gemeinsam etwas retten.«
Sabeth blickte Nicole mit großen Augen an. »Nach oben? Niemals. Ich bin die Hüterin. Mein Platz ist jetzt hier bei der Wurzel. Es spielt keine Rolle, ob ich helfen kann. Ich bleibe hier.«
Nicole sammelte all ihre Überzeugungskraft für die nächsten Worte… die sie jedoch nie aussprechen sollte.
Das dumpfe Grollen kam aus dem Schacht. Ganz so, als würde eine Herde Bisons in wilder Panik über eine Steppe trommeln - Stampede!
Nicole sprang hoch, den Dhyarra fest in der rechten Hand.
Etwas Furchtbares …, das waren Sabeths Worte gewesen.
Es war wohl so, dass die Vampirin da ganz richtig lag…
***
Neffia brüllte ihre Kriegerinnen an.
Selbst nachdem dieser entsetzliche Ton geendet hatte, fiel es der Anführerin der Amazonen schwer, wieder Ruhe und Ordnung in die Reihen der Frauen zu bekommen.
Iriga war ihr dabei keine große Hilfe. Ihre Stellvertreterin hielt sich zurück, beobachtete Neffias Aktionen nur. Ein seltsamer Ausdruck lag dabei in ihren Augen. Er entging der Anführerin nicht.
»Haltet Disziplin! Was ist los mit euch? Seid ihr ein Haufen Waschweiber, die sich vor Mäusen fürchten? Was ist
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