0853 - Tanz der Skelette
Skeletten hindurch. Zurück in Richtung Zamorra, in Richtung Auto.
Sie wusste, dass sie gegen die Flötenspielerin nicht ankam. Sie konnte sie nicht unschädlich machen ohne die Unterstützung des Amuletts, das sich ihr aber verweigerte. Also konnte sie nur versuchen, zu fliehen und ihr Leben zu retten.
Von ihrer Kleidung war nicht mehr viel übrig geblieben. Selbst die Lederjacke hatte kaum Widerstand geboten. Nur ein paar Sekunden mehr, und die Skelettfinger hätten sich in ihren Körper gebohrt und ihr Zerstörungswerk dort fortgesetzt!
Da war sie Knochenhorde hinter ihr!
Nicole rannte weiter, atemlos und nahe am Ende ihrer Kraft. Aber immer noch sang sie lauthals die Melodie.
Hoffentlich veränderte die Spielerin nicht die Tonfolge und gewann damit die Kontrolle über die Skelette zurück! Dann hatte Nicole nicht mehr genug Zeit, Zamorra ins Auto zu packen und loszufahren. Wenn sie ihn aber zurückließ, würden sich die Skelette auf ihn stürzen und ihn an ihrer Stelle töten.
Sie verwünsche ihren Leichtsinn. Sie hätte ihn trotz aller Anstrengung doch zuerst ins Auto schaffen sollen, ehe sie sich mit Skeletten und Fängerin befasste. Jetzt würde es ihr noch weit mehr Kraft abverlangen, zumal sie dabei auch noch singen musste!
Vor ihr wuchs die Silhouette des Range Rovers aus der Dunkelheit. Daneben oder davor musste Zamorra liegen.
Wo war er?
Nicole sah sich verzweifelt um, konnte ihn aber nicht entdecken. Hatten Skelette ihn gefunden und fortgeschafft? Oder hatte ein Tier sich mit ihm beschäftigt und in seine Höhle verschleppt? Steckte er inzwischen im Bauch einer Riesenschlange?
Da ertönte ein Hupsignal.
Verblüfft lief Nicole zur Fahrertür, riss sie auf.
Zamorra lag mehr als er saß auf dem Beifahrersitz. Er hatte die Hupe betätigt, um Nicole auf sich aufmerksam zu machen!
Da startete sie den Wagen.
Rückwärtsgang!
Der Rover ruckte an. Und die Skelette, die jetzt wieder nur noch eine befehlende Melodie hörten, waren heran, versuchten den Geländewagen festzuhalten und einzudringen, kletterten auf Motorhaube und Dach, befassten sich mit der Hecktür.
Nicole gab Gas.
Im Rückwärtsgang lenkte sie den Wagen durch die Schneise und hoffte, dass sie dabei nirgendwo gegenstieß oder hängen blieb. Das wäre der Tod für sie beide.
***
»Sie wollen hinter den Skeletten her, so wie wir, nicht wahr?«, fragte Juan Pereira.
Kommissar Rolando nickte. Dann fiel ihm ein, dass in sein »Hilfspolizist« das im Dunkeln der Fahrzeugkabine vielleicht nicht sehen konnte, und fügte ein brummiges »Ja« hinzu.
»Dann müssen Sie damit rechnen, dass sie von dieser Straße abgewichen sind.«
»Und wohin? In den Wald?«, fragte Rolando. »Unwahrscheinlich.«
»Da!«, stieß Pereira im gleichen Moment hervor. »Da, schauen Sie! Eine Schneise…«
Rolando schaute. Er rangierte den Wagen so, dass die Scheinwerfer diese Schneise so weit wie möglich ausleuchteten. Einen Suchscheinwerfer besaß er leider nicht, den er entsprechend hätte schwenken können. Die Ausstattung der hiesigen Polizeifahrzeuge beschränkte sich auf das Notwendigste. Blaulicht, Sirene, Funkgerät, Motor, Lenkrad… mehr durfte es nicht kosten. Und wenn etwas defekt war, musste der Mann von der Tankstelle oder irgendein Elektriker ran. Möglichst für Gotteslohn. Brasilien war auf extremem Sparkurs, koste es, was es wolle.
Fehlte nur noch, dass auch an der Munition gespart wurde und die Polizisten »Peng! Peng!« zu rufen hatten, wenn sie sich eine Schießerei mit Gangstern lieferten. Rolando wartete geradezu auf diese Maßnahme. Spätestens dann würde er den Dienst quittieren und bei irgendeinem privaten Sicherheitsdienst in Rio de Janeiro oder in der Hauptstadt Brasilia anfangen. Da war er dann zwar nicht mehr in leitender Position wie hier in Zanhaka, sondern nur ein ganz kleines Licht, aber besser der Letzte unter den Besten als der Erste unter den Schlechten.
Er stieg aus und ging ein paar Schritte in die Schneise hinein. Sie war relativ breit für einen Pfad, der in den Dschungel führte, und alles war flachgetreten. Da war auch die Spur, die ein großer Wagen hinterlassen hatte…
Das Geländefahrzeug! Er hatte also doch richtig gesehen. Und wer hier der Schneise folgte, war garantiert dieser Zamorra.
Er befand sich also auf der richtigen Spur.
Rolando lauschte. Die Geräuschkulisse stimmte nicht. Da war ein Motor. Das dumpfe Brummen wurde lauter. Das Fahrzeug näherte sich, und das in erstaunlichem Tempo.
Und da sah
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