0853 - Tanz der Skelette
mir.«
»Danke«, flüsterte Juan und ging. Die halb leere Flasche nahm er nicht mit. Aber er ging in die Kirche und zündete eine Kerze an. Lange saß er da und sah in die Flamme.
Und langsam, ganz langsam, kehrte das Licht in ihn zurück und verdrängte das Dunkel, das seine Seele fressen wollte.
***
Esteban Coronar rief die Polizei.
Eine halbe Stunde später tauchte Kommissar Rolando mit zwei seiner Beamten auf. Rolando war der Chef der kleinen Polizeiwache, die für das zwischen Rio de Janeiro und Säo Paulo gelegene Städtchen Zanhaka zuständig war. Gut 5000 Einwohner gab es hier, geradezu lächerlich wenig gegenüber den fast elf Millionen Menschen der Megapolis Rio de Janeiro. Aber es gab acht Kirchen und acht Pfarreien. Eine davon war die des Vater Esteban.
»Und was sollen wir nun tun, Vater?«, fragte Rolando. »Die Gräber wieder glätten und frisch bepflanzen?«
»Das wäre nicht das Schlechteste, Kommissar«, lächelte der Pfarrer. »Aber natürlich geht das nicht. Es ist nicht Ihre Aufgabe, und sie würden Wochen dafür brauchen.«
»Weshalb haben Sie mich dann gerufen?«, fragte Rolando. »Soll ich den Voodoopriester verhaften, der dafür zuständig ist?«
»Ist es denn Voodoo?«, fragte Esteban sanft.
»Was soll es sonst sein, wenn Tote aus ihren Gräbern geholt werden?«
»Und wenn sie noch darin liegen? Wenn nur die Gräber selbst verwüstet wurden?«
»Wer hätte etwas davon? Worin liegt dann der Sinn?«
»Finden Sie es heraus. Sie sind der Polizist.«
Rolando seufzte. »Als ob ich nichts anderes zu tun hätte… Nun gut, wir sehen uns die Sache zumindest mal näher an.«
Mit dem Dienstwagen, einem alten Chevrolet Caprice, fuhren sie bis auf den Friedhof. Rolando und die anderen stiegen aus und sahen sich um.
»Das ist - unmöglich«, stöhnte der Kommissar entsetzt. »Ich wollte es nicht glauben, aber jetzt - unfassbar! Da muss eine ganze Armee gewühlt haben! Der ganze Friedhof ein Hort der Verwüstung, so etwas kann es doch gar nicht geben! Vater Esteban, wer kann so etwas tun? Haben Sie einen Verdacht?«
»Finden Sie es heraus. Sie sind der Polizist«, wiederholte der Pfarrer. »Ich bin nur für das Seelenheil meiner Anvertrauten zuständig. Sie sind der Mann für das Materielle. Einen Verdacht - nein, den habe ich nicht.«
Rolando nagte an der Unterlippe.
»Nicht gerade die beste Voraussetzung«, sagte er. »Aber ich werde sehen, was ich tun kann.«
Was er tun konnte, war einen Anruf zu tätigen.
Von seinem Büro aus telefonierte er mit Rio.
Mit Kommissar Esteban da Caveneiro!
***
Professor Zamorra legte, halb unter dem runden Tisch, die Füße auf den benachbarten Stuhl und sah zum Swimmingpool hinüber, in dem sich hübsche Mädchen in knappen Bikinis vergnügten. Dann fiel sein Blick wieder etwas wehmütig auf das Longdrinkglas vor ihm auf dem Tisch. Der Longdrink befand sich nicht mehr im Glas, sondern in Zamorra. Und seine Gefährtin Nicole stand an der Bar, um für Nachschub zu sorgen. Sie bot einen noch verführerischen Anblick als die Nixen im Pool; sie trug einen winzigen Tanga, dessen Stoffdreieck durchgehend mit in der Sonne funkelnden und blitzenden Strasssteinen besetzt war. Die Bändchen hingegen waren hautfarben, sodass Nicole in der Rückenansicht sehr nackt aussah. Zumal sie ansonsten nur einen transparenten Schal trug, dessen Enden vorn lässig über ihren sehenswert geformten Busen fielen und keinem Windhauch nennenswerten Widerstand leisteten. Zugegeben: Es gab hier recht wenige Windhauche.
Bei Weitem nicht so attraktiv wirkte die Steelband, die ihre Instrumente und das Gehör der Hotelgäste malträtierte und vergeblich bemüht war, halbwegs anhörbare Sambarhythmen zu verbrechen. Zamorra überlegte, ob es nicht eine unauffällige Möglichkeit gab, diese Band nachhaltig zu entsorgen.
Dennoch genoss er das alles. Es bot die Ruhe und Entspannung, die er brauchte. Hier konnte er sich von dem Stress erholen, der hinter ihm lag. Wobei es nicht nur um den Kampf gegen Amazonen und Praetor und andere Dinge in der Weißen Stadt Armakath handelte, in den Tiefen der Hölle gelegen, oder die Aktion gegen den dämonischen Kult von Shada-Gor im tibetischen Hochland ging. Sondern vor allem um das Buch der 13 Siegel, das ihm arg zugesetzt hatte.
Es war zerstört, aber um welchen Preis?
Zamorra wäre beinahe umgekommen, als sein Château Montagne durch einen Strahlschuss des Meegh-Spiders in ein seltsames Nichts versetzt worden war. Nur durch das Eingreifen von
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