0855 - Geisel der Finsternis
ein Gemetzel nach sich ziehen, denn ich werde meine Kriegerinnen nicht halten können, wenn der Mörder ihrer geliebten Neffia hier erscheint.«
Stygias Lächeln war viel sagend. »Und ihr werdet wahrscheinlich nicht viel gegen ihn ausrichten.« Iriga schien irritiert, denn nun verstand sie nichts mehr. Was sollte das dann alles für einen Sinn haben? Stygia sprach weiter.
»Aber ihr werdet etwas anderes tun. Etwas, das der erste Stich von vielen sein wird… und alle zusammen werden Zamorra vernichten.« Sie machte eine geschickte Kunstpause, in der sich Irigas Blick an den Lippen der Fürstin festsaugte. Stygia stand auf, wandte sich zur Tür, denn für sie war dieser Besuch beendet. Wie beiläufig drehte sie sich noch einmal zur Amazone um. »Wenn Zamorra hier auftaucht, dann werdet ihr ihm eine Leiche präsentieren. Dann - und erst dann - fallt über ihn her! Denn dann ist er angeschlagen wie eine Flugechse mit drei Armbrustpfeilen im Leib…«
Iriga saß noch lange an der fast unberührten Tafel, die zu Ehren der Fürstin der Finsternis aufgetragen worden war.
Draußen verhallte langsam der Lärm, mit dem sich Stygias Tross aus dem Lager verabschiedete.
Viele Fragen hatte die Fürstin offen gelassen. Iriga war sicher, dass sie die Antworten darauf bald bekommen würde.
Selbst wenn sie darauf nicht sonderlich brannte. Sie, Iriga, hatte eine tiefe Niederlage hinnehmen müssen. Sie war komplett in Stygias Hand - ohne Wenn und Aber…
***
Alle zusammen werden Zamorra vernichten. Wenn er hier auftaucht, dann werdet ihr ihm eine Leiche präsentieren. Dann fallt über ihn her! Denn dann ist er angeschlagen wie eine Flugechse mit drei Armbrustpfeilen im Leib…
Stygia erlaubte sich ein bösartiges Grinsen, das gar nicht zu ihrer verführerischen Gestalt passte. Iriga und die anderen - sie waren ahnungslos! Sie wussten nicht, dass Stygias Plan viel weiter reichte. Es ging ihr nicht darum, Zamorra zu vernichten - noch nicht! Noch konnte sie ihn gebrauchen.
Wenn die Amazonen über ihn herfielen, um ihn zu töten, würde Stygia ihn retten. Damit war er ihr verpflichtet. Er würde sich in seiner menschlichen, ärmlich rechtschaffenen Moral genötigt sehen, die Lebensrettung mit einer Gegenleistung zu bezahlen.
Und Stygia wollte ihn auf Lucifuge Rofocale hetzen!
Natürlich würde sie ihn dabei unterstützen. Aber nur so, dass er Erfolg haben konnte, ohne dass jemand sonst in der Hölle erfuhr, dass sie, Stygia, dahintersteckte. Deshalb gab es niemanden, den sie in ihren Plan eingeweiht hatte.
Sie wollte nicht bis in alle Ewigkeit Fürstin der Finsternis bleiben. Sie wollte höher hinaus, sie wollte Lucifuge Rofocales Thron!
Vorerst zumindest.
Danach konnte man weitersehen. Aber das war Zukunftsmusik und vielleicht undurchfürbar: aus der Position des Ministerpräsidenten Satans nach LUZIFERs Thron zu greifen!
Diesen Gedanken stellte sie erst einmal weit zurück. Immer schön eines nach dem anderen. Zamorra als ihr Kanonenfutter gegen Lucifuge Rofocale… Das war doch eine erstklassige Ausgangssituation. Es gab zwei Möglichkeiten: Er tötete Lucifuge Rofocale, und Stygia konnte sich auf dessen Thron setzen und dann den vom Kampf geschwächten Zamorra umbringen oder ihn den dem Ministerpräsidenten treuen Dämonen vorwerfen, auf dass sie Lucifuge Rofocales Tod an ihm rächten.
Die zweite Möglichkeit war, dass Zamorra den Kampf verlor. Dann war Stygia auch ein Problem los.
Ein weiteres sowieso: Einer von Zamorras Mitstreitern würde von den Amazonen umgebracht und Zamorra mit ihm geködert.
So oder so, die Fürstin der Finsternis konnte auf keinen Fall verlieren. Wie auch immer die ganze Sache ausging, sie befand sich immer auf der Siegerseite.
Selten war sie so mit sich zufrieden gewesen…
***
Der Übergang vom Schlaf in den Wachzustand war wie ein schmaler Korridor.
An seinem Anfang standen wirre Traumfetzen, die schnell verwehten, die Platz schufen für die ersten Bewusstgedanken des neuen Tages.
Oder für die Erinnerung an das, was vor dem Einschlafen geschehen war.
One night stand…
Dr. Artimus van Zant hielt die Augen geschlossen. Nein, das passte doch ganz einfach nicht zu ihm. Vorsichtig, beinahe ängstlich sogar, tastete er mit der linken Hand neben sich - und zog sie rasch wieder zurück, als die Fingerkuppen nackte Haut berührten.
Also doch. Carmen lag schlafend neben ihm, er konnte die gleichmäßigen Atemzüge der Mexikanerin hören.
Van Zant war plötzlich hellwach. Er war Carmen in
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