0855 - Kalis Würgertruppe
und sehr süffig war. Ich saß in dieser eleganten Atmosphäre nicht zum Spaß, sondern wartete auf einen guten alten Freund, der sich angesagt hatte.
Mandra Korab wollte kommen.
Herr im Himmel, wie lange hatten wir beide uns nicht mehr gesehen! Ewigkeiten schienen vergangen zu sein, und ich war mehr als gespannt auf ihn. Allerdings wunderte ich mich, daß er sich so sehr verspätete, denn die Maschine war sogar überpünktlich gelandet, da hatte ich nachfragen lassen.
Ich kannte ja den Londoner Verkehr. Am Abend war er nicht mehr so schlimm, um darin steckenzubleiben, vor allen Dingen nicht, wenn man vom Flughafen kam. Als siebzig Minuten vergangen waren, schaute ich immer öfter auf die Uhr.
»Er kommt noch«, sagte die neben mir sitzende Frau, lächelte erst nach links, wo ich saß, und dann nach rechts, wo ihr Lebenspartner Suko seinen Platz gefunden hatte.
»Meinst du, Shao?«
»Ja.«
Ich hob die Schultern. »Nicht, daß ich etwas gegen die Bar hier hätte, im Gegenteil, aber ich bin nun mal ein mißtrauischer Mensch, und Mandra ist ja nicht irgendwer.«
»Er kommt.«
Ich nickte. »Gut, wenn du das sagst, können wir ja noch etwas von dem teuren Gesöff trinken.«
»Später.«
»Ist mir auch recht.«
Suko sprach an Shao vorbei. »Und den genauen Grund hat dir Mandra wirklich nicht genannt?«
»Nein. Er ist kein dienstlicher. Er befindet sich auf der Durchreise nach New York. Er tat sehr geheimnisvoll. Es kam mir vor, als wollte er uns mit einer Überraschung bedienen.«
»Dann warten wir ab.«
Die Atmosphäre in der Bar war vornehm. Ein prachtvoller und eleganter Raum, ohne allerdings protzig zu wirken. Der Pianospieler ließ seine Hände geisterhaft leicht über die Tasten seines Instrumentes gleiten. Einige Paare tanzten, wobei sich das schimmernde Licht der Kronleuchter auf manch kostbarem Schmuck verfing.
Ich war ›unbeschmuckt‹ und trug die Ringe höchstens unter den Augen. Von den Drinks hatte ich auch genug, sie waren mir letztendlich zu süß geworden, und so bestellte ich ein ganz ordinäres Bier. Als der Keeper es mir servierte, lächelte er. Er hatte sicherlich Verständnis für meine Qual.
»Er kommt.«
Ich setzte das Glas sofort ab, als ich Shaos Stimme hörte. Mein Blick glitt zum Eingang, und dort stand er tatsächlich. Es war ein Inder, der sofort auffiel, eine stattliche Erscheinung, doch kein Schönling.
Mit rudernden Armbewegungen winkte ich zum Eingang hin und sah plötzlich, wie Mandra lächelte.
Mit großen Schritten eilte er auf uns zu, begrüßte zuerst Shao, dann waren wir an der Reihe. Es gab keine laute, überschwengliche Begrüßung, das wäre dieser Umgebung nicht angemessen gewesen, aber Mandra Korab freute sich ebenso wie wir uns freuten.
»Du bist okay?«
»Ihr auch?«
Ich nickte.
»Und Shao ist auch wieder bei euch?«
»Das ist eine lange Geschichte. Wenn du willst, erzähle ich sie dir gern.«
»Später vielleicht.«
»Das hört sich an, als hättest du etwas mehr Zeit.«
Mandra runzelte die Stirn. Er war plötzlich ernst geworden. »Ja, ich habe wohl etwas mehr Zeit«, gab er zu.
»Dann fliegst du morgen nicht weiter nach New York?«
»Nein, wohl nicht.«
Suko schaute mich an. »Kaum ist er hier, und schon haben wir die Überraschung.«
Mandra lächelte. »Wie kommst du darauf?«
»Grundlos unterbrichst du deine Reise sicherlich nicht.«
»Das stimmt.«
»Und was ist der Grund?«
Er antwortete noch nicht, weil er zuvor einen Tee bestellte. Dann hörten wir seiner Frage zu. »Ihr wißt nicht, was am Flughafen passiert ist?«
»Nein.«
»Eine Terror-Aktion?« fragte ich.
Mandra schüttelte den Kopf. »Du irrst, John. Es war ein ungewöhnlicher Angriff, und es war wirklich Zufall, daß ich mich in der Nähe befunden habe und sofort eingreifen konnte.«
Ich setzte mich erst einmal hin. Im Prinzip bin ich kein Schwarzmaler, aber in diesem Fall sah ich plötzlich ungeahnte Schwierigkeiten auf mich zukommen. Zudem hatte Mandra Korab mit ernster Stimme gesprochen, und so blieb es einfach nicht aus, daß wir aufhorchten. Wir stellten keine weiteren Fragen, das hatte unser indischer Freund auch nicht erwartet. Von allein gab er seinen Bericht, und wir bekamen große Ohren, als er von der Schlange erzählte, die plötzlich aus dem Koffer geschnellt war und den Mann getötet hatte. Er berichtete auch von dem Gespräch mit Carol Deep, und er war letztendlich davon überzeugt, daß sich die Journalistin in Gefahr befand.
»Also ein Fall auch für
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