0860 - Die Blutbank von Venedig
Knoblauch hielten sie ab.
***
»Brenne, Hexe!«, brüllte D'Annocchio wie von Sinnen, während seine Knechte die Vampire abwehrten, die in den Keller eindringen wollten.
Der Hexenjäger spielte mit Nicole Duval ein grausames Spiel, nachdem das Amulett ihm auf ihm unerklärliche Weise entrissen worden war. Er schloss die Eiserne Jungfrau, aber nicht ganz.
Giulia Cavalli, von Flammen umwabert, hatte das Bewusstsein verloren.
Das Geschrei und Vampirgekreische draußen wurden lauter. Silberne Blitze zuckten im Haus. Dann stürmten Männer in den raucherfüllten Keller.
D'Annocchio brüllte auf und wollte die Eiserne Jungfrau mit einem Ruck endgültig schließen. Da rannte Commissario Gabelotti heran wie ein Kugelblitz, rammte den Hexenjäger mit seinem mächtigen Bauch weg von der in der Eisernen Jungfrau steckenden Nicole, dass er in die Ecke flog.
D'Annocchio sprang sofort wieder auf und ergriff einen Morgenstern, der an der Wand hing. Gabelotti erschoss ihn mit seiner Beretta. Drei Schüsse krachten. Der Hexenjäger sank nieder.
»Jetzt kannst du in der Hölle Hexen jagen«, sagte der Commissario.
Giancarlo kauerte am Boden, von Inspektor Montefiori ins Knie geschossen. Er leistete keinen Widerstand mehr. Auch Luigi ergab sich.
Man riss das brennende Holz von Giulia weg, schnitt sie vom Sessel los, löschte ihr brennendes Kleid.
Es hatte schlimmer ausgesehen, als es war, als sie von Flammen umwabert dasaß. Sie hatte Brandwunden erlitten, doch keine zu schlimmen. Zamorra hatte mit den Wächtern der Scalbas den Palazzo gerade noch rechtzeitig erreicht. Er konnte Nicole, die aus der Jungfrau trat, in die Arme schließen.
»Was ist mit der Vampirbrut?«, fragte sie ihn, während er sie küsste.
»Vertrieben. Sie sind in ihrem Versteck. Aber das finden wir und machen ihnen allen den Garaus. Der Alte Umberto ist schon erledigt.«
***
Zamorra behielt recht. Am kommenden Tag spürte er den Jenseitspalazzo auf. Mit Nicole Duval und Zamorra an der Spitze, der sein Amulett trug, drangen die Wächter der Scalbas in die Blutbank ein.
Shylock der Dämon und sein Kassierer Nosferatu starben. La Genovesa erschien kreischend. Nicole Duval, die in den Palazzoräumen das Schwert des Enrico Dandolo gefunden hatte, schwang es. Von der schrecklich aussehenden Blutsaugerin und Furie blieb nur ein Totenschädel.
Zuerst flog ihr Kopf weg, vom Schwertstreich abgeschlagen. Er rollte über den staubigen Teppich. Der Rumpf zerbröckelte, dann zerbröselte das auf der einen Seite junge und auf der anderen alte Gesicht. Die restlichen Vampire wurden in den Grüften gefunden.
Diesmal gab es kein Entrinnen für sie. Der Schrecken hatte einen Überlebenden, Christoph Zuber, den jungen Schweizer Bankkaufmann. Unversehrt konnte er aus dem Verlies befreit werden. Der Ball der Vampire hatte nicht stattgefunden.
Die Stadt war gerettet. Nie wieder würde der Alte Umberto sie heimsuchen. La Genovesa lebte nur in schaurigen Legenden fort.
»Venedig sehen und sterben«, lautete eine Redensart.
Für Zamorra und Nicole wäre sie fast Wahrheit geworden. Aber Nicole hatte in der Eisernen Jungfrau nur Schrammen erlitten, und Zamorras Kopfschmerzen vergingen. Giancarlo und Luigi würden im Zuchthaus verschwinden. Es gab durchaus beweisbare Anklagepunkte gegen sie.
Der Hauptleidtragende war Christoph Zuber. Er hatte mit angesehen, wie seine Frau Marietta von den Vampiren ausgesaugt worden war. Nicole und auch Zamorra leisteten ihm einfühlsam Beistand. Die Wunde in seinem Herzen vermochten sie nicht zu schließen. Auf der Hochzeitsreise, auf dem Gipfel des Glücks, hatte die Vampirbrut ihm seine Frau entrissen.
»Marietta ist kein Vampir geworden«, sagte Nicole im Hotel zu dem jungen Mann.
Christoph hatte sich nicht in psychiatrische Behandlung begeben wollen, und er nahm keine Beruhigungsmittel, um seinen Kummer leichter ertragen zu können.
»Warum?«, schluchzte er nur. »Warum?«
Das konnten ihm weder Zamorra noch Nicole sagen, die versuchten, ihm Trost zuzusprechen.
Irgendwann, hofften sie, würde er seine Verzweiflung überwinden, würde sein Kummer nachlassen und nicht mehr innerlich an ihm fressen.
Irgendwann…
ENDE
[1] Shylock - Name des Wucherers in Shakespeares Drama »Der Kaufmann von Venedig«. Shylock bestand darauf, von seinem Schuldner ein Pfund von dessen Fleisch zu erhalten, als dieser nicht zahlen konnte.
[2] Mittelalterliches Buch zur Hexenerkennung und Hexenbekämpfung, auch Hexenhammer genannt.
[3] frz.:
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