0863 - Die schlafende Göttin
befragt, wie diese Untersuchung aussah. Er wußte nicht, was er hätte sagen sol-len, wenn man ihn in die Enge getrieben hätte.
Er war sich jedoch völlig darüber klar, daß er Hilfe benötigte. Allzu sehr war er von Boyt Margor abhängig. Wenn dieser in seiner unmittelbaren Nähe war, bemerkte er davon so gut wie nichts. Dann trat sein eigener Wille so weit zurück, daß er sich seines eigenen Willens nicht mehr bewußt war. Dann tat er, was Boyt Margor wollte. Manchmal schien es, als ob er sogar so dachte wie Margor. Wenn er aber weit von diesem entfernt war, so wie bei seinem Flug nach Kreta, dann regte sich in ihm ein Schuldgefühl, und der Wunsch, Widerstand zu leisten, wurde größer.
Hamiller hätte die Pläne des Albinos gern durchkreuzt. Jedes Mal, wenn er es versuchte, erhob sich jedoch eine Barriere in ihm, die ihn daran hinderte, sich gegen Margor zu wen-den.
Hamiller fühlte sich eingeschlossen. Er kam sich vor wie ein Blinder, der versuchte, aus einem gut gesicherten Gefängnis auszubrechen.
Der Gleiter flog über die weißen Häuser von Heraklion hinweg und näherte sich der Ausgrabungsstätte, die sich weiter im Innern der Insel befand. Er verdrängte die Gedanken an Boyt Margor und konzentrierte sich ganz auf den Archäologen Czerk Matzlew.
Die-ser hatte von einer ungewöhnlichen Entdeckung gesprochen, diese jedoch nicht näher definiert, so daß der Terranische Rat für Wissenschaften nicht wußte, was ihn erwartete.
Er landete auf einem markierten Parkplatz am Rand der Ausgrabungsstätte. Matzlew und seine Assistenten kamen aus den Zelten hervor, in denen sie untergebracht waren.
Matzlew war ein noch junger Wissenschaftler. Er näherte sich dem Gleiter, um Hamiller zu empfangen. Er fühlte sich dem Terranischen Rat für Wissenschaften verpflichtet, weil Hamiller ihm auf unbürokratische Weise geholfen hatte, seine Arbeiten durchzuführen. Er hatte dunkle Haare und forschende Augen, die erkennen ließen, daß Matzlew von uner-sättlichem Wissensdurst getrieben wurde.
Lächelnd stieg Payne Hamiller aus.
„Sie haben mich neugierig gemacht", sagte er und streckte dem Archäologen die Hand entgegen. „Gibt es tatsächlich in Ihrer Disziplin noch Entdeckungen von so großer Bedeu-tung, daß ein Mann Ihres Ranges sich nicht mehr als geheimnisvolle Andeutungen entlo-cken läßt?"
Czerk Matzlew lachte.
„Warum lassen Sie sich nicht überraschen?"
Payne Hamiller fühlte sich frei. Er war völlig entspannt. Die Gedanken an Boyt Margor waren vergessen.
„Da haben Sie recht", entgegnete er. „Warum eigentlich nicht?"
Hamiller blickte sich um. Die Assistenten und Assistentinnen des Archäologen bildeten einen Kreis um sie und hörten zu. Im Hintergrund standen einige Männer, die bewaffnet waren. Sie waren dunkelhaarig und sonnengebräunt.
„Wer sind die Männer dort drüben?" fragte der Terranische Rat.
Matzlew verzog das Gesicht.
„Sie sind von Staphros Pastulopulos abgestellt worden. Das ist der örtliche Kulturbeamte von Kreta. Ein Mann, der sich gern aufspielt, und der alles versucht, unsere Arbeiten zu behindern. Er ist der Meinung, wir sollten uns darauf konzentrieren, die Relikte der alten Griechen zu restaurieren, anstatt nach Zeichen von noch älteren Kulturen zu suchen."
„Ich werde die Männer wegschicken", beschloß Hamiller. Er ging zu den Bewaffneten hin, die ihn als Mitglied der Regierung erkannten.
„Matzlew und seine Helfer genießen mein volles Vertrauen", sagte er. „Gehen Sie nach Hause und melden Sie Pastulopulos, daß er Matzlew in Ruhe lassen soll. Wenn er hier weiterhin stört, werde ich ihn in die Sahara versetzen lassen. Dort gibt es Felszeichnungen aus der Steinzeit, die er meinetwegen bewachen kann. Verstanden?"
Die Wachen salutierten und wandten sich grinsend ab. Sie schienen erfreut darüber zu sein, daß der Kulturbeamte von Kreta einen Verweis bekam. Hamiller blickte ihnen nach, bis sie in einen Gleiter gestiegen und gestartet waren.
Danach kehrte er zu Matzlew zurück, der ihn an einer Marmortreppe erwartete, die unter einen der freigelegten antiken Tempel führte.
„Ich gehe voraus", sagte der Archäologe und stieg die Treppe hinunter. Hamiller folgte ihm in die kühlen Räume unter dem Tempel. Der Archäologe führte ihn zu einer quadrati-schen Öffnung, an deren Seiten zwei Antigravprojektoren standen. Er ließ sich im abwärts gepolten Feld nach unten sinken.
In dem Steingewölbe, das von hell strahlenden Platten beleuchtet wurde, war es
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