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0863 - Die schlafende Göttin

Titel: 0863 - Die schlafende Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Welt versetzt, die nichts mehr mit der Realität zu tun hatte, in der sie bisher gelebt hatte.
    Befand sie sich wirklich in der Region Phokis, die ihrem Vater und ihr als Ausgleich für die auf Trao erlittenen Verluste zugewiesen werden sollte? Wo war Host Gordon, der Re-gierungsbeamte? Er konnte sie doch nicht in dieser Wildnis allein lassen.
    Jandra blickte sich verstört um. Die Landschaft sah friedlich aus. Doch sie fühlte sich nicht sicher. Sie kam von Trao, einer Welt, auf der es geradezu selbstmörderisch gewesen war, sich allein und unbewaffnet in die Wildnis zu wagen.
    Jandra schüttelte die Furcht ab. Sie schalt sich eine Närrin und kehrte, von Neugier ge-trieben, zu dem Spalt zurück, aus dem sich noch immer feiner Rauch kräuselte.
    Je näher sie kam, desto deutlicher vermeinte sie, eine wispernde Stimme zu vernehmen. Sie lockte sie mit unwiderstehlicher Gewalt an. Sie spürte, daß sie die Kontrolle über sich mehr und mehr verlor, doch sie konnte nicht umkehren. Schritt für Schritt trat sie an den aufsteigenden Rauch heran, bis dieser ihre Beine berührte. Jandra fühlte, daß sich etwas veränderte.
    Sie hörte die Stimme nicht mehr. Der Rauch versiegte.
    In ihr war etwas, das sich rücksichtslos ausbreitete und ihr eigenes Bewußtsein hinweg-fegte.
    Host Gordon blickte sie überrascht an, als er sie etwa zehn Minuten später sah. Er hatte sich etwa zweihundert Meter weit zurückgezogen. Er saß auf einem verwitterten Marmor-block neben dem Gleiter, mit dem sie gekommen waren.
    Ihm fiel sofort auf, daß sie verändert aussah. Ihr Gesicht erschien ihm härter, ihre Bewe-gungen wirkten eckiger und weniger weiblich als zuvor, und ihr Auftreten verriet eine Über-legenheit, die zuvor nicht vorhanden gewesen war.
    „Nun?" fragte er unsicher. „Wie gefallen Ihnen die Tempelanlagen?"
    „Übertreiben Sie nicht", wies sie ihn zurecht. „Diese kümmerlichen Ruinen kann man wohl kaum als Anlagen bezeichnen. Wer ist dafür verantwortlich, daß Delphi so zerfallen ist?"
    „Nun, ich nehme an, die Zeit", erwiderte er.
    „Trottel", sagte sie und stieg in den Gleiter. „Fliegen Sie los."
    Host Gordon erbleichte. Erbittert preßte er die Lippen aufeinander. Er stieg ein und star-tete.
    „Nach Athen?" fragte er.
    „Unsinn. Nach Kreta", befahl sie.
    „Das geht nicht", entgegnete er bedauernd. „Miß Kays, ich bin kein Transportunternehmer, sondern Regierungsbeamter. Ich kann Sie nach Athen mitnehmen, wenn Sie wollen. Dort können Sie sich einen Taxigleiter nehmen."
    Sie fuhr herum und blickte ihn mit blitzenden Augen an.
    „Ich bin es nicht gewohnt, daß man mir Widerstand leistet", erklärte sie zornig. „Außerdem bin ich nicht Miß Kays, sondern Perse. Hoffentlich vergessen Sie das nicht."
    Host Gordon schluckte und suchte nach Worten. Unsicher blickte er sie an.
    Zum ersten Mal fiel ihm auf, daß sie ein fast griechisches Profil besaß. Ihre Nase war lang und gerade. Zwischen ihr und der wohlgeformten Stirn gab es fast keinen Absatz.
    Jandra schien ihn nicht mehr zu sehen. Ihre Lippen bewegten sich, als ob sie mit sich selbst spreche.
    Jandra Kays, so meinte Host Gordon, hatte den Verstand verloren.
     
    *
     
    Payne Hamiller machte sich Vorwurfe. Er war sich dessen bewußt, daß er falsch und un-verantwortlich gehandelt hatte.
    Er befand sich in einem Dienstgleiter auf dem Flug nach Kreta. Unter ihm dehnte sich das Meer. Es leuchtete in einem ungewöhnlich intensiven Blau. Hamiller beobachtete eini-ge Männer, die von einem Gleiter aus auf Großfischjagd gingen. Die Maschine trieb dicht über den Wellen dahin. Der Terranische Rat für Wissenschaften konnte deutlich zwei Thune erkennen, die dem Kunstköder folgten. Für einige Sekunden ließ er sich von dem Schauspiel einfangen, dann kehrten seine Gedanken wieder zu Czerk Matzlew zurück.
    Er war auf dem Weg zu dem Archäologen, der auf Kreta einen überraschenden Fund gemacht hatte.
    Warum hatte er es nicht geschafft, das zu tun, was seine Pflicht war? Warum war es ihm nicht gelungen, sich gegen Boyt Margor zu behaupten, obwohl er es immer wieder ver-sucht hatte?
    Er wußte, daß es seine Pflicht gewesen wäre, die anderen Mitglieder der Regierung über den Fund von Kreta zu informieren. Er hatte aber die Nachricht für sich behalten, weil Boyt Margor es ihm befohlen hatte.
    Payne Hamiller hatte die BASIS verlassen. Er hatte vorgegeben, noch eine Routineuntersuchung durchführen zu müssen. Glücklicherweise hatte ihn niemand allzu eingehend darüber

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