0865 - Aus Tinte geboren
Sakkotaschen gesteckt. Aber was das war-- keine Ahnung. Warum fragen Sie?«
Zamorra hielt ihm die Ampulle entgegen. »Kennen Sie das?«
Bouché schüttelte den Kopf. »Was ist das?«
Zamorra erklärte es ihm. Der Sergeant wurde eine Spur blasser.
Der Parapsychologe steckte die Ampulle zurück ins Etui und erhob sich. »Ich glaube, ich muss diesem Größenwahnsinnigen eine kleine Genickmassage verpassen.«
»Darf ich das machen, Chef?«, fragte Fooly unternehmungslustig und zeigte sein schönstes Krokodilgrinsen.
»Besser nicht, sonst stirbt er uns noch vor Schreck«, erwiderte Zamorra. »Du kannst ja inzwischen dem Sergeanten einen Schwank aus deinem Leben erzählen.«
Dann ging er die Treppe hinauf, um nach Bonmirelle zu suchen.
Möglicherweise suchte der seinerseits schon nach Rhett. Den, war Zamorra sicher, würde er da oben aber kaum finden.
***
»Und du meinst wirklich, dass wir hier unten suchen müssen?« Leichter Unglaube schwang in Rhetts Stimme mit. Er blickte zweifelnd auf die Taschenlampe in seiner linken Hand.
»Falsch, Lord… ich meine… Rhett.« Verdammte Macht der Gewohnheit!, durchfuhr es Nicole. »Dank der Überwachungskamera wissen wir, dass der Tintendämon hier vorbeigekommen ist.«
Ansonsten hätten sie Hunderte von Versteckmöglichkeiten in Seitenräumen und verstaubten, spinnwebenüberdeckten Kavernen durchsuchen müssen.
»Er wird doch wohl nicht über die Regenbogenblumen verschwunden sein?« Rhett zog die Stirn in Falten und blickte Nicole fragend an. Für wenige Sekunden wirkte er weit älter als vierzehn. »Dazu müsste er erst einmal deren Funktion als Reisemittel kennen.«
Regenbogenblumen existierten nur an wenigen Stellen der Erde. Im Château Montagne befanden sie sich in einem Kuppelgewölbe weit entfernt am Ende des Kellers. Die fantastischen Pflanzen tauchten in keinem biologischen Lehrbuch auf. Ihre Blüten welkten nie, sie befanden sich das ganze Jahr über in voller Pracht. Wie das funktionierte, wusste niemand, ebenso, wer die frei schwebende Mini-Sonne hier unten installiert hatte. Die Kelche schlossen sich bei Dunkelheit, um sich wieder zu öffnen, wenn Licht sie erreichte - hier brannte das Licht der Mini-Sonne das ganze Jahr über.
Wer zwischen die Blumen trat und eine exakte Vorstellung von seinem Zielort oder seiner Zielperson hatte, trat zwischen den dortigen Blumen wieder ins Freie. Der Transport erfolgte ohne Zeitverlust. Dabei war es unerheblich, ob sich das Ziel auf der gleichen Welt befand oder in einer anderen Dimension - oder sogar in einer anderen Zeit.
»Er hat diesen Weg genommen, das steht fest«, behauptete sie. »Aber ich glaube nicht, dass er sich mit der Funktion der Blumen auskennt. Um das herauszufinden, hatte er zu wenig Zeit.«
»Dann ist er also… in die Katakomben geflüchtet.« Rhetts Stimme hörte sich heiser an, gerade so, als fürchte er um die Existenz des Tintendämons.
»Wer weiß, was er dort wieder anstellt«, sagte Nicole mehr zu sich selbst.
»Das meinte ich nicht mit meinen Worten!« Rhett klang erschrocken und beleidigt zugleich. Nun verhielt er sich wieder altersgerecht: cool und eingeschnappt in einem.
»Das weiß ich doch«, versuchte Nicole, ihn zu beruhigen. »Aber ich befürchte, dass er hier unten genau so wüten könnte wie in der Küche. Und wir wüssten nicht, was er dabei anrichtet. Also müssen wir beide ihm folgen, ob wir wollen oder nicht.«
Rhett war stolz darauf, dass Nicole ihn mitgenommen hatte. Logisch betrachtet war es das Vernünftigste, was sie machen konnte. Alle anderen hätten sie bei der Suche nur gestört oder bestenfalls behindert. Aber Rhett besaß als Schöpfer des eigenartigen Wesens einen Einfluss, der nicht zu unterschätzen war. Mit dem Erbfolger zusammen würde ihr nichts passieren.
Hoffte sie.
Sie verhielten an einer dicken Holztür, der das Alter von vielen Jahrzehnten anzusehen war. Nicole zeigte mit ihrer Taschenlampe auf den verschlossenen Durchlass.
»Die Tür wurde seit weit über 20 Jahren nicht mehr geöffnet«, erklärte sie. In der anderen Hand hielt sie einen Schlüssel, noch ehe Rhett danach fragen konnte.
»Und was hast du vor, sobald wir den Dämon finden?«, wollte er wissen, als sie den Schlüssel ins Schloss gesteckt und zweimal nach rechts gedreht hatte.
»Wie entfernt man Tinte?«, stellte Nicole eine Gegenfrage.
»Durch einen Tintenkiller«, behauptete Rhett. Er zog die Brauen nach oben, als er den Hintergrund ihrer Frage verstand. »Ich will aber
Weitere Kostenlose Bücher