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0867 - Emily

0867 - Emily

Titel: 0867 - Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seine Augen. »Das habe ich noch nie erlebt, daß jemand mit Vergnügen eine Rechnung übernimmt.«
    »Man lernt eben nie aus«, sagte ich.
    »Da haben Sie recht.«
    Wenig später gingen wir. Und diesmal sahen wir wieder einen Silberstreifen am Horizont.
    ***
    Er kam. Er schwebte heran. Er war für Emily ein Gott, ein Engel, ein Beschützer. Er war einfach all das, was sie sich in ihren Träumen immer vorgestellt und zurechtgebastelt hatte. Dabei mochte es Menschen geben, die sich vor ihm fürchteten, denn er sah wirklich mehr als ungewöhnlich aus. Er trug keine Schuhe, sondern dunkle Stiefel, deren Seiten mit Perlen besetzt waren. Hose und Jacke sahen aus wie poliertes Leder, sie waren dunkel und lagen so eng an wie ein Trikot. In der Mitte teilte dieses Kleidungsstück ein Gürtel, der mit verschiedenen Knöpfen bedeckt war. Sein Kopf war kaum zu sehen, weil er von einem dunklen Helm bedeckt wurde. Doch zum Gesicht hin war der Helm durchsichtig. Es war ein Sichtschutz wie beim Helm eines Motorradfahrers. Das Gesicht dahinter war kaum zu erkennen. Für das Mädchen aber war es das schönste der Welt, denn es gehörte ihrem großen Beschützer.
    Auf dem Rücken wuchsen zwei Flügel. Sie waren kräftig und filigran zugleich, als hätte die Gestalt sie einem überdimensionalen Insekt weggenommen.
    Diese Gestalt war etwas Besonderes, und sie strömte auch einen Hauch von Gefahr aus. Es mochte sicherlich Menschen geben, die sich vor ihm fürchteten. Dazu gehörte Emily beileibe nicht. Für sie war er ein Held, einer, der in ihren Träumen und bei ihren Zeichnungen entstanden war und nun Gestalt angenommen hatte. Für Emily waren Träume damit zur Wahrheit geworden, zu einer Wahrheit, die sie beschützte.
    Wie auch jetzt!
    Sie lächelte freudig und wehmütig zugleich. Wehmütig deshalb, weil sie wußte, daß er sie verlassen würde, aber zunächst einmal war er da, und Emily trat einen Schritt vom Fenster zurück, um ihm zu zeigen, daß er einschweben sollte.
    Es gab ja für ihn keine Hindernisse. Über Mauern und Grenzen konnte er nur lächeln, erst recht über Fenster, die angeblich nicht zu öffnen waren.
    Dennoch schwebte er hinein.
    Emily bemerkte es nicht. Er war plötzlich bei ihr, hatte den Kopf eingezogen, um nicht gegen die Decke zu stoßen, und glitt mit seinen Stiefeln langsam dem Boden entgegen. Kaum hatte er ihn berührt, als sich seine Flügel zusammenklappten, denn sie benötigte er jetzt nicht mehr.
    Er nahm den Helm ab und legte ihn auf den kleinen Tisch. Emily schaute ihn an. Jede seiner Bewegungen war für das Mädchen wichtig, denn er war ihr einziger Freund.
    Emily streckte ihm die Hände entgegen. »Willkommen bei mir, geliebter Zebulon…«
    Er nickte und schaute sie an.
    Vor ihm stand ein Mädchen mit einem Puppengesicht, ein Wuschelkopf mit braunen Haaren. Sie hatte eine kleine Nase, einen kleinen Mund, ein rundes Kinn und große, staunende Augen, die ebenso braun waren wie ihr Haar. Sie trug einen brombeerfarbenen Pullover, einfache Jeans und Tennisschuhe, denn sie hatte sich nicht ausgezogen, als sie ins Bett gegangen war.
    War sie ein Kind? War sie eine Jugendliche? War sie schon erwachsen? Es konnte wohl keiner genau sagen. In ihr steckte von allem etwas, man konnte sie als Phänomen ansehen.
    »Hast du auch geträumt?« fragte sie.
    »Ja.«
    »Von mir?«
    Er nickte.
    »Ich habe dich auch gesehen. Der Mond ist fast wieder voll. Ich wußte ja, daß die Zeit reif ist. Ich habe dich immer stärker erlebt. Ich konnte dich sehen, dich fühlen, obwohl du nicht bei mir gewesen bist. Und ich merkte, wie ich wieder malen mußte. Ich habe gemalt, es war einfach wunderbar.«
    »Was hast du gezeichnet?«
    »Och - weißt du…«, etwas verschämt drehte sie den Kopf zur Seite, »das ist so eine Sache. Eigentlich nichts Besonderes, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Ich möchte es trotzdem sehen.«
    »Das geht nicht.«
    »Und warum nicht?«
    »Ich habe die Zeichnung nicht mehr. Ich habe sie zerschnitten.«
    »Deine Figur?«
    »Klar.«
    »Warum?«
    Emilys Gesicht verzog sich. »Sie sollte einfach nicht mehr leben, das ist es gewesen. Ich wollte es nicht. Ich mochte sie nicht. Ich habe sie fast gehaßt.«
    »Aber sie war ein Stück von dir.«
    Emily wechselte das Thema. »Willst du dich nicht setzen? Ich habe im Bad etwas Orange kalt gestellt. Es reicht für uns beide. Wir können dabei reden.«
    »Ich habe keinen Durst.«
    »Schade.«
    »Wenn du möchtest, dann kannst du gern etwas trinken.«
    Sie hob die

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