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0869 - Der Affengott

0869 - Der Affengott

Titel: 0869 - Der Affengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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dolchartige Stacheln heraus.
    Drohende Knurrlaute gingen von diesen Wesen aus.
    In de Bressacs Arbeitszimmer gab es Dutzende von kleinen Flecken mit grünem Lemurenblut. Offenbar hatte sich der Wissenschaftler nach Kräften gewehrt, bevor ihn diese Kreaturen der Finsternis schließlich im wahrsten Sinne des Wortes zerrissen hatten.
    Aus jedem dieser Flecken wuchs nun ein geflügelter Affe hervor. Manche von ihnen waren winzig. Kaum größer als eine Hand oder ein Finger.
    Ihre Größe schien von der jeweils zur Verfügung stehenden Menge an Lemurenblut abhängig zu sein.
    Ein gutes Dutzend dieser Nachtkreaturen setzten im selben Moment zum Angriff an und sprang mit weit geöffneten Mäulern und ausgestreckten Krallenhänden auf Zamorra, Nicole und Valerie zu.
    Zamorra verschob eine der Hieroglyphen auf Merlins Stern.
    Das handtellergroße Amulett erhitzte sich.
    Blitze zuckten daraus hervor und vernichteten eine Schattenkreatur nach der anderen.
    Ein sehr kleiner Lemure, kaum größer als ein Daumennagel, sprang Valerie an, krabbelte über ihren Arm höher und höher, bis er schließlich ihren Hals erreichte.
    Die junge Frau schrie. Sie schlug mit den Händen um sich und schüttelte den winzigen geflügelten Affen wie ein lästiges Insekt von sich. Im hohen Bogen flog er durch die Luft. Einer der aus dem Amulett herausschießenden magischen Blitze erfasste ihn und verdampfte ihn zu Staub.
    Zamorra stellte sich vor Nicole und Valerie. Das grünlich schimmernde Schutzfeld, das durch das Amulett jetzt aktiviert wurde, hüllte sie alle drei ein.
    Nur wenige Augenblicke dauerte Zamorras Kampf gegen diese aus Dämonenblut geborenen Kreaturen.
    Dann waren sie sämtlich vernichtet. Zwei oder drei von ihnen entkamen durch das nur notdürftig mit Folie verklebte Fenster und gelangten ins Freie.
    Die anderen wurden unter dem Beschuss der Blitze, die aus Zamorras Amulett herausschossen, zu Staub.
    Ein eigenartiger Geruch verbreitete sich in Pierre de Bressacs ehemaligem Arbeitszimmer. Es war eine Mischung aus verbranntem Fleisch und Fäulnis. Der faulige Atem der Hölle selbst, so kam es Zamorra für einen Moment vor.
    »Gehen wir besser«, schlug Nicole vor.
    Valerie hingegen war unfähig, auch nur ein einziges Wort herauszubringen. Sie würgte und rang nach Luft. Ihr Gesicht war so bleich wie die Wand geworden.
    Niemand außer ihr bemerkte die kleine Wunde an der Innenfläche ihrer linken Hand, die bei dem Angriff des winzigen Lemuren entstanden war.
    »Ich hoffe, mit Ihnen ist alles in Ordnung«, meinte Zamorra.
    »Mit mir ist alles okay«, antwortete Valerie. »Zumindest ist nichts passiert, was der Rede wert gewesen wäre.«
    Aber das war ein Irrtum.
    ***
    Ein schwerer Geruch von Fäulnis und Moder hing in dem hohen, von flackernden Fackeln erhellten Saal.
    Düstere, in Kutten gehüllte Gestalten hatten sich in einem Halbkreis um einen Thron versammelt. Die Kapuzen dieser Kuttenträger waren tief ins Gesicht gezogen, sodass von ihren Gesichtern nichts zu sehen war. Auch der Schein der Flammen konnte die Finsternis darunter nicht erhellen.
    Der Thron, um den sich die etwa fünfzig Kuttenträger gruppiert hatten, war aus versteinerten Schädeln errichtet worden. Schädel von Menschen waren ebenso darunter wie tierisch wirkende, durch lange Reißzähne gekennzeichnete Totenköpfe anderer Arten.
    Unter anderem zählten dazu wohl die geflügelten, rotäugigen Affen, die sich zu Hunderten und in nahezu jeglicher Größe im Saal befanden. Viele von ihnen kauerten dicht gedrängt in Gruppen beieinander. Den Blick ihrer funkelnden Dämonenaugen hielten sie dabei gesenkt. So als wollten sie es vermeiden, mit jener Kreatur direkten Blickkontakt aufzunehmen, die sich auf dem Knochenthron niedergelassen hatte…
    Das Glühen ihrer Augen pulsierte sehr viel schneller, als man es beobachten konnte, wenn man sie andernorts antraf.
    Manche der kleineren Lemuren, von denen viele nur die Größe menschlicher Hände oder Finger aufwiesen, manche sogar an Insekten erinnerten, flogen und kletterten an der gewölbten Decke dieses unheimlichen Thronsaals herum, von der Primatenschädel jeglicher Art an hauchdünnen, aber sehr haltbaren Fäden herabhingen. Bei dem geringsten Aufkommen von Zugluft geriet dieses groteske Mobile des Grauens in Bewegung. Hin und wieder klammerten sich kleinere Exemplare unter den Lemuren an diese Fäden oder an die daran befestigten Schädel und schwangen damit hin und her. Besonders winzige unter den geflügelten

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