087 - Der sentimentale Mr. Simpson
vor?«
»Sei nicht albern.« Er blinzelte Denny zu und verschwand.
Denny ging zum Fenster, schob den Vorhang beiseite und warf einen Blick auf die Straße. Rex' kleiner Sportwagen brauste mit Vollgas davon.
»Du kannst doch etwas tun?« fragte sie ungeduldig.
»Ich dachte immer, daß Rechtsanwälte Geld aufzubringen vermögen.«
»Dieser Anwalt kann es jedenfalls nicht«, erwiderte er scherzend. »Ist es viel?«
Sie zögerte. »Vier- oder fünftausend Pfund«, sagte sie leichthin. Denny stöhnte.
»Soviel könnte ich nur gegen erstklassige Sicherheiten beschaffen.«
»Auf Onkel Lewis' Testament hin?«
Er schüttelte den Kopf. »Das kann er ja jeden Tag ändern. Vier- oder fünftausend!« Er pfiff durch die Zähne.
»Ganz unmöglich.«
Sie preßte die Lippen zusammen. »Na schön«, sagte sie.
»Aber ich hätte gedacht, daß du uns helfen kannst. Du brauchst übrigens nicht zu glauben, daß sich Rex keine Sorgen macht, nur weil er so fröhlich war.«
Er wollte Einzelheiten über die Schuld hören, aber sie wich ihm aus. Anscheinend wußte sie selbst kaum etwas. Jedenfalls erfuhr er, daß Rex im Hause eines ›Freundes‹
Bakkarat zu spielen pflegte.
Beim Abschied war sie frostig. Unglücklich fuhr er in seine Wohnung in der Nähe des Regent Park zurück.
Denny Hall hatte es nicht leicht gehabt im Leben. Sein Vater war im Charakter Rex Madlon sehr ähnlich gewesen, und Denny übernahm mit der Praxis seines Vaters mehr Sorgen als Profite. Drei anstrengende Jahre hindurch hatte er daran gearbeitet, alles wieder ins Lot zu bringen. Er mußte gegen den Argwohn ankämpfen, der mit dem Namen Hall häufig verknüpft schien. Aber endlich hatte er es geschafft und konnte nun auf einem soliden Fundament aufbauen.
Am nächsten Vormittag steckte er gerade mitten in anstrengender Arbeit, als Rex erschien.
»Du hast dich ein bißchen mit Nora gestritten - nicht wahr? Alles meinetwegen!« Er lachte schallend. »Du bist ein Trottel! Denny, besteht eine Chance, das Geld aufzubringen?«
Denny schüttelte den Kopf. »Praktisch kaum.«
Rex machte ein langes Gesicht, fing sich aber schnell wieder.
»Das wird allerdings peinlich werden«, meinte er.
»Wenn der alte Lewis wenigstens das Zeitliche segnen würde - er ist ja immerhin ganz schön krank. Aber damit kann man wohl kaum rechnen.«
»Stehen die Dinge wirklich so schlecht?«
Rex schlenderte zum Fenster und sah hinaus.
»Scheußlich, diese Baker Street«, sagte er. Nachlässig fügte er hinzu: »Ja, der Mann, dem ich die Schuldscheine gegeben habe, ist ein ganz ekelhafter Bursche. Ich habe Likstine schon Bescheid gesagt, und er hat eine Mordswut.«
»Wer ist Likstine?« erkundigte sich Denny.
»Er arrangiert die Spielrunde - ich meine, er ist ein Freund, den ich ab und zu treffe«, wich er aus. »Kommst du mit zum Essen?«
Denny schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen.« Er berichtete Rex, worum es sich handelte.
Am Nachmittag mußte Denny zu einer Besprechung mit einem anderen Anwalt. Als er zurückkehrte, erfuhr er, daß Rex in seiner Abwesenheit vorgesprochen, eine Viertelstunde gewartet hatte und dann wieder gegangen war.
Abends sprach er erneut mit Nora. Sie zeigte sich noch unzugänglicher als zuvor. Aber auf die Folgen war er trotzdem nicht vorbereitet. Am Nachmittag darauf erhielt er eine kurze briefliche Nachricht. Dem Brief war der Verlobungsring beigefügt. Denny hatte das Gefühl, als sei die Welt plötzlich sehr dunkel geworden.
Er saß am Schreibtisch, den Kopf in die Hände gestützt, als das Telefon läutete.
»Ist dort Mr. Denny Hall? - Hier Inspektor Boscombe, Scotland Yard ... Wir haben erfahren, daß Sie sehr viel Geld in Ihrem Safe aufbewahren. - Das tut nichts zur Sache. Ich möchte die Gelegenheit benützen, Sie zu warnen. Zur Zeit hält sich ein Mann in der Stadt auf, der sich auf Einbrüche in Anwaltsbüros spezialisiert hat. Er heißt Darkey Cane. Besondere Vorsicht ist am Platze. Vergangene Nacht wurde in Lincolns Inn ein Einbruch verübt.«
Denny hörte sich alles an, bedankte sich, legte auf und ging zum Safe, um sich noch einmal zu vergewissern, daß alles in Ordnung war.
Zehn Stunden später ...
Denny Hall ging langsam zum Schreibtisch, öffnete eine Schublade und nahm den geladenen Browning heraus.
»Legen Sie das Ding weg - schnell!«
Er fuhr herum, die Pistole noch in der Hand. Die langen Portieren am Fenster zur Baker Street hatten sich geöffnet. Ein Mann stand dort, den
Weitere Kostenlose Bücher