0876 - Die unheimliche Macht
weiß ich auch nicht. Sie sind Polizist, sogar ein besonderer, wie ich mir habe sagen lassen, weil Sie eben an besonderen Fällen arbeiten… Jetzt sind Sie an der Reihe.«
»Sicher, es war ein besonderer Fall. Ich habe nur eine Frau überwacht. Das war deshalb so besonders, weil es in eine schreckliche Langeweile ausartete.«
»Was dabei herausgekommen ist, haben wir ja gesehen.«
»Wirklich, ich kann mich nicht erinnern. Ich sah noch ein Licht, das weiß ich, und dann habe ich wohl einen Schrei gehört, den Schrei einer Frau, aber alles, was danach kam, rutschte hinein in den tiefen, dunklen Schacht, aus dem ich glücklicherweise wieder erwacht bin. Und jetzt sehe ich sie vor mir und möchte Sie bitten, mich endlich von diesen Geräten zu lösen.«
Jennings nickte. »Keine Sorge, das werde ich.« Er selbst kümmerte sich darum, und ich hatte Zeit, mich in meinem Krankenzimmer umzuschauen, das mehr einem elektronischen Labor glich, denn die Geräte, die dort herumstanden, waren für mich böhmische Dörfer. Das Krankenhaus wurde in der Tat immer mehr zum Elektroniklager und dadurch auch kälter und unmenschlicher. Wahrscheinlich mußten Intensivstationen aber so aussehen.
Die Kälte war aus meinem Körper verschwunden. Der Kreislauf funktionierte wieder, aber nach wie vor lag ich nackt auf dem Bett und schaute mich nach meiner Kleidung um.
Jennings hatte den Blick verstanden. »Man wird Ihnen alles bringen, Mr. Sinclair.«
»Das ist gut.«
Als ich mich aufrichtete, telefonierte der kleine Professor. Aus einem Nebenraum wurde meine Kleidung gebracht. Ich zog alles wieder an und fühlte mich wohl.
Das stimmte tatsächlich. Ich konnte mich bewegen wie immer. Puls und Blutdruck waren normal, und der Professor staunte darüber. »Manchmal erlebe selbst ich noch Dinge, die mir Rätsel aufgeben. Da ist übrigens noch etwas. Wenn Sie ihre Waffe und Ihr Kreuz vermissen sollten, ich habe die Dinge an mich genommen und in einen Schrank eingeschlossen.«
»Danke, Professor, ich hätte sie gern zurück.«
»Läßt sich machen.«
Er verließ die Intensivstation, und ich blieb auf dem Bett hockend zurück. Ich schaute mir meine Handrücken an und suchte nach irgendwelchen Spuren, die das Eis hinterlassen hatte. Es war nichts zu entdecken. Wer immer meine Haut abgeschabt hatte, er hatte sich Mühe gegeben, denn Rückstände gab es nicht. Über dieses Material wollte ich auch mit dem Professor sprechen.
Er kehrte zurück, aber er war nicht allein. Sir James und Suko flankierten ihn. Beide mußten an der Tür stehenbleiben. Sie lächelten, ich winkte ihnen zu, und beide waren noch mehr erleichtert darüber, daß es mir gutging. Der Professor reichte mir einen Schuhkarton, in dem sich meine Beretta und auch das Kreuz befanden. Ich klemmte mir den Karton unter den Arm und ging auf die beiden Besucher zu.
»Sie können sich in einem Nebenraum unterhalten«, erklärte der Professor. »Ich werde dann auch zu Ihnen kommen.«
»Bis gleich«, sagte ich locker.
Der Nebenraum war schmal. Für Besucher standen dort auch einige Stühle, auf deren Sitzflächen Polster mit kratzigem Stoff lagen.
Ich blickte hinaus in die Nacht. Der Morgen war längst angebrochen, aber eine Müdigkeit spürte ich nicht in mir. Wir setzten uns um einen Tisch herum, den Karton stellte ich auf den Tisch. Die erleichterten Gesichter befanden sich in meiner unmittelbaren Nähe, und es war Sir James, der die erste Frage stellte. Im Licht der kalten Deckenleuchte sah sein Gesicht etwas käsig aus. »Kann es sein, daß Sie wieder vollkommen fit sind? Ich habe den Eindruck, wenn ich Sie so ansehe.«
»Fast, etwas müde, Sir, aber ansonsten bin ich auf der Reihe.«
»Das ist gut.«
Suko betrachtete mein Gesicht und die Hände. Ich mußte lachen. »Du kannst hinschauen, wo du willst, du wirst nichts entdecken. Man hat mir das Zeug abgekratzt.«
»Das Eis, John!«
Ich hob die Schultern. »Nein, Suko, das ist kein echtes Eis gewesen, das war etwas anderes. Das ist von dem hinterlassen worden, was in das Haus eindrang.«
»Kannst du denn erklären, was es gewesen ist?«
»Nein. Es war plötzlich da. Ich sah grelles Licht. Ich hörte einen Schrei, dann brach alles zusammen. Ich fiel in ein Loch und erwachte, ohne etwas erkennen zu können. Ich hörte zwar, was um mich herum geschah, das war alles. Etwas muß in das Haus eingedrungen sein, mit dem ich nicht zurecht kam…« Ich hob die Schultern. »Und dann war alles anders und vorbei.«
Suko hakte noch
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