088 - Das Dreigestirn der Hölle
zu versetzen, so daß alles um sie herum zur Bewegungslosigkeit erstarrte. „Kümmere dich um die Lehrerin. Wir müssen von hier fort, bevor mich meine Kräfte verlassen."
Dorian merkte, daß das Sprechen Coco bereits Mühe bereitete. Er lud sich Caroline Dorleac auf die Schulter und strebte dem Ausgang zu. Dabei wollte er, sozusagen im Vorbeigehen, wenigstens einige Besessene aus der Gewalt des Dämons befreien.
Er riß einer Frau den Möbius-Ring vom Hals und befreite den Koch mit einem einzigen Ruck vom Möbius-Gürtel. Er griff gerade nach dem Stirnband eines weiteren Gastes, als er Cocos Schreckensruf hörte: „Nicht, Dorian! Das bringt sie um!"
Dorian ließ von dem Mann ab und blickte sich im Laufen um. Entsetzt sah er, daß sich der Kopf der Frau wie in Zeitlupe neigte - als sei er ihr mit einem Streich vom Rumpf getrennt wurden. Dorian erkannte entsetzt, daß er sie ungewollt geköpft hatte. Und daneben sickerte dem Koch das Blut in der Körpermitte durchs Gewand - er war durch die Zerstörung des Möbius-Gürtels regelrecht in zwei Hälften geteilt worden.
Dorian wandte sich fassungslos ab. Er erreichte das Freie und warf die Lehrerin auf den Rücksitz des Wagens. Coco hatte bereits hinter dem Steuer Platz genommen.
Der Wagen fuhr mit aufheulendem Motor und durchdrehenden Reifen an. Coco stieg sofort wieder auf die Bremsen, als sie vor sich quer über der Fahrbahn einen grünlich leuchtenden MöbiusStreifen sah. Sie riß den Wagen herum und bog in eine Seitenstraße ab.
Von irgendwoher erklang ein vielstimmiges Quaken. Dorian meinte, es würde ihm das Trommelfell zerreißen. Er drehte das Autoradio an und stellte es auf größte Lautstärke. Gleichzeitig schrie er lauthals alle möglichen Beschwörungsformeln der Weißen Magie, um das dämonische Froschkonzert zu übertönen.
Dorian hörte explosionsartige Geräusche, als die Fenster der umliegenden Häuser unter den Vibrationen des dämonischen Schalls barsten. Und dann barst auch die Windschutzscheibe, und die Splitter regneten ins Innere.
Endlich drang Cocos Stimme in Dorians Geist.
„Du kannst mit deinem Singsang aufhören. Wir haben Plougoumelen hinter uns gelassen. Vorerst sind wir in Sicherheit."
Dorian verstummte erschöpft.
Sie erreichten Mergers Haus ohne weiteren Zwischenfall und brachten die Lehrerin auf ihr Zimmer. Dort gab Coco ihr den hypnotischen Befehl, tief zu schlafen und den Vorfall zu vergessen.
Unga beobachtete sie dabei und fragte besorgt: „Ist ihr etwas zugestoßen?"
„Zum Glück nicht", antwortete Coco. „Aber beinahe hätten wir alle von einem dämonischen Pretiosenhändler kunstvoll ausgeführte Möbius-Schmuckstücke verpaßt bekommen." „Es wird Zeit, daß wir dieses Haus durch einige Dämonenbanner schützen", sagte Dorian und machte sich an die Arbeit.
Yves Merger war ein einfacher Mann, der nur wenig zum Leben benötigte. Er besaß etwas karges Ackerland und einen kleinen Viehstall, der von seinem Knecht Louis betreut wurde. Und er betrieb auch eine kleine Muschelzucht.
Manchmal verkaufte er den gutgläubigen Touristen Bruchstücke von Menhiren, die von ihm selbst behauen worden waren. Damit verdiente er sich seinen Lebensunterhalt.
Als er an diesem Morgen aufwachte, fielen ihm sofort die seltsamen Schriftzeichen auf, die jemand auf sein Fenster gemalt hatte. Er war nicht abergläubisch, und deshalb machte er sich darüber keine Gedanken. Doch dann fand er auch an seiner Hausmauer solche Schriftzeichen. Sie waren mit einer silbernen Farbe hingemalt worden. Yves meinte, daß das recht lustig aussah, und beschloß, die Farbe nicht abzuwaschen. Wirklich, die fünfeckigen Sterne, die Quadrate mit den geschwungenen Zeichen darin und die anderen Figuren ließen das alte Gemäuer viel freundlicher erscheinen.
Beim Stall begegnete er seinem Knecht. Dieser einfältige Bursche war völlig aus dem Häuschen. „Letzte Nacht habe ich diesen unheimlichen Kerl mit dem Schnauzbart in den Stall gehen gesehen", berichtete er. „Ich bin ihm nachgeschlichen - und da sah ich, daß er die Wände mit silberner Farbe bekleckste. Ist das ein Verrückter?"
„Du solltest dir keine Gedanken darüber machen", sagte Yves.
Aus dem Haus erklang ein spitzer Aufschrei, und dann stürzte Daniele, Yves Tochter, nur mit einem Nachthemd bekleidet ins Freie. Sie hielt mit starrer Hand eine zehn Zentimeter hohe Statue in die Höhe, und es sah aus, als klebe sie an ihrer Handfläche.
Yves gab ihr zwei Ohrfeigen. Die eine für ihr
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