0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
Tücher, die sich um seinen Körper, den Hals und auch um das Gesicht gewickelt hatten. Als er neben der Tür stehenblieb, dabei tief einatmete, fiel ihm plötzlich ein, eventuell einen Fehler begangen zu haben. In der Kabine wäre er sicherer gewesen. Hier draußen war es für den Feind leicht, ihn anzugreifen. Zudem kamen ihm die Verhältnisse entgegen. Er konnte sich in der dicken Nebelsuppe anschleichen und würde erst im letzten Moment gehört werden.
Dieser Gedanke trieb ihm wieder einen Schauer über den Rücken, und Ken zog die Schultern in die Höhe. Es tat ihm gut, wenn er die Tür nicht schloß, so hatte er sich einen Fluchtweg offengelassen, falls es nötig war.
Die Stille und der Nebel hüllten ihn ein. Ken dachte auch daran, daß er mitten auf der Straße gestoppt hatte. Es hatte leider keine andere Möglichkeit gegeben. Wenn jemand dieselbe Strecke fuhr, konnte er nur hoffen, daß sein Truck stärker war als der andere Wagen. Seine Maschine stand dort wie ein mächtiger Klotz, der von wabernden Schleiern umgeben wurde, als wäre er eingepackt worden.
Plötzlich mußte er lachen. Ein normales Bedürfnis nach dem Schock. Er fragte sich auch, weshalb er hier neben dem Wagen stand und gegen die grauen Gardinen schaute. Er brauchte sich nur in den Truck zu setzen, den Motor anzustellen und wegzufahren.
Ganz einfach.
Trotzdem tat er es nicht.
Es waren die Neugierde und die Angst, die ihn dazu getrieben hatten. Er hatte etwas erlebt, das es nicht geben konnte. Da war aus dem Wolf ein Vogel geworden!
Aber so stimmte das auch nicht. Kein Vogel, mehr ein Rochen oder…?
Er überlegte, es lag ihm auf der Zunge. Seine Blicke schweiften dabei ab, sie suchten die Bäume, sie forschten nach Lücken zwischen den Stämmen, die als Versteck dienen konnten. Er hatte die Stirn in Falten gelegt, als er intensiv nachdachte, und plötzlich stieß er die Luft aus, von seiner eigenen Logik überrascht. Er hatte die Lösung gefunden.
Eine Fledermaus!
Ja! schrie es in seinem Hirn. Dieses Wesen hatte so ausgesehen wie eine Fledermaus, allerdings von einer unwahrscheinlichen Größe, wie sie in der normalen Natur nicht vorkam.
Kenneth Bromley spürte seinen Magen wie einen Stein im Körper liegen. Ihn schwindelte plötzlich, der Druck hinter seiner Stirn nahm zu. Er war bereit, sich selbst auszulachen, seltsamerweise schaffte er das nicht, denn der Gedanke, eine gewaltige Fledermaus gesehen zu haben, wollte ihm nicht aus dem Kopf.
Vom Wolf zur Fledermaus.
So etwas gab es nicht. Das durfte es nicht geben. Das war einfach der blanke Irrsinn.
Für einen Moment schloß er die Augen. Er merkte auch, daß er schwankte, und es war gut, den Truck als Stütze neben sich zu wissen. Von einer Fledermaus zu einem Vampir war der Weg nicht weit. Automatisch erinnerte er sich an all die Gruselgeschichten, die er früher gelesen hatte und heute manchmal noch las.
Wieder wuchs der Kloß…
Er öffnete die Augen.
Der Nebel war geblieben. Er klebte an der Fahrbahn, er wallte am Rand der Straße zwischen den Bäumen, er stieg aus den Gräben zu beiden Seiten wie dünne Leichenhemden in die Höhe, als wollte er sich am Geäst der Bäume festklammern.
Alles war normal geblieben, und dennoch glaubte Ken an eine Veränderung.
Es sah nichts, er spürte sie nur, aber plötzlich war etwas in seiner Nähe zu hören.
Ein seltsames Geräusch. Möglicherweise nur deshalb seltsam, weil es durch den Nebel zum größten Teil verschluckt worden war.
Flapp… flapp… flapp…
Ken geriet in erneute Aufregung, gleichzeitig verfluchte er den Nebel, denn dadurch konnte er nicht genau feststellen, aus welcher Richtung die Geräusche an seine Ohren gedrungen waren. Nebel und Dunkelheit beeinträchtigten die Sichtverhältnisse stark. Der Nebel glich immer stärker einer sich bewegenden Wand, die von nichts durchdrungen werden konnte, abgesehen von diesen ungewöhnlichen Geräuschen in seiner Nähe. Und sie nahmen an Lautstärke zu.
Da kam etwas.
Kenneth riß den Kopf hoch.
Genau im rechten Augenblick, denn so konnte er den Schatten sehen, der über ihm schwebte.
Riesig, unheimlich, ein sich bewegendes Tuch, das nicht lautlos durch den Nebel glitt, aber dabei war, den Dunst aufzurühren und Lücken zu schaffen.
Das war der Wolf, das war die Fledermaus!
Nein, das waren beide in einem. Eine Mutation, ein gewaltiges, monströses Etwas, und plötzlich zog er den Kopf ein, als sich der Schatten auf ihn zusenkte. Mit dem letzten Blick hatte er noch
Weitere Kostenlose Bücher