0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
wenig »tierhaft« vor, sie erinnerten ihn durchaus an die eines Menschen, der allerdings gnadenlos dreinblickte.
Frost in den Augen. Hinzu kam ein breiter Kopf, eine langgezogene Schnauze, ein mörderisches Gebiß und ein Fell, in dem sich Eisklumpen verknotet zu haben schienen, wobei es nur der dicke Nebel war, der den Körper umwehte.
Den ersten Schock hatte Kenneth Bromley überwunden. Allmählich wurde sein Gehirn wieder normal durchblutet, und er dachte darüber nach, wie er sich verhalten sollte. So sehr er sich auch anstrengte, er wußte es nicht. Er kam mit dem Erscheinen dieses Tieres einfach nicht zurecht. Irgendwo war eine Sperre eingebaut, da hakte es, und er merkte, wie sich die Kälte abschwächte und er sogar zu schwitzen begann.
Einfach starten und abfahren. Die Fliehkraft würde das Tier schon von der Kühlerhaube wirbeln.
Auf der anderen Seite hockte es nicht grundlos auf der Kühlerschnauze. Da steckte mehr dahinter, als er bisher überhaupt annehmen konnte. Dieser verfluchte Wolf hatte sich ihn als Ziel ausgesucht, für Bromley gab es keine andere Alternative. Er war derjenige, der sich in dieser Nacht…
Seine Gedanken brachen ab. Der Wolf hob den Kopf an, er riß das Maul weit auf, senkte den Kopf, und dicke Nebelschleier trieben genau in diesem Augenblick außen an der Scheibe entlang, so daß dem Fahrer die Sicht zum großen Teil genommen wurde. Er sah nur die Bewegungen innerhalb der Schwaden, war aber froh, daß dieses Tier noch auf der Haube hockenblieb und nicht gegen die Scheibe knallte. Seine Kraft würde groß genug sein, um das Glas zu zerschmettern, und dann würde es bitter, sehr bitter aussehen.
Der Nebel blieb noch.
Die Bewegungen des Wolfes ebenfalls.
Bromley hatte große Augen bekommen. Sein Mund stand offen. Obwohl er nicht zu viel sah, war ihm doch klar, daß mit dem Tier etwas Unheimliches geschah. Er bewegte nicht nur den Schädel, mit seinem gesamten Körper stimmte einiges nicht, und plötzlich war der Nebel weg.
Bromley hatte nun zwar keine freie Sicht, er konnte das Tier aber sehen, und was er sah, ließ ihn an seinem Verstand zweifeln.
Das war kein Wolf mehr, dieser Kopf paßte einfach nicht dazu. Er war schwarz, er war breit und flach, zudem dreieckig, und die Augen hatte sich verkleinert.
Die Verwandlung ging weiter. Ein übergroßer Vogel, ein großer Lappen, ein monströser Rochen oder irgendwas in dieser Richtung bewegte sich auf der breiten Kühlerhaube und blieb dort auch nicht mehr länger sitzen. Das Wesen katapultierte sich von der Haube weg. Es fiel jedoch nicht zu Boden, denn kaum hatte es den festen Untersatz verlassen, da bewegten sich die beiden Schwingen, und sie glichen wehenden Tüchern, die den Nebel durchdrangen, um wenig später von ihm verschluckt zu werden.
Der Wolf war verschwunden!
Ken saß auf seinem Sitz, als hätte man ihn dort festgenagelt. Es wollte ihm nicht in den Kopf, was er in dieser Nacht gesehen hatte. Er fragte sich, ob er noch normal war, ob ihm der wolkige und dichte Nebel etwas vorgezaubert hatte, doch das alles konnte er abhaken. Es stimmte nicht, es war eine Tatsache gewesen. Der Dampf, der Dunst, der… der…
»Scheiße«, flüsterte Ken und ballte seine Hände. Er schaute auf die Fäuste. Dabei drückte er seine Nägel gegen das Fleisch der Handballen, weil er den Schmerz spüren wollte, um so sicher zu sein, daß er keinen Traum erlebt hatte.
Hätte ihn jetzt jemand aufgefordert zu sprechen, es wäre ihm nicht möglich gewesen. Seine Kehle saß zu, da hatte jemand einen Kloß hineingestopft, den er auch durch heftiges Schlucken einfach nicht wegbekam. Er merkte, wie ihm kalt und heiß wurde, besonders die klebrige Kälte nahm zu.
Auf seinem Oberschenkel, wo ihn der heiße Kaffee getroffen hatte. Der Fleck war längst kalt geworden, da klebte der Hosenstoff auf dem Fleisch und war starr geworden.
Ken Bromley konnte es in der Kabine nicht mehr aushalten. Die Stille zerrte an seinen Nerven, er kam sich vor wie in einem Gefängnis und wollte aussteigen.
Zugleich erinnerte er sich an den Wolf, der keiner mehr war, denn er hatte sich zu einem Wesen verändert - jetzt lachte Ken über sich selbst -, das er mit einem Vogel verglich.
Einem riesigen Vogel, wie er in diesen Breiten nicht vorkam. Vergleiche mit Adlern oder einem Kondor fielen ihm ein. Sogar der Rochenfisch kam ihn in den Sinn, der aber lebte im Wasser.
Ken wollte raus.
Die Kälte erwischte ihn, als er die Tür öffnete. Sie kam ihm vor wie feuchte
Weitere Kostenlose Bücher