0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
Schritte, und sie würde endlich an das Blut herankommen…
***
Ich lag noch immer im Bett. Die Zeit verging quälend langsam. Ich hatte mich zuerst auf den Rükken gelegt, was mir auf die Dauer zu anstrengend wurde, so hatte ich dann einige Male die Stellung gewechselt, mal auf der rechten, mal auf der linken Seite gelegen, was auch nicht viel brachte. Ich hatte es schließlich riskiert, für einige Minuten im Zimmer umherzulaufen.
Danach ging es mir besser, auch wenn die dumpfen Kopfschmerzen noch nicht verschwunden waren.
Im Bett liegen, schwitzen, warten und immer wieder auf die Uhr schauen, deren Zeiger sich zwar weiterbewegten, mir dabei aber noch langsamer vorkamen als sonst.
Warten…
Jedes Geräusch nahm ich wahr. Es war still im Zimmer, still auf dem Gang. Wenn ich mal Tritte hörte, dann nur sehr schwach, aber sofort war ich hellwach und rechnete damit, daß jemand die Tür zu meinem Zimmer öffnen würde.
Das passierte nicht. Schwester Janet hatte mich als letzte besucht. Ich hatte mich durch den langen Schlaf zwar erholt, doch eine gewisse Müdigkeit kroch in meinen Körper, wogegen ich ankämpfte, denn es sollte mir auf keinen Fall so ergehen wie in der Nacht zuvor, als ich ein Schläfchen halten mußte.
Beinahe sehnte ich das Erscheinen der Vampirin herbei. Ein schneller Kampf, und es war vorbei.
Fragte sich nur, für wen, denn unterschätzen durfte ich dieses Wesen keinesfalls.
Obwohl ich noch keinen Beweis dafür erhalten hatte, ging ich davon aus, daß es sich bei meiner Gegnerin um eine dreigeteilte Persönlichkeit handelte.
Drei Monster in einem vereint.
Das war gefährlich.
Die Klinke bewegte sich.
Ich hatte die Tür zum Glück im Auge behalten, lag jetzt ganz still, hatte die Augen fast geschlossen und wartete ab.
Behutsam wurde die Tür aufgedrückt, so daß sich die Gestalt der Frau hindurchschieben konnte.
Frau? Schwester? Ärztin?
Im ersten Moment war ich irritiert, allein deshalb, weil die Person einen weißen Kittel trug.
Aber es war keiner vom Personal, denn diejenigen hätten sich nicht wie ein Dieb bewegt.
Es war Dorena.
Und sie war gekommen, um sich an meinem Blut zu laben…
***
Der Gang, die Stille, die Tür zu dem Zimmer, in dem ihr verfluchter Feind lag.
Dorena hatte es geschafft. Sie war sehr vorsichtig gewesen, und man hatte sie nicht entdeckt. Auch der Gang dieser Station war um diese Zeit menschenleer. Die Nachtschwester befand sich in ihrem Zimmer, auch die Ärzte hatten Ruhe, die Bedingungen waren also wunderbar, sie kamen ihr entgegen.
Mit instinktiver Sicherheit fand sie genau die Tür heraus, hinter der dieser Mensch lagt.
Dorena fieberte innerlich. Sie ließ sich trotzdem Zeit und überstürzte nichts.
Schon beim ersten Druck nach innen hatte sie festgestellt, daß der Raum nicht dunkel war. Eine auf dem Nachttisch stehende Kugelleuchte gab ihren Lichtschein ab. Es war nicht so kalt, was an der andersfarbigen Birne lag.
Absolute Finsternis wäre ihr lieber gewesen, aber das ließ sich später ändern. Wichtig war, daß sie das Zimmer endlich erreicht hatte und auch für sie gute Bedingungen vorfand.
Es sah alles danach aus.
Der Mann lag im Bett, er hielt die Augen geschlossen, er schlief. Etwas Besseres konnte ihr nicht passieren, und sie schloß die Zimmertür so leise wie möglich.
Sie riß den Mund auf, unterdrückte nur mühsam ein Lachen, denn auf keinen Fall wollte sie den Schlafenden aufwecken. Ihre Überraschung sollte tödlich sein.
Dorena stand so, daß das Bett mit dem Schlafenden in einer direkten Sichtlinie lag. Kein Umweg, hin, sich über den Schlafenden beugen, zubeißen und das Blut trinken.
Sie freute sich darauf, innerlich zitterte sie, dann setzte sie sich in Bewegung. Steif, langsam, so leise wie möglich, den Blick starr auf das Bett gerichtet.
Es lief alles bestens. Die Mächte der Finsternis standen voll und ganz auf ihrer Seite. Das Böse mußte gewinnen, es würde gewinnen, weil es stärker war.
Die Entfernung schrumpfte. Die Hälfte hatte sie bereits geschafft. Sie ging die nächsten Schritte und sah dabei aus wie eine Tänzerin, die noch übte, langsam und vor allen Dingen lautlos zu gehen.
Dann stand sie neben dem Bett. Sie senkte den Kopf.
Ihr Mund öffnete sich.
Die beiden Vampirzähne schimmerten auch deshalb so stark, weil das Licht der Kugellampe sie erwischte. Es war alles okay. Sie brauchte nur zuzubeißen.
Dorena senkte den Kopf und den Oberkörper. Dabei streckte sie auch die Arme vor, um eine
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