0882 - Der Sonnen-Dämon
denn er mußte die Antwort erst analysieren.
Seine Gedanken bewegten sich in verschiedene Richtungen. Er wußte selbst kaum, über was er alles nachdachte, aber das Resultat blieb gleich.
»Das bedeutete Tod«, flüsterte er.
»Ja!« bestätigte Kinok.
»Zahlreiche Morde - oder?«
»Auch das.«
»Und du… ich meine… du… du würdest es tun? Du würdest sie alle töten?«
Der Junge mit den goldenen Augen überlegte ziemlich lange. Dann hob er die Schultern. »Ich weiß nicht, ob ich sie töten würde. Es wäre auch für mich schrecklich. Ich würde es wirklich nur tun, wenn ich keine andere Möglichkeit sähe.«
»Gibt es die?«
»Ja?«
»Welche?«
»Ich brauche nur meinen Vater umzubringen!«
Guy Laroche sagte nichts mehr!
***
Der andere Morgen.
Wir hatten wohl alle drei wenig geschlafen und sahen dementsprechend müde aus. Ich war zu meinen Freunden nach nebenan gegangen, wo Shao einen starken Kaffee für mich kochte. Sie trank Tee, ebenso wie Suko. Da sie in der Küche hantierte, konnten Suko und ich reden, und ich wollte natürlich wissen, wie der Rest der Nacht verlaufen war.
»Wahrscheinlich ähnlich wie bei dir, John.«
»Ich habe wenig geschlafen, außerdem nicht gut, denn ich hatte immer darauf gewartet, daß plötzlich das Telefon schellt, aber das war nicht der Fall. Es kommt mir so vor, als liefe alles an mir vorbei.«
»Da hast du recht!«
»Du auch?«
Suko nickte. »Es ist ein Fall, bei dem wir außen vorstehen. Das einzige Bindeglied ist Shao. Sie hat die Verwandtschaft zu dem Jungen mit den goldenen Augen gespürt. Hast du dir über ihn schon Gedanken gemacht? Wer ist er?«
»Verlange keine genaue Erklärung von mir. Für mich ist er vorläufig noch ein Rätsel.«
»Ein gefährliches«, fügte Suko hinzu. »Vergiß nicht, daß er auch ein Mörder ist.«
»Das stimmt!« Ich nickte zweimal. »Du kannst mich jetzt für verrückt halten, ich sehe ihn trotz seiner Tat nicht als einen echten oder richtigen Mörder an. Er ist etwas anderes, er ist jemand«, ich dachte kurz nach und schaute auf den Tisch, der schon gedeckt war, »der unter Zwang gehandelt hat. Der nicht anders konnte, weil er eben unter dieser Kontrolle stand. Das ist nicht bewiesen, da verlasse ich mich einfach auf mein Gefühl und meine Menschenkenntnis.«
»Nicht schlecht gedacht.«
Ich war überrascht. »Du stimmst mir zu?«
»In diesem Fall schon. Auch ich glaube, daß der Junge unter Zwang gehandelt hat. Daß er die Tat tief in seinem Innern bereut. Er muß dazu gezwungen worden sein und hat später versucht, auf seine Weise wieder etwas gutzumachen.«
»Indem er dieses magische Hologramm aufbaute.«
»Und uns in die Vergangenheit schauen ließ. Er wollte uns einen Hinweis geben, John. Wir haben auch eine Spur, die nach Paris führt. Und zwar durch Shao. Sie wird in diesem Fall eines der Zentren sein. An sie müssen wir uns halten, wir allein können es kaum schaffen, davon gehe ich einmal aus.«
»Ja, das könnte stimmen. Das ist die eine Seite, da gibst du mir recht, Suko.«
»Immer.«
»Und dann haben wir noch die zweite.«
»Die Psychonauten.« Die Antwort zeigte, daß sich Sukos Gedanken auf derselben Ebene bewegten wie die meinen.
»Ja, die Psychonauten«, bestätigte ich. »Der Tote war ein Psychonaut, und Laroche ist ebenfalls einer. Wir haben bei beiden die dritten Augen gesehen. Ich bin der Meinung, daß diese Tatsache den Fall nicht einfacher macht.«
»Warum nicht?«
»Wer ist echt, wer ist unecht?«
Suko verzog das Gesicht. »Du denkst an damals?«
»Ja.«
»Es war schlimm«, flüsterte Suko. »Ägypten, die falschen Psychonauten, die einen hohen Preis für ihre Wiedergeburt hatten zahlen müssen. Sie kehrten in gewisser Weise als Ghouls zurück und sind durch das Licht zerstrahlt worden.«
Er hatte recht. Nur schaudernd erinnerte ich mich an dieses gewaltige Abenteuer, das seinen Abschluß in der Cheopspyramide gefunden hatte. Zuvor hatte eine junge Frau namens Fatima eine wichtige Rolle gespielt. Sie hatte vor Tausenden von Jahren als Prinzessin existiert, war ebenfalls wiedergeboren und hatte ihr altes Wissen dazu verwenden können, das geheimnisvolle Tor zu öffnen. Sie war von den unechten Psychonauten entführt worden, um denen ihr Wissen mitzuteilen. Nun ja, wir hatten sie befreien können, und schließlich waren auch die unechten Psychonauten vernichtet worden. Eine Horde Ghouls, mehr nicht…
Aber ich dachte auch an den Ratschlag der echten Psychonauten, die mir einmal
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