0882 - Der Sonnen-Dämon
von den gelben Zähnen und grinste wie ein Raubtier. Er konnte nicht während des Fluges ausgestiegen sein, er mußte etwas getan haben, um zu seinem Vater auf der anderen Gangseite zu gelangen. Das war klar, und deshalb drehte Laroche auch den Kopf.
Aber auch der Platz war leer.
Dafür schauten ihn fremde Gesichter entsetzt an. In der unmittelbaren Nähe waren einige Passagiere aufgestanden. Sie drängten sich zusammen, wobei die kleineren versuchten, über die Schultern der größeren hinwegzuschauen.
Die Schreie, die Laroche gehört hatte, mußten von ihnen abgegeben worden sein. Wahrscheinlich waren es die Laute der Überraschung gewesen, er hatte sie in seiner Panik nur falsch eingestuft.
Auch das Begleitpersonal war erschienen, wobei er eine von ihnen nicht kannte. Die zierliche Person hatte ihren Platz in der ersten Klasse gehabt.
Er kam nicht mehr zurecht, verspürte aber ein Glücksgefühl. Der Mann freute sich wahnsinnig darüber, noch am Leben zu sein, er hätte am liebsten fremde Menschen umarmt, beließ es aber bei einem leisen Lachen, verbunden mit einem Kopfschütteln. Erst als die Frauenstimme einige Male »Sir, Sir« rief, schaute er hoch. Die zierliche Stewardeß hatte sich ihm entgegengebeugt, umringt von ihren Kollegen und Passagieren.
»Meinen Sie mich?«
»Ja, Sie.«
»Bitte…«
Das Lächeln der jungen Frau wirkte verlegen. »Es tut mir leid, aber wahrscheinlich sind Sie auch nicht der richtige Ansprechpartner, aber ich möchte zu gern wissen, ob neben Ihnen ein Junge gesessen hat.«
Laroche drehte den Kopf und schaute auf den leeren Sitz. Er wollte Zeit gewinnen, um sich eine Antwort zu überlegen, und seine eigene Frage kam ihm dumm vor. »Sehen Sie jemand?«
»Nein, Sir, aber…«, die Stewardeß brach hilflos ab.
Der Purser stand ihr zur Seite. »Neben Ihnen hat jemand gesessen und auf der anderen Seite auch.«
Er deutete mit dem Zeigefinger auf den leeren Sitz. »Sie kannten doch den Jungen. Ich bin mir sicher, daß Sie zusammen eingestiegen sind.«
»Wenn Sie das meinen.«
»Sie haben also nicht mitbekommen, daß zwei unserer Fluggäste verschwunden sind?«
Laroche hob die Schultern. »Ich sah wahrscheinlich ebensoviel wie Sie. Einen grellen Blitz, dann war es vorbei. Ich habe die Augen sicherheitshalber geschlossen. Als ich sie dann wieder öffnete… nun ja, da war der Junge weg.« Laroche grinste. »Einfach so.«
Den anderen war nicht nach Lachen zumute. Sie kamen mit diesem Vorgang nicht zurecht, und auch Laroche konnte ihn nicht begreifen, wenn er ehrlich gegen sich selbst war.
Aber er wußte doch, daß der Kampf zwischen Vater und Sohn unentschieden ausgegangen war. Es hatte keinen Sieger gegeben. Vielleicht würden sie sich an einer anderen Stelle wiedertreffen, um es noch einmal zu versuchen. Zunächst einmal hatte Guy Ruhe.
Die Menschen um ihn herum waren nicht nur ratlos. Ihre Gesichter und der Ausdruck ihrer Körperhaltungen zeigten Furcht. Sie wichen dann vor Laroche zurück, als wüßten sie, daß er dabei war, einen fremden Virus mitzubringen.
»Ich kann Ihnen keine Erklärung geben«, sagte er. »Es tut mir selbst leid.«
»Schon gut, Sir«, erklärte der Purser. Ihm und seinen Kollegen war anzusehen, daß man Laroche kein Wort glaubte. Aber beweisen konnte man ihm auch nichts.
Er war froh, in Ruhe gelassen zu werden, aber er wußte auch, daß er noch längst nicht aus dem Schneider war. In London würde es weitergehen, davon war er überzeugt.
Und weil er dies so genau wußte, zerfaserte das Lächeln auf seinen Lippen und schuf dem gespannten Ausdruck einer Furcht vor der Zukunft Platz…
***
Mit dem Anbruch des Tages hatten auch wir den Airport erreicht und uns dort zwangsläufig in den ersten Trubel gestürzt, wobei die Passagiere, die um diese Zeit starteten, sich auskannten, denn es waren zu fast hundert Prozent Geschäftsleute und Vielflieger. Der ganz große Verkehr würde noch einsetzen, und wir hatten Zeit bis zur Landung der Maschine. Shao war ziemlich blaß, als sie aus dem geparkten Rover stieg. Sie hatte sowieso die gesamte Fahrt über wenig geredet und war tief in ihre eigenen Gedanken versunken gewesen.
Der Himmel zeigte eine blasse Sonne, kaum Wolken, und das schöne Wetter sollte noch anhalten.
Ich schloß den Wagen ab und folgte den beiden Freunden in Richtung Terminal. Die Parkgebühr hatte ich bezahlt. Über mir hörte ich das Dröhnen der Triebwerke. Ein gewaltiger Jumbo senkte sich dem Erdboden entgegen.
Vor mir gingen Shao
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