0882 - Der Sonnen-Dämon
und Suko. Die Chinesin hatte ihren linken Arm um Sukos Körper gelegt und preßte sich beim Gehen dicht an ihn, als suchte sie einen Beschützer. Auch mit dem Kopf berührte sie seinen Körper. Sie machte auf mich den Eindruck einer unsicheren Person. Ich beschloß doch, sie nach den Gründen zu fragen. Wir steuerten ein Café an, in dem eine gewisse Unruhe herrschte, denn die Gäste schluckten ihre Getränke mehr oder weniger hastig, und schauten häufig auf die Uhr und die Anzeigetafeln.
Die Maschine aus Paris war noch nicht gelandet. In einer Sitzecke drängten wir uns zusammen. Vor uns auf dem Tisch standen die Tassen mit dem dampfenden Kaffee. Die üblichen Terminal-Geräusche umgaben uns wie eine nie abreißende Musik.
Auch Suko und Shao tranken Kaffee, das heißt, Shao starrte in ihre Tasse wie eine Wahrsagerin in die Kugel.
Ich stellte meine Tasse nach den ersten beiden Schlucken ab und sprach Shao direkt an. »Du hast doch was.«
Sofort nickte Suko. »Das habe ich sie auch gefragt, aber sie will nicht mit der Sprache heraus. Vielleicht hast du mehr Glück.«
Shao schaute mich an. Sie war blaß. Ringe lagen unter ihren Augen. Das konnten Rückschlüsse auf die vergangene Nacht sein, mußten es aber nicht. Sie schüttelte den Kopf und gab eine leise Antwort, wobei sie wieder in die Tasse starrte. »Mit mir ist nichts, darauf könnt ihr euch verlassen.«
»Aber…?«
Nun ging Shao auf unsere Fragen ein. »Ich kann es euch nicht genau sagen, weil ich es selbst nicht genau weiß. Reicht es euch, wenn ich von einer inneren Unruhe spreche?«
»Bestimmt nicht«, sagte Suko.
Ich schlug in dieselbe Kerbe. »Die Unruhe muß doch mit etwas zusammenhängen, denke ich mal.«
»Ja, das ist richtig.«
»Hast du darüber nachgedacht?«
»Es könnte an Kinok liegen.«
»Aha.«
»Nichts aha, John. Ich habe nur gesagt, daß es an ihm liegen könnte.«
»Schon gut, schon gut. Und warum könnte es an ihm liegen? Das möchte ich gern wissen.«
»Genau darüber grübele ich nach«, murmelte sie. »Er und Laroche befinden sich auf dem Weg von Paris nach London. Sie sitzen in einem Flugzeug, und ich werde einfach den Eindruck nicht los, daß damit etwas passiert ist.«
Suko und ich erschraken zugleich. Ich schluckte noch, holte Luft und fragte: »Du denkst doch nicht an einen Absturz?«
»Es kann alles sein. Es ist ja schon komisch, da wir auf eine ungewöhnliche Weise miteinander verbunden sind, nur kann ich nicht herausfinden, wie es ihm geht und was er denkt. Ich spüre nur, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Es sind gewisse Vibrationen, die mich erreichen, und sie zu deuten, ist nicht so einfach.«
»Du würdest aber feststellen können, ob er noch lebt - oder nicht?« fragte Suko.
»Das sicher.«
»Und - lebt er?«
Shao überlegte, dann nickte sie. »Ja, er lebt, aber es ist trotzdem etwas passiert.«
»Befand sich eine Gefahr in seiner Nähe?« wollte ich wissen.
»Das denke ich.«
»Er hat sie aber überstanden?« Sie hob die Schultern.
»Doch, er muß sie überstanden haben«, sagte Suko, der sich zur Seite gedreht hatte, um die Anzeigetafel unter Kontrolle zu haben. »Die Maschine aus Paris ist gelandet.«
Für uns war der Zeitpunkt gekommen, die Cafeteria zu verlassen. Weit war es nicht bis zu dem Ausgang, aus dem die Passagiere kommen würden. Dort bauten wir uns auf und mußten warten, bis die ersten Passagiere erschienen.
Shaos Nervosität wuchs. Sobald die schwarzen Doppelglastüren aufgingen, versuchte sie, einen Blick auf die Passagiere zu erhaschen, aber sie schüttelte jedesmal den Kopf und sagte: »Kinok ist nicht zu sehen.«
»Er wird noch kommen«, sagte Suko. Seine Stimme klang dabei wenig überzeugend.
»Ich glaube es nicht.«
»Er ist doch gestartet«, sagte ich.
Shao hob die Schultern.
Natürlich warteten wir nicht nur auf den Jungen, sondern auch auf Guy Laroche. Auch wenn er um einige Jahre gealtert war, würden wir ihn erkennen, doch seltsamerweise tauchte er nicht auf. Als die letzten Passagiere an uns vorbeigegangen waren, standen wir ratlos da und schauten uns noch ratloser an.
»Ich habe recht behalten«, sagte Shao.
»Es gibt nur eine Möglichkeit. Die beiden sind erst gar nicht in Paris eingestiegen.«
»Sie sind es!« erwiderte Shao voller Überzeugung. »Ich habe es gespürt. Es gab diese Vibrationen zwischen uns. Ich weiß, daß sie in der Maschinen gesessen haben…«
»Es kam doch zu Unstimmigkeiten«, sagte Suko.
Shao hob die Schultern. »Irgendwo schon. Nur
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