0882 - Der Sonnen-Dämon
all den normalen Passagieren aufgefallen war.
Laroche staunte mich an. »Aufgefallen? Nein, Mr. Sinclair, auf keinen Fall. Bei allem was recht ist. Er sah nicht aus wie eine Mumie.«
»Aha.«
»Wie denn?« fragte Suko.
»Tja.« Der Mann hob die Schultern. »Das ist nicht einfach zu sagen. Er war ein Mensch.« Laroche hob die Schultern. »Vor seinem Aussehen konnte man sich schon fürchten. Er hatte ein flaches Gesicht und böse Augen. Er hätte ohne weiteres in einem Gruselfilm mitspielen können.«
»Sie sind also weg!«
»Ja.«
»Und warum sind sie weg? Welchen Grund gab es für ihr Verschwinden? Haben Sie sich darüber Gedanken gemacht?«
Laroche hob mit einer hilflosen Geste die Schultern. Was eigentlich alles sagte.
Dafür übernahm Shao das Wort. »Es muß mit den Psychonauten zusammenhängen«, erklärte sie.
»Für mich gibt es da keine andere Möglichkeit.« Sie blickte uns an, hörte keinen Widerspruch und sprach deshalb weiter. »Dieser Sorath ist ein Dämon. Ein Dämon der Sonne. Er ist ein Feind der Psychonauten, davon gehe ich aus, obwohl ich sie nicht kenne, aber ich weiß, daß sie andere Ziele verfolgen. Wenn Sorath sie als Feinde ansieht, kann es auf der anderen Seite ebenso sein. Auch er ist für die Psychonauten ein Feind. Sie haben ihn erkannt, sage ich mal. Sie wollen ihn töten, aber auch Sorath hat das eingesehen und will sie vernichten. Nur tritt er nicht voll ins Rampenlicht, er hat einen Helfer bekommen, einen Jungen. Es ist ein Kind, das Kind der Mumie, sein Sohn. Nur hat er sich in ihm geirrt, denn der Junge wollte nicht mitmischen, aus welchen Gründen auch immer. Einmal hat er seine Kraft eingesetzt, wir haben den Tod des Francis Clayton erlebt. Vielleicht hat er Gewissensbisse bekommen, ich weiß es nicht. Jedenfalls hat er mir das Leben gerettet und Ihnen auch, Mr. Laroche, zumindest indirekt, sage ich mal.«
Der Archäologe nickte.
Shao hatte Luft geholt und fuhr fort. »Was wir wissen, das ist auch seinem Vater bekannt. Deshalb wird er ihn aus dem Weg geschafft haben. Was er mit ihm tat, ob er ihn bestrafte, weiß keiner von uns. Nehmen wir das Beste für ihn an. Nehmen wir an, daß er noch lebt.«
»Er ist also unsere letzte Hoffnung«, stellte Laroche fest.
»Richtig.«
Der Archäologe schüttelte den Kopf. »Ich überreiße es nicht. Es ist mir einfach zuviel und…«
»Aber Sie sind ein Ziel«, sagte ich.
Die Worte hatten ihn getroffen. Er schwieg, schluckte dann und schaute mich an. »Wieso?«
»Denken Sie an Ihr drittes Auge.«
Der Mann senkte den Blick. »Das ist ein Problem«, flüsterte er, »das ist ehrlich ein Problem, mit dem ich nicht zurechtkomme.« Er schüttelte sich. »Glauben Sie denn, daß es mir Spaß bereitet, dieses Leben zu führen! Es ist jahrelang gutgegangen, da habe ich nichts gespürt, aber irgendwann ist es dann passiert.« Er tippte gegen seine Stirn. »Da wußte ich plötzlich, daß in mir etwas anders war. Daß ich nicht so bin wie die meisten Menschen. Etwas hat da nicht geklappt. Ich merkte den Druck, aber ich spürte auch, daß sich meine Träume und mein Schlaf veränderten. Es gab bei mir nicht mehr die absolute Ruhe, wie ich sie sonst kannte. Ich schlief nicht so tief durch. Ich wurde immer wieder von ungewöhnlichen Träumen geplagt. Etwas peitschte in mir hoch. Gedanken und Erinnerungen quälten mich, die auch dann nicht aufhörten, als ich wieder erwacht war und meiner Arbeit nachging. Ich wußte nicht, was mit mir los war. Ich habe schließlich Ärzte aufgesucht, wurde medizinisch und auch psychisch durch die Mangel gedreht, aber es kam nichts dabei heraus, abgesehen von einigen Alterswehwehchen. Das Problem blieb nicht nur, es verstärkte sich noch - bis zu dem Tag, als es unerträglich wurde, ich aber zugleich die Lösung bekam.«
»Das dritte Auge?« fragte Suko.
Er nickte heftig. »Ja, das dritte Auge. Es zeigte sich auf meiner Stirn. Ich mußte es annehmen, ich konnte es auch ablehnen, aber ich entschloß mich, es anzunehmen. Ich sah es als Fügung an und als einen Hinweis für die Zukunft. Ich bin von Beruf Archäologe und habe mich stark mit den Problemen und der Erforschung des Altertums beschäftigt, wobei ich auch zwangsläufig die Mythen streifte. Das heißt, ich las mich dort ein, und ich erfuhr wirklich ungewöhnliche Dinge. Nicht nur, was man als Kind in der Schule mitbekommt, nein, ich drang eben tiefer ein. Ich hatte damals das Gefühl, an einem Band zu hängen, das mich zu einem bestimmten Ziel leiten
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