0882 - Der Sonnen-Dämon
wollte. Ich ging immer weiter, gelangte zu diesem Ziel, und dann erfuhr ich etwas über die Psychonauten, daß es sie noch gab, daß ich nicht der einzige bin. Das Wissen der Alten Zeit wäre in uns verborgen, konzentriert innerhalb des dritten Auges, denn es ist ja das Auge, mit dem wir sehen können, nur nicht die Dinge, die um uns herum passieren, sondern die, die innen passieren. Ein geistiges, ein esoterisches Auge, wie immer Sie es auch nennen wollen, ist bei mir zum Vorschein gekommen. Ich wußte nicht, ob ich darüber glücklich sein sollte oder nicht und entschied mich dafür, es hinzunehmen. Mehr noch, ich wollte dieses dritte Auge einfach einsetzen. Ich sah es als einen Helfer an, der mir den Weg in die Zukunft zeigte. Ich stand plötzlich vor einer Schwelle, die nicht sehr hoch war, ich brauchte nur den Fuß anzuheben, um sie zu überschreiten. Sehr bald merkte ich, daß sich mein altes Wissen auf ein bestimmtes Gebiet konzentrierte, auf die Umgebung der bis heute rätselhaften Cheopspyramide. Damit wollte ich etwas anfangen, und ich kannte einen Kollegen«, er schluckte, »den leider verstorbenen Francis Clayton, der sich ebenfalls Gedanken um die Pyramide gemacht hatte. Den Abend werde ich nie vergessen, als wir beide zusammensaßen. Wir tranken Rotwein, wir diskutierten über die versunkenen Schätze des Altertums und näherten uns allmählich dem eigentlichen Thema.«
Ich unterbrach ihn mit einer Zwischenfrage. »War Ihr Kollege auch ein Fachmann für das alte Ägypten?«
»Ja.«
»Und dann?«
»Der Wein war stark. Er lockerte unsere Zungen. Es kam wie von selbst, daß ich mich offenbarte. Sie müssen berücksichtigen, daß ich unter meinem Schicksal gelitten habe. Es war nicht einfach, mit der Bürde umherzulaufen. Wie dem auch sei, dieses Thema kam zur Sprache, und ich hatte wirklich mit allem gerechnet, nur nicht mit dem, was tatsächlich passierte.« Er lachte und schüttelte den Kopf, als könnte er es selbst noch nicht fassen. »Es war einfach unwahrscheinlich. Ich erfuhr, daß mein Freund und Kollege das gleiche Schicksal teilte wie ich. Auch er ist ein Psychonaut gewesen.«
Plötzlich blitzten seine Augen. »Stellen Sie sich das einmal vor. Ich hatte einen Verbündeten gefunden. Ich jubelte auf. Ich war wie von Sinnen. Ich hätte am liebsten getanzt, ich war einfach…«, er schnappte nach Luft, »wie elektrisiert. Ich hatte neuen Mut gefunden, und mein Freund Francis dachte ebenso. Von nun an arbeiteten wir noch stärker zusammen. Wir bildeten ein tolles Team, wir beschäftigten uns weiter intensiv mit der Erforschung der Pyramide, und zwar mit den Gängen, die sonst für die Wissenschaft gesperrt sind. Den Grund kenne ich nicht. Wahrscheinlich wollen die Ägypter nicht, daß gewisse Dinge ans Tageslicht gelangen, aber darüber brauchen wir jetzt nicht zu reden. Wir hatten einen Hinweis auf eine Grabkammer erhalten, die noch nicht gefunden war, zumindest nicht offiziell. Wir aber fanden sie, und die Kraft unserer dritten Augen öffnete uns den Weg in die Tiefen dieses Grabes. Was wir dort erlebten, ist…«
Ich winkte ab. »Das kennen wir, Monsieur Laroche. Wir haben es durch den Jungen erlebt. Aber ich habe eine andere Frage. Wußten Sie schon zuvor, was Sie hinter der Tür dieser Grabkammer erwarten würde?«
Laroche überlegte einen Moment. »Wenn Sie mich so fragen, kann ich Ihnen nur schwer eine Antwort geben.«
»Sie wußten es also nicht?«
»Doch, wir ahnten es. Wir haben von Göttern gehört, uns war der Name Sorath schon ein Begriff. Wir rechneten damit, eine Kult- oder Grabstätte zu entdecken, was letztendlich auch geschah. Daß der Dämon allerdings lebt, das hatten wir nicht angenommen.«
Ein leises Geräusch ließ uns zusammenfahren. Wir schauten zur Tür und sahen, daß sie ins Schloß fiel. Gregory hatte den Raum verlassen. Ihm war unser Gespräch zu suspekt. Sicherlich hielt er uns für Spinner. Sollte er, so brauchten wir keine Rücksicht zu nehmen.
Suko stellte eine Frage. »Glauben Sie denn, daß die Mumie mit dem Sonnen-Dämon Sorath identisch ist?«
Laroche hob die Schultern.
Der Inspektor war damit nicht zufrieden. Er wandte sich zuerst an mich, dann an Shao, um unsere Meinung zu hören. Ich hielt mich raus, denn ich war der Meinung, daß sich Shao aufgrund ihrer Vergangenheit mit diesem Thema eher beschäftigen konnte.
Von ihr erhielten wir auch eine Antwort. »Ich kann es mir nicht vorstellen«, sagte sie leise. »Ich kann es mir beim besten Willen
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