0883 - Mörderisch
mal als Schatten durch den Nebel streifen.
Dabei konzentrierte ich meine Suche auf einen bestimmten Teil des Dorfes. Ich näherte mich wieder der Stelle, an der ich in den Ort eingefahren war, denn von dort war für eine Weile auch der Gesang der Geister an meine Ohren gedrungen.
Seit einiger Zeit hörte ich ihn nicht mehr. Dabei konnte ich mir nicht vorstellen, daß die Freunde schon aufgegeben hatten. Sie hatten sicherlich eine Pause eingelegt. Einige Stunden waren vergangen, auch derartige Spaziergänge strengten an.
Ich hatte mich nicht nur auf der Hauptstraße aufgehalten, sondern einen Bogen geschlagen und war nahe der Kirche vorbeigekommen. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, daß ein teuflischer Killer wie Natas derartige Orte mied, schließlich hatte er vor meinem Kreuz ebenfalls schon Angst gezeigt.
Die Kirche blieb zurück. Normalerweise hätte ich mich mit dem Pfarrer unterhalten, die Zeit hatte ich nicht. So mußte ich ohne Verbündeten auskommen.
Fast jeder noch so kleine Ort hat auch einen Friedhof. In Quindon war das ebenfalls der Fall. Wie üblich fand ich ihn neben der Kirche, ein Gitterzaun umgab ihn, und die Nebelschleifen umwallten die Grabsteine und Kreuze.
Über einen Kiesweg gelangte ich in eine schmale Gasse, wo die kleinsten Häuser standen. Mir wehte der kalte Nebel entgegen, er kroch auch außen an den Mauern entlang und sorgte eben für diese dichte und kompakte Stille.
Obwohl ich mit beiden Füßen auf dem Boden stand, hatte ich manchmal das Gefühl, über dem Erdboden zu schwimmen. Ich ruderte regelrecht durch den Nebel. Er kam mir vor wie ein nie mehr verschwindender Begleiter, er sorgte für die Kälte auf meiner Haut und auch für die zwischen den Häusern in der Gasse.
Lichter hinter den Fenstern sandten matte, gelbe Grüße nach draußen. Jedes Licht bedeutete ein Menschenleben und auch ein neues Opfer für den teuflischen Halloween-Killer.
Am Ende der Gasse blieb ich stehen.
Vor mir lag keine weitere Straße, sondern ein etwas größerer Platz. Sicherlich ideal für Dorffeste, auch wenn er um diese Zeit hier menschenleer war.
Der Nebel trieb darüber hinweg.
Schattenhaft sah ich an der gegenüberliegenden Seite die Häuser. Auch rechts von mir und ziemlich weit entfernt entdeckte ich den Umriß eines Gebäudes. Es war sogar ziemlich groß. Das konnte meiner Ansicht nach eine Scheune oder auch ein Spritzenhaus sein, wie man es öfter in den Dörfern fand.
War es dort heller?
Ich hatte etwas gesehen, war aber verunsichert und mußte, um es genauer sehen zu können, näher heran.
Ich bewegte mich so lautlos wie möglich. Geduckt schlich ich durch die fahlen Schleier und hatte das Gefühl, eins mit ihnen zu werden. Das Licht blieb, ich hatte mich nicht geirrt, und ich wollte sehen, was sich dort verbarg.
Für einen Moment veränderte es sich. Der Schein nahm zu, ich sah sogar die grauen Wolken in ihn hineintreiben und eine rötliche Färbung bekommen.
Dann verschwand er wieder.
Für einen Moment blieb ich stehen und dachte nach. Wenn so etwas eintrat, mußte es einen Grund dafür geben, und dieser Grund konnte wahrscheinlich das Öffnen und Schließen einer Tür gewesen sein.
Wieder kreisten meine Gedanken um die menschlichen Halloween-Geister. Die grauenhaften Morde hatte ich aus meinem Hirn verbannt, ich dachte jetzt normal nach, fügte Steinchen für Steinchen zusammen und erreichte zumindest für mich ein Ergebnis.
Es war durchaus möglich, daß die Sänger eine Pause eingelegt hatten und sich in dem Gebäude links von mir aufhielten. Hoffentlich, dachte ich, denn dann lebten sie noch.
Beruhigter ging ich weiter…
***
Die Tür war zugefallen, und zehn junge Menschen fühlten sich wie in einer Falle sitzend.
Der Killer war da.
Und damit war auch das Böse gekommen. Es stand in ihrer Nähe, sie konnten es sehen, sie waren vor Entsetzen stumm, und jeder wußte, daß sich dieser Mensch nicht verkleidet hatte. Er sah so aus.
Die frischen Kerzen in den Laternen brachten recht große Flammen zustande. Ihr Licht strahlte flackernd durch die Öffnungen und breitete sich vor den Masken nach bestimmten Mustern auf dem Boden aus, so daß auch der Eindringling im Hellen stand.
Er war sehr gut zu sehen!
Von unten her glitt der Lichtschein an seinem Körper hoch. Er hinterließ auf ihm ein schwaches Muster, das sich aus Helligkeit und Schatten zusammensetzte. Es ließ sein kahles Gesicht so aussehen, als würde es sich bewegen, aber abgetrennt vom Körper, mit einem
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