Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0887 - Das Horror-Pendel

0887 - Das Horror-Pendel

Titel: 0887 - Das Horror-Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
einen dicken Kopf, auf dem dünnes Haar wuchs.
    »Kommst aus dem Osten, wie?«
    »Ja, hört man das?«
    »Sachse?«
    »Stimmt.«
    »Meine Tante wohnt noch immer in Dresden.« Der Knabe schniefte. »Schöne Stadt, wirklich, eine schöne Stadt.«
    »Ich komme aus Leipzig.«
    »Oh, dort ist doch die Mafia. Mit Grundstücken und so?«
    »Gibt es die hier in Hamburg nicht?«
    »Wahrscheinlich auch. Aber hier sind die Leute hanseatisch vornehm, wenn Sie verstehen.«
    »Klar.«
    Harry Stahl bekam endlich den Weg erklärt und war froh, nicht mehr weit laufen zum müssen. Ihm gefiel die Umgebung, denn St.
    Pauli war ein Stadtteil, der lebte.
    Hier ging die Post ab, hier war der Bär los, und der Begriff der multikulturellen Gesellschaft bestand nicht nur aus einer Worthülse.
    Wer griechisch, türkisch, indisch oder italienisch essen wollte, konnte das tun, und auch in den zahlreichen Kneipen hielten sich nicht nur Gäste mit heller Hautfarbe auf.
    Karin Hollmann wohnte am Ende der Straße in einem von drei noch neu aussehenden Häusern. Harry hatte sich telefonisch nicht angemeldet, er hoffte einfach, Frau Hollmann anzutreffen. Auch die Reeperbahn war nicht weit entfernt, bot allerdings bei dieser kühlen Witterung eher ein trauriges Bild.
    Auf einem großen Klingelschild suchte er nach dem Namen Hollmann. Er fand ihn im oberen Drittel, klingelte und konzentrierte sich auf den Lautsprecher neben dem Brett.
    Es dauerte ziemlich lange, und Hollmann wollte die Hoffnung schon aufgeben, als er das leise Knarren vernahm und dann eine schwach klingende Stimme.
    »Wer ist da?«
    »Mein Name ist Harry Stahl. Ich möchte Sie gern für einige Minuten sprechen, Frau Hollmann, wenn das möglich ist.«
    Schweigen.
    Neben Harry öffnete sich die Tür, zwei Kinder stürmten aus dem Haus und rannten lachend auf die Straße.
    »Sie sind noch da, Frau Hollmann?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Haben Sie es sich überlegt?«
    »Was wollen Sie denn von mir?«
    Harry lächelte. Die Frage ließ ihn hoffen. »Es geht um Ihren Mann…«
    Wieder Schweigen. Dann die Frage: »Sind Sie von der Polizei?«
    »So ähnlich.«
    »Was heißt das? Ein Detektiv?«
    »Nein, kein privater, Frau Hollmann. Ich arbeite für die Regierung.«
    »Und was hat das mit meinem Mann zu tun?« kam sofort die nächste Frage.
    »Kann ich Ihnen das von Angesicht zu Angesicht erklären?«
    »Gut, wie Sie meinen. Kommen Sie hoch in die fünfte Etage. Sie können den Lift nehmen.«
    »Danke.« Harry hörte den Türsummer, betrat den Flur, dessen Wände beschmiert und mit dummen Parolen besprayt worden waren.
    Der Lift war schmal und schmutzig, aber er transportierte den einsamen Fahrgast bis hoch in die fünfte Etage, wo er ausstieg und sich in einem Flur wiederfand, dessen hellgraue Wände im Laufe der Zeit nachgedunkelt waren.
    Ein Gang nahm den Besucher auf.
    Karin Hollmann hatte ihre Wohnung verlassen und erwartete den Besucher vor der Tür stehend.
    Sie war eine mittelgroße Frau um die Dreißig mit kurzen, blondbraunen Haaren. Ihr Gesicht war schmal, die braunen Augen zeigten einen traurigen Blick, der bewies, wie sehr Karin Hollmann unter dem Verschwinden ihres Mannes litt. Sie trug Jeans und einen dünnen Pullover. Die Ärmel hatte sie bis zu den Ellbogen hochgeschoben.
    Harry reichte ihr die Hand. Der Druck wurde von der Frau kaum erwidert. »Bitte, kommen Sie rein.«
    Er betrat einen schmalen Flur und folgte der Frau ins Wohnzimmer, durch dessen Fenster er über Hausdächer hinweg bis auf die Elbe schauen konnte, wo er die Aufbauten einiger Schiffe erkannte.
    Die Einrichtung entsprach der einer deutschen Durchschnittsfamilie. So hätten die Möbel auch in einem Kaufhaus ausgestellt oder in einem Katalog abgebildet sein können.
    »Nett haben Sie es hier, Frau Hollmann.«
    Sie hob nur die Schultern.
    »Darf ich mich setzen?«
    »Natürlich, entschuldigen Sie, daß ich so unhöflich war, Ihnen keinen Platz anzubieten.«
    »Macht nichts.«
    Harry Stahl ließ sich in einem grünen Sessel nieder. Frau Hollmann entschied sich für einen Stuhl, nahm dort aber noch nicht Platz, sondern blieb dahinter stehen und legte eine Hand auf die Lehne. »Ich habe Kaffee gekocht, möchten Sie eine Tasse trinken?«
    »Gern.«
    Es dauerte nicht lange, da kehrte Karin Hollmann aus der Küche zurück. Sie baute die Tassen auf, schenkte ein, brachte Milch und Zucker, und Stahl sah, wie sehr ihre Finger zitterten. Die Nervosität dieser Person war groß. Hin und wieder schaute sie Harry an, als

Weitere Kostenlose Bücher