0889 - Der Robot-Vampir
andere nicht verschwunden war. Das Monster würde zurückkehren und zurückschlagen, denn er spielte dieses Spiel nicht zum erstenmal.
Zeit verstrich.
Ohne sich zu bewegen, blieb er auf seinem Platz hocken. Sein Zimmer kam ihm anders vor. Zumindest die Luft. Sie hatte sich aufgeladen und knisterte.
Oder bildete er sich das ein?
Er hatte dieses Monster kennengelernt. Jemand hatte ihm die CD-Rom geschenkt und ihm viel Freude damit gewünscht. Er wußte nicht, ob er sie je haben würde, denn was ihm diese CD-Rom wiedergab, war keine Freude. Im Gegensatz zu seinen anderen war es ihm bei dieser nicht gelungen, sie zu beherrschen. Sie führte ihr eigenes Leben und machte mit ihm, was sie wollte. Zumindest die Figuren. Das hatte er wieder erleben müssen.
Warten.
Irgendwann würde das Monstrum von seinem Ausflug zurückkehren. Wie und was es mitbrachte, das konnte er nicht sagen. Es war immer für Überraschungen gut. Einmal war es mit einer toten Katze zurückgekehrt. Till war sicher, daß er auch jetzt eine Beute mitbringen würde. Vielleicht einen Vogel, einen Hund, ein Eichhörnchen? Er wollte immer Blut, roten Lebenssaft. Er suchte ihn, er war scharf darauf, er war ein gieriges Etwas und Monstrum, das…
Seine Gedanken brachen ab. Ein Geräusch hatte ihn irritiert. Es war aus dem Computer gekommen.
Wieder dieses ferne Rauschen und Heulen.
In der Tiefe des Bildschirms bewegte sich etwas. Ein winziges Ding, das sich drehte, weiter nach vorn drang und während dieser Bewegung an Größe zunahm.
Eine Gestalt.
Der Killer!
Und plötzlich sprang er in den Bildschirm hinein. Er war da, er sah aus wie sonst, abgesehen vor einer Kleinigkeit. Sein Maul war blutverschmiert, und er starrte dem Jungen aus dem Bildschirm direkt ins Gesicht.
Nur die Fratze war zusehen.
Furchtbar, grauenhaft. Ein gieriges Maul, blutige Zähne, eine Zunge dazwischen, die sich träge bewegte und aussah, als bestünde sie aus grauer Stahlwolle.
Das Gesicht schien den Bildschirm sprengen zu wollen. Für Till sah es aus, als würde sich der Monitor nach vorn bewegen, um im nächsten Augenblick zu platzen.
Der Junge kriegte es mit der Angst zu tun. Seine Hand huschte hektisch über die Platte des Schreibtisches hinweg, bis er die Führungsmaus gefunden hatte.
Durch sie stellte er den Kontakt zu der kleinen Maus auf dem Bildschirm her.
Sie wanderte.
Sie erreichte das Gesicht.
Er bewegte sich hektisch und schaffte es, das Monster wieder normal klein werden zu lassen. Es gehorchte jetzt der Führungsmaus, und mit ihrer Hilfe schob er das klein gewordene Monstrum wieder zurück auf seinen Platz.
Er setzte es auf das Bett.
Dort blieb es sitzen, ohne sich zu bewegen.
Der Junge atmete auf. Er hatte in den letzten Minuten unter einer wahnsinnigen Spannung gestanden. Till war verrückt nach dem Computer, der kam prima damit zurecht. Er hatte ihn immer beherrscht, doch nun kam er sich vor, als würde der Computer ihn beherrschen. Nein, nicht der Computer, sondern die CD-ROM, die ihm jemand geschenkt hatte. Ein derartiges Machwerk hatte er noch nicht besessen. Er hatte sich bisher von anderen Inhalten faszinieren lassen. Von Musik-CD-ROMs »zum Beispiel« aber diese hier war so anders, so furchtbar anders.
Er schüttelte sich. Mit dem Ärmel wischte er sich den Schweiß aus dem Gesicht und auch den Speichel von den Lippen. Seine Augen waren schwer geworden, auch die Glieder konnte er nicht mehr so locker bewegen, und die Gedanken ließen sich ebenfalls nicht so einfach lenken. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, die CD-ROM herauszunehmen oder sie auszuwechseln. Das aber schaffte er nicht. Auch wenn er es gewollt hätte, das Gehirn gab den Befehl an seine Hände einfach nicht weiter.
So blieb er sitzen.
Das Zimmer war von einer Düsternis erfüllt, die ihm gefiel. Als wäre die Finsternis von draußen hineingekrochen, um alles zu verdecken, die Lichtquellen ausgenommen.
Es war kein richtiges Zimmer mehr, der Raum zwischen den Wänden war zu einer Höhle geworden.
Dunkelheit schmolz zusammen. Die Vorhänge glichen schwarzen Bahnen aus Teer, die nach unten durchhingen und über den Boden streiften.
Er wartete.
Till wußte nicht, worauf er wartete, aber ihm war klar, daß bald etwas geschehen würde.
Und es tat sich was!
Auf dem Bildschirm entstand eine Bewegung. Tills Hand zuckte zur Maus, doch sie berührte sie nicht mal, denn was da vor ihm ablief, konnte er nicht steuern.
Wieder hörte er das Rauschen. Der Hintergrund hatte den Sog
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