0889 - Der Robot-Vampir
aufgenommen, und wenig später sah er, wie sich das Ding vergrößerte und einen großen Teil des Monitors einnahm.
Es war eine Frau.
Eine Frau, die einen Jogginganzug trug, deren Hals von einer großen Wunde bedeckt war, und die in den Bildschirm regelrecht hineinschwamm, um einen bestimmten Platz zu finden.
Zugleich stand der Mörder auf.
Er wartete auf die Frau und schaute zu, wie sie dem Bett entgegenschwebte.
Dann sank sie nach unten. Sie legte sich auf das Bett, und Till schaute fasziniert zu. Fasziniert auch deshalb, weil er selbst nichts dazu tat, er saß einfach nur da, und seine rechte Hand lag wie ein Steinbrocken neben der Maus.
Jetzt bewegte sich auch das Monster. Er beugte sich nach unten, es streckte die Arme aus.
Till bekam noch größere Augen. Er zitterte plötzlich, als sich das Monstrum drehte, wobei es die tote Frau nicht losgelassen hatte. Er starrte auf den Jungen, er blieb starr, aber nicht sehr lang, denn plötzlich ging er nach vorn.
Den ersten Schritt, den zweiten… Es sah so aus, als wollte er den Bildschirm verlassen. Einfach weggehen und keinen anderen mehr sehen.
Er trug die Tote, und er hob seine Arme an. Mit den Händen hielt er die Leiche fest.
Dann schleuderte er sie nach vorn!
Till schrie auf. Er duckte sich, er rollte zurück, riß die Arme hoch, deckte aber sein Gesichtsfeld nicht völlig ab. So konnte er sehen, was passierte.
Die tote Frau wirbelte über den Bildschirm. Sie tanzte dabei wie eine Puppe, sie wurde auch nicht nach vorn geschleudert, sondern drehte sich auf der Stelle, und zugleich hörte Till wieder das Brausen und hohl klingende Pfeifen.
Dann war es passiert.
Die Tote raste weg.
Sie tauchte ein in den Hintergrund, wurde kleiner und kleiner und war verschwunden.
Aber nicht nur sie.
Auch das Monstrum hatte den Bildschirm verlassen. Till Wesley starrte auf die graue Fläche des Monitors. Kein Bild zeichnete sich mehr darauf ab, auch nicht die Umrisse des Zimmers mit seiner kargen Möblierung. Leer, alles war leer…
Wirklich leer?
Till saß da wie ein geprügelter Mensch.
Er starrte ins Leere.
Minutenlang blieb er in dieser Haltung, dann bewegte er sich und hob zunächst den Kopf.
Allmählich erst wurde ihm bewußt, wo er sich befand. Er war aus der anderen Welt hervorgetaucht, sah sich in der Dunkelheit um, zwinkerte, als er in das Licht schaute, preßte die Augen zusammen und lauschte in sich hinein.
Er fing an zu zittern. Bisher hatte er keine Angst verspürt, plötzlich aber war sie da. Sie stieg wie kalter Schleim in ihm hoch und ließ ihn kaum Luft holen. Das Zimmer schwankte vor seinen Augen. Es war so still. Seine Mutter saß woanders.
Till fühlte sich so schrecklich allein. Und nicht nur das. Hinzu addierte sich eine große Hilflosigkeit.
Er konnte nichts anderes mehr tun und sich auch nicht auf den Computer verlassen.
Unmöglich…
»Mum…« flüsterte er. »Mum… hilf mir…«
Seine Mutter hörte ihn nicht.
Till stöhnte auf. Er drückte seinen Arm nach hinten und stemmte die rechte Hand gegen die Schreibtischplatte. Dort wollte er den nötigen Halt finden, um sich hinstellen zu können. Es gelang ihm unter großen Mühen, und er konnte auch nicht normal stehenbleiben, sondern stand auf dem Fleck und schwankte.
Dann ging er auf die Tür zu.
Von irgendwoher hörte er ein satanisches Kichern. Es war genau der Moment, wo Till in den Knien einknickte und vor der Zimmertür zu Boden fiel…
Zeit war vergangen, wir hatten die Kanne geleert, und es war nichts geschehen. Glenda hatte Weihnachtsgebäck auf den Tisch gestellt. Ich hatte einige Plätzchen gegessen, aber kaum geschmeckt, wie gut sie waren. »Soll ich uns noch eine Kanne kochen, John?«
»Nein, danke.«
»Möchtest du etwas anderes?«
Ich lächelte schmal und deutete auf meinen Magen. »Einen Cognac könnte ich vertragen.«
»Ich auch.«
Aus dem Schrank holte Glenda die bauchige Flasche und auch zwei Gläser. Ich schenkte ein; sie wollte weniger als ich, und ich stellte die Flasche wieder weg.
Glenda hob ihr Glas. »Worauf sollten wir trinken?« fragte sie mit leiser Stimme.
»Auf uns am besten.«
Sie nickte. »Und darauf, daß wir diese Nacht überstehen, ohne daß es zu weiteren Taten kommt.«
Ich nahm einen Schluck und spürte, wie der Alkohol wie warmes Öl durch meinen Hals rann, sich im Magen ausbreitete und die nötige Wärme abgab. Der Kaffee hatte bei mir schon für die nötige Wärme gesorgt, jetzt kam der Cognac hinzu, und ich merkte, wie ich
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