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089 - Das Heer des Untoten

089 - Das Heer des Untoten

Titel: 089 - Das Heer des Untoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Abendessen machte er sich sofort auf den Weg zum Kuckuckshaus. Irene erwartete ihn bereits am Seeufer. Sie küßten einander, aber diesmal war es anders. Er war nicht verwirrt, und er spürte nicht dieses unwirkliche Gefühl, sich in einem Traum zu befinden.
    Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn zum Haus.
    „Ich habe mit Tante geredet", erklärte sie dabei. „Ich habe ihr gesagt, daß ich um dich kämpfen werde, wenn sie dich nicht in Ruhe läßt. Hab keine Furcht." Sie legte beruhigend den Arm um ihn. Dorian hatte den Eindruck, daß sie frischer aussah - irgendwie lebendiger, wirklicher. In dem gelben Kleid hatte sie ausgesehen wie ein Mädchen aus der Vergangenheit. Nun trug sie das Haar aufgesteckt. Sie hatte eine bunte Bluse an, einen blauen Rock und Sandalen. Sie wirkte sehr real, ja sie paßte gar nicht zu diesem alten Haus.
    Er bekam Mother Goose gar nicht zu Gesicht. Irene führte ihn direkt in ihr. Zimmer. Dann mußte er ihr erzählen, was er den ganzen Tag gemacht hatte. Nach einer Weile unterbrach sie ihn.
    „Hast du an mich gedacht?"
    „Den ganzen Tag."
    „Und hast du von mir geträumt?"
    „Die ganze Nacht, wie du es vorausgesagt hast…" Er zog sie an sich.
    „Hat dir gefallen, wovon du geträumt hast, mein Liebster?"
    Er nickte stumm.
    „Du bist wunderschön", flüsterte er.
    Sie lächelte. „Wie schön?"
    „Wie…" Er dachte nach, schloß die Augen, fand aber keinen Ausdruck für einen Vergleich. „Wie ein Engel", sagte er ein wenig hilflos und wurde rot.
    Sie schüttelte den Kopf. „Nicht gut", stellte sie fest. „Engel sind nur gut. Und sie lieben nicht. Versuch es nochmals", verlangte sie.
    „Wie…" begann er erneut. Aber er fand nichts, womit er sie vergleichen konnte.
    Dann wurde er jedoch einer Antwort enthoben. Die Tür öffnete sich, und Mother Goose trat ein. Dorian fröstelte unter ihrem Blick.
    „Du hast mir gar nicht gesagt, daß du den jungen Herrn zu Besuch hast", sagte sie zu Irene, und es war nicht erkennbar, ob sie es vorwurfsvoll oder sarkastisch meinte.
    „Laß ihn in Ruhe - bitte", sagte das Mädchen.
    Mother Goose schüttelte den Kopf. „Deine törichten Gefühle sind vergeblich. Seine Uhr läuft, und sein Schicksal ist vorbestimmt. Ich habe die Uhr befragt, und es gibt keine Wahrheit, die genauer ist." Sie fixierte ihn. „Für ihn gibt es viele Wahrheiten - andere Kräfte strecken die Hand nach ihm aus - es ist wie ein Fluch…" Ihre Augen bohrten sich förmlich in seine. „Eines weiß ich - er wird zurückkehren, ehe seine Uhr abgelaufen ist." Sie zog etwas aus den Falten ihres Gewandes. Ein kleines Buch. Ein Poesiebuch.
    „Ein Andenken an Mother Goose und ihre Reime, junger Herr - und an die Uhr, die in diesem Haus für dich schlägt."
    „Nein!" rief das Mädchen.
    Aber Dorian nahm es wie in Trance.
    Irene entriß es ihm.
    „Gib es ihm wieder, dummes Ding!" sagte die Alte barsch. „Weißt du noch immer nicht, daß das Schicksal klebrige Fäden hat, wie das Netz einer Spinne, und daß es tiefere Wunden reißt, sich von ihm zu lösen, als es zu ertragen? Gib es ihm!"
    Bleich und zögernd, wie unter einem inneren Zwang reichte ihm Irene das Buch, und seine Finger nahmen es fast mechanisch.
    „Ein Andenken?" rief Irene. „Wird er fortgehen?"
    „Du siehst ihn zum letztenmal." Die Alte lachte. „Oder möchtest du, daß er bleibt - für immer?" Sie machte einen Schritt auf Dorian zu und streckte die Hände nach ihm aus. Er war nicht fähig zurückzuweichen.
    Aber das Mädchen warf sich dazwischen.
    „Nein!"
    Die Alte wollte sich ausschütten vor Lachen. Dann bewegte sie ihren unförmigen Körper zur Tür. Sie hörten sie noch eine Weile lachen.
    „Oh, Dory, es ist wahr. Sie irrt sich nie", sagte das Mädchen erstickt. „Wir sehen uns nicht wieder." „Ich verstehe es nicht…" begann Dorian verwirrt.
    „Es ist so, Dory. Glaub mir. Frag nicht, warum. Aber ich bin auch froh. Es bedeutet nämlich, daß du frei bist von ihr." Sie blickte auf das Buch in seinen Händen. „Bis auf das. Ich kann es dir nicht wegnehmen, Dory. Du mußt es aus freiem Willen weggeben. Aber ich glaube, daß du es nicht tun wirst. Sonst hätte sie es dir nicht gegeben. Daher werde ich dich noch einmal verhexen, mit allen meinen Kräften, Dory. Du darfst dieses Buch nicht öffnen. Du darfst es nicht. Niemals, Dory. Niemals, sag es!"
    „Niemals", murmelte er. Aber seine Gedanken waren nicht mehr bei dem Buch, sondern bei ihren Händen, die über sein Gesicht strichen. Bei ihren

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