089 - Lebende Leichen

begannen die Kurbel zu drehen. Es ging schwer. Aber ächzend stieg die Zugbrücke langsam in die Höhe.
    In diesem Augenblick donnerte der Lastwagen das letzte Stück der Straße herauf und hielt vor dem Burggraben. Ein vielstimmiger Schrei stieg zum Nachthimmel.
    Die Zugbrücke war oben. Kurt Parsini verankerte die Kurbel und wandte sich dann zu Larry Brent.
    » Geht es um Yvette? «
    Larry Brent nickte.
    » Das Telefon! «
    Sie eilten ins Haus. Auf der Treppe stand Yvette, angekleidet. Kurt Parsini legte seinen rechten Arm um sie.
    Larry Brent hob den Telefonhörer ab. Die Leitung war tot. Er hatte es befürchtet, als er vorhin die Männer vom Lastwagen abspringen und zu den Telefonmasten am Straßenrand laufen sah.
    Sie waren von der Umwelt abgeschnitten.
    Die Belagerung der Heunenburg begann.
     
    ●
     
    Larry Brent stand mit Yvette und Parsini im ersten Stock an einem dunklen Fenster.
    Swetlana Hajek, die Haushälterin, hatte sich jammernd in ihrem Zimmer verbarrikadiert.
    Larry Brent befürchtete für sie nichts. Es sei denn, sie legten Feuer. Aber auch dann konnte sie sich durch einen Sprung aus dem ebenerdigen Fenster retten.
    Der Baron hatte sich mit einer Jagdflinte bewaffnet.
    » Hast du noch ein Gewehr? « fragte Larry.
    » Nein « , erklärte Kurt Parsini. » Und auch in meiner Flinte sind nur zwei Schrotladungen drin. «
    » Und wenn wir durch den hinteren Ausgang des Turmes in den Wald flüchten? « fragte Yvette mit stockender Stimme.
    » Warte erst mal ab, was geschieht « , antwortete Kurt Parsini. » Vielleicht ziehen sie auch wieder ab. «
    Sie spähten auf den Schloßhof hinunter. Er war still und dunkel. Die Menschen vor dem Graben verhielten sich merkwürdig ruhig. Rüsteten sie zur Umkehr?
    Die Minuten vergingen quälend langsam. Sie hörten nur ihr eigenes Atmen und das Wehen des Vorhangs, hinter dem sie hinausspähten.
    Plötzlich zuckte Yvette heftig zusammen. Auf der Rückseite des Gebäudes splitterte Glas.
    Sie hörten, wie unter ihnen im Parterre ein Fenster geöffnet wurde und mehrere Menschen mit dumpfem Aufschlag hereinsprangen.
    Sie drangen bereits ins Schloß ein.
    » Die Trauerweide! « flüsterte Kurt Parsini erregt. » Sie hängt weit über den Burggraben. Sie sind herübergeklettert. «
    Mit einigen Schritten war er bei der Tür und verschloß sie.
    » Faß an! « sagte er zu Larry Brent, und sie hoben den schweren eichenen Tisch vor die Tür.
    » Hier ist noch eine zweite Tür « , stellte Larry fest.
    » Die führt auf einen Gang hinaus, der direkt zum Turm geht. Von dort fliehen wir in den Wald. «
    Erneut splitterte Glas, diesmal auf der Seite des Schloßhofes.
    Yvette stieß einen leisen Schrei aus. » Zwei sind aus dem Fenster gesprungen und laufen zum Tor. «
    » Wo? « rief Kurt Parsini und stürzte zum Fenster. Er hob die Flinte und zielte, dann ließ er sie sinken. » Es sind Halbwüchsige. Ich kann nicht. Außerdem hat es keinen Sinn. Wir müssen fliehen! «
    Bis zu ihnen drang das Ächzen mit dem die Zugbrücke nach unten sank. Die Flügel des Tores öffneten sich. Der Lastwagen rollte herein.
    Ein Menschenknäuel bewegte sich durch den Hof. Heisere Schreie hallten von den Wänden wider.
    » Die Hexe soll brennen! Wir wollen die Hexe haben! Sie muß brennen! «
    Larry Brent riß das Fenster weit auf, breitete beide Arme aus und schrie in den Hof hinunter.
    » Seid ruhig und hört zu! «
    Die Menge verstummte und sah zu ihm hinauf.
    » Der Mörder ist gefunden! Der Mann der die Toten weckt! Fragt Inspektor Horvath! Er nannte sich Brandeis und wohnte bei einer Frau namens Stepan. Er ist geflohen. Aber ich habe ihn vor wenigen Minuten hier im Wald gesehen. Sucht ihn, er ist es! «
    Der Wirt unterbrach Larry Brent. » Alles Lüge! Verdammte Lüge! Fallt nicht darauf rein! Er will uns nur weglocken. Er will die Hexe retten! Holt sie heraus! «
    Ein einziger lauter Schrei antwortete ihm. Sie drängten unten gegen die Tür und kletterten durch splitternde Fenster. Gleichzeitig donnerten Axtschläge bei ihnen oben gegen die Tür, die sie verbarrikadiert hatten.
    » Wir müssen in den Turm! « keuchte Kurt Parsini.
    Er öffnete die zweite Tür. Sie drängten in den Gang hinaus, der Baron versperrte die Tür von innen. Dann eilten sie durch den Gang, bis sie auf jene Tür stießen, die in den ersten Stock des Turmes führte. Sie öffneten sie und standen im dunklen Turm. Larry Brent hörte, wie Kurt Parsini auch diese Tür verschloß und verriegelte.
    » Hinunter! «
    Sie