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0891 - Knochenklaue

0891 - Knochenklaue

Titel: 0891 - Knochenklaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Auf leisen Sohlen verschwand sie wieder im Flur. Ich näherte mich der Tür und drückte sie zu.
    Jetzt war ich allein. Oder auch nicht. Es kam darauf an, wie man es sah.
    Abermals schaute ich mich um, ohne die Person allerdings zu entdecken. Es war falsch, von einer Person zu sprechen. Ich mußte mich von dem Gedanken befreien und dachte daran, daß es ein Wesen war.
    Ein ES!
    Zu sehen war nichts, auch nicht zu fühlen. Kein Zischeln, kein Flüstern, kein Kichern.
    Oder doch?
    Ja, das Kichern war plötzlich zu hören. Es hörte sich leise und trotzdem schrill an. Es war über meinem Kopf entstanden, als befände sich die Person unter der Decke.
    Ich schielte hoch.
    Zusehen war nichts.
    Einen Moment später wanderte das Kichern. Es blieb zwar an der Decke, aber es bewegte sich auf die Wand zu, wo das Bücherregal stand und einige hinausgeworfen worden waren, als hätte das ES ein bestimmtes Buch gesucht.
    Was ihm recht war, das war mir billig.
    Ich ging auf das Regal zu. Erst in der Nähe bemerkte ich dessen Tiefe. Es war immerhin so tief, daß zwei Bücher hintereinander paßten und ich die in der zweiten Reihe nicht alle sah.
    Dunkle Bücher, zumindest vom Einband her. Die Schrift auf den Buchrücken war verblaßt, so daß ich die einzelnen Buchstaben kaum erkennen konnte.
    Ich hob den rechten Arm an, um eines der Werke aus dem Verbund hervorzuholen.
    Das Kichern!
    Bösartig und in meiner Nähe. Sogar dicht an meinem Ohr war es aufgeklungen, als hätten sich dort unsichtbare Lippen bewegt.
    Es war kein Spaß mehr. Ich fuhr auf der Stelle herum und riß meinen linken Arm noch. Natürlich schlug ich ins Leere, hatte jedoch den Eindruck, mit der Hand durch einen kalten Nebelhauch zu fahren.
    Es brachte nichts, wenn ich auf diese Art und Weise versuchte, mich dem Geist zu stellen oder ihn durch derartige Bewegungen zu locken. Dabei konnte ich mich nur selbst lächerlich machen. Er mußte gebannt werden. Ich wollte ihn sichtbar machen, alles andere war uninteressant, ebenso wie die Bücher, die ich für die nächsten Minuten zunächst einmal vergessen wollte.
    Die Tür war abgeschlossen. Zum Glück hatte sich Donata zurückgezogen. Ich war allein mit meinem unsichtbaren Gegner, trat vom Regal weg in die Mitte des Zimmers, wo auch mehr Platz vorhanden war und ich auf einen zweiten Angriff lauerte.
    Kein Kichern, kein Flüstern oder Zischeln. Es blieb ruhig zwischen uns beiden.
    Ich hatte meinen Arm unter Kontrolle bekommen. Das Fenster befand sich rechts von mir. Ich blickte für einen Moment durch die Scheibe, hinter der sich eine Landschaft aus verschiedenen dunklen Tönen abzeichnete, wie ein Gemälde, das jemand mit einem großen Pinsel an den Himmel gezeichnet hatte.
    Wolken, die Schatten des Abends und dazwischen letzte, helle Stellen, die immer mehr zuwuchsen.
    Die Stille im Zimmer kam mir auch nicht normal vor. Sie war abwartend, jeder lauerte auf einen Fehler des anderen. Wobei ich an Donata McBain und den Überfall an sie dachte. Sie war auf dem Friedhof und später nach dem Verlassen des Areals attackiert worden. Aus dem Unsichtbaren hervor war man ihr an die Kehle gegangen. Eigentlich rechnete ich damit, daß mir das gleiche widerfahren würde, aber das Wesen ließ mich in Ruhe.
    Für mich hatte es einen Namen bekommen. Ich würde es Melanie nennen, denn keine andere als sie verbarg sich im Unsichtbaren. Sie und ihr Vater waren einen Weg gegangen, von dem ich nur einen Teil kannte. Um beide mußte sich ein gefährliches Geheimnis ranken.
    Warum packte sie mich nicht?
    Kalte Finger aus dem Unsichtbaren, die meinen Hals zusammenpreßten. Ich kannte den Grund, und er ließ mich lächeln. Nicht jeder Mensch besaß es, ein Schmuckstück, wie mein Kreuz es war. Und die Kette hing nicht allein als Zierde um meinen Hals, sie und das Kreuz bildeten zusammen einen Schutz gegen die Mächte der Finsternis, gegen Dämonen und sicherlich auch gegen Geister.
    Ich wollte es nicht mehr verdeckt lassen, zupfte an der Kette und ließ es aus meinem Hemdausschnitt rutschen. Dann hing es offen vor meiner Brust. Die leichte Erwärmung hatte ich gespürt, und nun war ich sicher, nicht angegriffen zu werden.
    Aber ich wollte angreifen. Ich mußte ihn locken, ging einige Schritte auf die Tür zu, drehte mich dann schnell weg, bewegte mich nach rechts, nach hinten, auch nach links und lief einen Zickzackkurs durch das Zimmer.
    Ich erwischte den Geist nicht. Selbst das Kreuz funkelte nicht. Kein Flüstern mehr, überhaupt nichts. Das

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