0893 - Der Rachegeist
Hände, und in uns wuchs die Spannung ebenfalls.
Noch immer stellte ich mir die Frage, ob ich richtig gehandelt hatte, doch es hatte einfach keinen Sinn, wenn ich jetzt anfing zu zweifeln.
Jane berührte Sukos Arm…
Allerdings nicht dort, wo sich das aufgerissene Maul abzeichnete, sondern weiter höher, zwischen Ellbogen und dem Mund. Sie legte beide Hände um den Arm, bewegte sie nicht, sondern ließ sie dort liegen.
»Spürst du was?« hauchte ich.
»Nein…«
»Tatsächlich nicht?«
»Nein, wenn ich es dir doch sage.«
»Wie fühlt sich die Haut an?«
»Normal«, antwortete Jane gedehnt, um sich sehr schnell zu korrigieren. »Nein, eigentlich nicht mehr so normal, eher etwas angewärmt, und diese Wärme strahlt von dem Gesicht ab, glaube ich.«
»Was willst du tun?«
»Bitte, John, ich möchte mich auf mich konzentrieren, auf meine Kräfte. Ich will versuchen, den anderen zu bekämpfen.«
»Gut.« Ich hielt meinen Mund, denn ich wollte Jane nicht ablenken. Es fiel mir natürlich nicht leicht, ebenso, wie es Shao Schwierigkeiten bereitete, stillzusitzen. Es war ihr anzusehen, wie stark sie mitlitt, aber sie riß sich zusammen und schaute ebenfalls zu, wie Jane ihre Hände streichelnd nach oben bewegte, bis hin zu diesem weit aufgerissenen Maul, das nur darauf zu lauern schien, die Finger endlich schnappen zu können.
Das war nicht der Fall. Es blieb weiterhin offen, und es blieb auch stumm. Keiner von uns hatte sich getraut, eine weitere Frage zu stellen.
Auch die Horror-Oma schaute fasziniert zu. Irgendwie war ich auch froh, daß es sie nicht erwischt hatte, denn Suko war immerhin jemand, der schon einiges durchgemacht hatte.
Janes Finger gerieten in die Nähe der Unterlippe. Mit zwei Kuppen fuhr sie darüber hinweg, und ihre Augenbrauen zogen sich dabei etwas zusammen. »Sie ist kalt«, murmelte Jane. »Die Lippe ist kalt. Mehr spüre ich nicht.«
»Hast du keinen Kontakt zu dem Bewußtsein bekommen?« wollte ich wissen.
Sie schüttelte den Kopf.
»Und nun?«
»Laß mich es machen, John…«
»Schon gut.«
Sie umfuhr mit den Fingerkuppen das Maul. Nach wie vor bewegte es sich nicht. Es blieb starr und offen. Mir fiel ein, daß es von zerfressen gesprochen hatte, doch derartige Anstalten traf es nicht.
Nicht das geringste Zucken war zu spüren, und Jane Collins mußte eigentlich enttäuscht sein.
Ich bewegte die rechte Hand in der Hosentasche. Meine Faust umschloß das Kreuz. So leise wie möglich zog ich es hervor. Ich wollte einfach gewappnet sein, wenn etwas passierte, und Jane hatte sich endlich überwunden, als sie den Arm zur Seite drückte, um ihn aus seiner ursprünglichen Position zu bekommen.
In diesem Moment geschah es.
Das Maul schnappte zu.
Und Suko schrie auf!
***
Plötzlich war alles anders. Aus der Fleischwunde spritzte Blut über den Tisch. Auf der Decke und dem Geschirr zeichnete sich bald ein unregelmäßiges Tropfenmuster ab.
Der Arm zuckte, Suko schlug plötzlich um sich. Ich sah auch, wie sich das Maul bewegte, es wollte meinen Freund tatsächlich fressen.
Jane fuhr zurück.
Ich warf mich quer über den Tisch, und diesmal griff ich mit dem Kreuz ein. Mit der linken Hand kriegte ich Sukos linken Arm zu fassen, drückte ihn dem Tisch entgegen, und dann zischte es auf, als das Kreuz das Maul erwischte.
Das Gesicht verschwand. Es sah so aus, als hätte es sich in Rauch aufgelöst oder wie ein Bild, das jemand mit heftigen Bewegungen ausschraffiert hatte.
Es war weg!
Und Sukos Arm lag vor mir. Ich schaute auf die schmale Wunde, die aussah, als hätte er sich mit dem Messer geschnitten. Aus der Wunde quollen die Tropfen, um auf seiner Haut entlangzulaufen.
Danach saugten sie sich in der Tischdecke fest.
Shao war aufgesprungen. »Ich hole Verbandszeug und Pflaster.« Sie verschwand in meinem Bad, wo sie sich ebenfalls auskannte.
Ich lag noch immer halb über dem Tisch, hielt Sukos jetzt wieder normale Hand fest und hatte den Blick erhoben, um in sein Gesicht zu schauen, in dem sich eine Verbissenheit abzeichnete und auch Wut in den Augen zu lesen war.
»Okay?« fragte ich ihn.
»Bis auf die Schmerzen.«
Ich grinste säuerlich. »Es hätte schlimmer sein können, viel schlimmer sogar.«
»Ich weiß.«
»Dann weißt du auch, was passiert ist?«
Er wollte mir eine schnelle Antwort geben, was er aber nicht schaffte, denn er senkte den Blick.
»Nein, John, ich weiß nicht mehr genau, was passiert ist.«
»Das ist jetzt auch egal«, sagte Shao, die mit
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