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0894 - Seelenbrand

0894 - Seelenbrand

Titel: 0894 - Seelenbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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Meredith wieder, dass der Junge genau diese Andeutung bei ihr gemacht hatte, als sie ihn auf dem Hof traf. (Hatte sie das, ihn getroffen? Sie wunderte sich, dass sie das hatte vergessen können.) Dass er etwas nicht verstehe, hatte er gesagt. Ehe er ins Haus ging und kollabierte.
    »Ganz ruhig«, sagte sie und tupfte seine Stirn mit einem nassen Lappen ab. »Wir reden irgendwann darüber. Jetzt ruh dich aus, schlaf. Morgen ist ein neuer Tag, und so Gott will wirst du dann schon wieder aufstehen können.«
    Ja, sie vertraute auf Gott. Aber sie spürte, dass etwas in ihr sich bei dem Gedanken wand und krümmte und ihr am liebsten das Innerste nach außen gestülpt hätte.
    Sie fühlte sich zwiegespalten, einsam und verlassen, und dabei hatte sie geglaubt, all das hinter sich gelassen zu haben.
    In Momenten wie diesen wünschte sie sich das Moor zurück.
    Und ihre einzigen Freunde, die Maden.
    7.
    Gegenwart »Za-mor-ra.«
    Das Grollen klang wie eine talwärts gehende Gerölllawine.
    Den Fuß bereits im Saal, in dem das Iron-Forge-Gemälde hing, blieb Zamorra jäh stehen. Sein suchender Blick peitschte regelrecht durch den weiten Raum… und blieb an der Gestalt hängen, die hier nichts verloren hatte.
    Eigentlich.
    Oder wie man es nahm - vielleicht hatte sie gerade hier und nirgends sonst etwas verloren… und wollte dieses Verlorene jetzt wieder an sich bringen.
    Zamorra wunderte sich nicht über die bizarren Gedanken, die sich durch sein Hirn wälzten. Im Tate war etwas oberfaul, und er tat gut daran, nicht reflexartig für alles zuerst nach einer rationalen Erklärung zu suchen. Hier herrschte und regierte die pure Unlogik. Damit musste er sich abfinden und es ins Kalkül mit einbeziehen.
    Es war eine Frage des Überlebens. Deutlicher als die Gestalt, die im Saal auf ihn wartete, konnte das niemand vermitteln. Ein Koloss stapfte auf Zamorra zu, hammerschwingend.
    Hammerschwingend?
    Der Typ sah dem Schmied auf dem Gemälde, in das Nicole gegangen war, sicher nicht nur zufällig ähnlich. Wobei »ähnlich« übertrieben war: Dieser Schmied, der sich frei bewegte, als wäre er nie nur aus Farben zusammengemischt worden, strahlte pure Gewalt, pure Zerstörungswut aus - eigentlich das Gegenteil dessen, was ein Handwerker im Allgemeinen anstrebte. Nicht Zerstören, sollte die Devise sein, sondern Erschaffen.
    Hier waren Sinn und Bestimmung auf den Kopf gestellt.
    Der Hammer wirbelte durch die Luft und löste sich warnungslos aus der Faust des Riesen, der Zamorra um mindestens zwei Köpfe überragte. Rasend schnell und mit einem Geräusch, das von mehr als nur verdrängter Luft erzeugt wurde, raste er, sich permanent drehend, auf Zamorra zu.
    Zum Ausweichen blieb dennoch Zeit. Der Professor machte einen Ausfallschritt nach links… musste aber zu seinem Entsetzen feststellen, dass der Hammer die Flugrichtung ebenfalls selbsttätig korrigierte - wie eine hochmoderne Cruise Missile mit Hightechsensoren vom Feinsten, die sich, einmal auf das Ziel einjustiert, nicht mehr von ihm abbringen ließ.
    Fluchen und erneuter Richtungswechsel waren eins. Zamorra hechtete hinter eine Skulptur in der Nähe und brachte eine halbe Tonne Stahl zwischen sich und den heranjagenden Hammer…
    ... der im nächsten Moment an der Plastik zerschellte.
    In tausend Splitter.
    Woraus er bestanden hatte, wurde nicht offensichtlich. Weder Holz noch Stein oder Metall reagierten so auf einen Zusammenstoß. Und noch weniger fanden sie sich wie eine quecksilbrige Masse danach wieder zusammen und formten sich zurück zu dem Hammer, der sie vor dem Aufprall gewesen waren!
    Zamorra schluckte die Enttäuschung hinunter und richtete den Blick auf den Riesen, dem seine Waffe wieder in die Hand flog. Ein wenig erinnerte der Vorgang daran, wie das Amulett sich von Zamorra rufen ließ.
    »He!«, rief er nach seinem Gegner. »Kennen wir uns? Woher weißt du meinen Namen? Ich wüsste gern auch deinen - und was dich treibt, mich anzugreifen!«
    Der Hüne lachte grollend. »Was - mich - treibt…« In sein breites, kantiges Gesicht trat ein Ausdruck, wie ihn ein untherapierbarer Soziopath nach zwanzig Jahren Einzelhaft zeigen mochte, sobald ihm unverhofft die Gelegenheit geboten wurde, seine kranken Triebe an jemandem auszuleben. Ihn zu quälen, zu misshandeln, zu verstümmeln - seelisch wie körperlich. Weil er selbst ein Gequälter, Verstümmelter war…
    »Oder besser: Wer hat dich geschickt? Wer ist für all das, was im Tate geschieht, verantwortlich? Weißt du es?

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