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0896 - Das Licht der Wurzeln

0896 - Das Licht der Wurzeln

Titel: 0896 - Das Licht der Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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mindestens zwei Meter Länge und einem Durchmesser, den man nicht so einfach umarmen konnte. Sie tat es dennoch, schmiegte ihren Wange an die Korpusse, die still verharrten.
    Das hatte etwas Vertrautes, etwas… van Zant fiel kein passender Begriff ein, denn eine solche Handlung hatte er zuvor niemals gesehen.
    Doch eins war ihm klar: Er wurde gerade Zeuge eines Rituals.
    Nach einigen Minuten drehten die Wurzeln wieder ab und schlugen ihre alte Bahnen ein. Die Frau - die Schäferin? - verharrte noch einige Momente, dann drehte sie sich um und schritt zum Mittelpunkt der Plattform, die direkt neben der von Artimus lag.
    Dort angekommen, breitete sie ihre Arme aus und begann sich langsam im Kreis zu drehen.
    Artimus hätte es natürlich nicht beschwören können, doch ihm war, als würde sie dabei den Boden nicht mehr berühren.
    Doch das wurde wie alles andere im nächsten Moment zur reinen Nebensache.
    Artimus van Zant schrie gequält auf. Denn von einer Sekunde zur anderen war er erblindet!
    ***
    Maiisaro war glücklich, dass Phase zwei - Ruhe beendet war.
    Die Stimmen, die schrecklichen Geräusche und Bilder quälten sie. Würde das jetzt immer so sein? Zwischen der ersten und der dritten Phase sollte nun immer die Qual auf sie lauern?
    Seit einer Ewigkeit tat Maiisaro das, was sie hier zu tun hatte. Seit einer Ewigkeit war sie damit glücklich und zufrieden gewesen. Nichts hatte sich in dieser Zeit geändert, aber so sollte es ja auch sein. Es musste einen Grund für diese Veränderungen geben und sie musste ihn finden, ihn beheben.
    Zunächst einmal genoss Maiisaro die Begrüßung durch die Wurzeln. Sechs der sich in der Endphase ihrer Entwicklung befindlichen Wurzeln kamen sofort zu ihr, als sie ihre Arme ausstreckte. Es waren allesamt prächtige Stücke, die schon bald den Ursprung einer neuen weißen Stadt bilden konnten.
    Maiisaro war stolz, wenn sie die Früchte ihrer Arbeit sah. Sie wusste nie genau, wie viele Wurzeln sich hier in Phase drei - Licht befanden. Sie alle waren in den unterschiedlichsten Stadien ihres Wachsens und Werdens begriffen. Sie konnte es nur schätzen, denn selbst sie wäre bei einer Zählung überfordert gewesen. Es waren sicher mehrere Tausend von ihnen.
    Dies hier war jedoch nicht nur die Wiege der Wurzeln, sondern manchmal auch deren Hort, wenn sie verwundet waren. Es kam äußerst selten vor, doch manchmal schafften es Weltenbewohner bis zur Wurzel einer weißen Stadt vorzudringen und sie anzugreifen. Diese Exemplare konnten sich dann hier an diesem Ort erholen. Oder sie verendeten hier, wenn selbst Maiisaros Wundermittel ihnen nicht mehr helfen konnte. Besser gesagt - das Wunder, das in Maiisaro loderte, die Nahrung, nach der jede Wurzel lechzte.
    Maiisaro sah den Wurzeln, die sie begrüßt hatten, nach. Es wurde Zeit.
    Mit leichten Schritten bewegte sie sich zum Mittelpunkt der Plattform. Waren das wirklich die Nachwirkungen der zweiten Phase ? So deutlich und aufdringlich wie heute waren die Bilder und Geräusche noch nie gewesen. Vielleicht hatte sie sich von diesen Eindrücken noch nicht ganz befreien können, denn sie spürte, dass diese Phase anders als all die anderen war, die sie erlebt hatte.
    Langsam, langsamer als je zuvor, begann sie sich um die eigene Achse zu drehen.
    Was ist los mit mir? Was stört mich hier so sehr? Ist denn nicht alles so wie immer?
    Die Rotation wurde schneller, der Raum um Maiisaro herum wurde zu einem grauen Band. In ihrem Körper wallte eine unbändige Energie auf, die ihren Weg zum Bewusstsein der jungen Frau suchte und fand. Ihre Haarpracht wirbelte in die Höhe, bis sie die Form einer lodernden Flamme angenommen hatte… und ihr Haar nahm die Farbe des tiefen Alls an; die schwarze Flamme loderte über dem sich drehenden Körper wie ein uraltes Symbol!
    Dann riss Maiisaro ihre Augen auf und das Licht der Wurzeln brach aus jeder Pore ihres Körpers hervor, tauchte die gesamte Sphäre in grellweiße Helligkeit, die von den Wurzeln gierig aufgesogen wurde.
    Maiisaro gab alles her, was in ihr gespeichert war, all die Lichtmagie, die sie in den ersten beiden Phasen wie ein Schwamm in sich aufgesogen hatte - sie war das Licht .
    Doch wieder stört mich etwas… was für ein Geräusch habe ich da gehört?
    Irgendwann war der wilde Kreisel am Ende seiner Kräfte, wurde langsamer, kam zum Stillstand. Erschöpft ließ sich Maiisaro auf die Knie fallen.
    Das Geräusch. Ein Schrei, zweifellos ein Schrei.
    Und der klang nun wie ein Echo in ihren Ohren

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