0896 - Das Licht der Wurzeln
war, hat hier eine noch viel durchgedrehtere Vampirin ihren Rachefeldzug gegen mich gestartet. Okay, vielleicht hat sie ja wirklich einen Grund, um mich zu töten, aber doch sicher nicht die Kinder hier! Schon gar nicht die Bediensteten und Rola, die um ein Haar von dieser Sinje-Li umgebracht worden wäre.«
Van Zant setzte sich wieder, legte einen Arm um die hübsche Rola DiBurn, die ihn lächelnd anblickte. Der Junge - Serhat - saß längst nicht mehr auf ihrem Schoss, denn er hatte entschieden, sich die anderen Leute um ihn herum einmal näher ansehen zu wollen.
»Siehst du, Vinca… ich habe es satt, dass andere unter meinen Handlungen zu leiden haben. Gründlich satt. Das hier ist mir wichtiger als alle weißen Städte zusammen. Soll ich denn mein restliches Leben lang hinter irgendwelchen Spukgestalten her jagen? Vielleicht willst du das ja - oder du, Zamorra. Ich sicher nicht. Außerdem habt ihr doch keinerlei Anhaltspunkte, wo sich das Zentrum der Angst befindet. Wie also wollt ihr die Herrscher denn dann erreichen? Nein, mein Entschluss steht fest.«
Vinca wollte das nicht so stehen lassen.
»Ja, der Plan scheint ins Stocken geraten zu sein - gut so, aber wie lange wird das so bleiben? Im Verbund der Speere muss es doch eine Möglichkeit geben, die Position der anderen Knotenwelten zu erfahren. Dann hätten wir ausreichend Messpunkte, um das Zentrum der Angst anpeilen zu können. Aber ohne dich traue ich mir dieses Wagnis im Augenblick nicht zu, Artimus. Ich brauche Rückendeckung, falls man mir auflauert.« Es war klar, dass Vinca von Parom nach den letzten Vorkommnissen sein Vertrauen auf Sicherheit im Speer gründlich eingebüßt hatte.
Natürlich konnte Vinca einen solchen Versuch starten, doch wenn er bei den Speerbrüdern gezielte Fragen nach den Knotenwelten stellte, würde das die Aufmerksamkeit von Kräften wecken, die man besser nicht auf die eigene Spur lenken sollte. Was Vinca da plante, war ein enormes Risikounternehmen.
»Ich gehe auf jeden Fall mit Vinca.« Zamorra trat nahe an Artimus heran. Die Freunde blickten einander tief in die Augen, doch das war kein Blick auf gleicher Ebene; in Zamorras Augen konnte man deutlich die stumme Aufforderung an den Physiker lesen. »Einen besseren Zeitpunkt werden wir sicher so schnell nicht mehr erwischen. Der sogenannte Plan ist durch die Katastrophe auf Parom regelrecht gegen die Wand gefahren worden. Wir sollten nicht warten, bis sich die Herrscher von diesem Schock erholt haben. Also? Wie steht es, Artimus? Können wir auf dich zählen?«
Das kam einer Nötigung unter Freunden gleich. Zamorra wusste das ganz genau, aber ihm war auch bewusst, wie wichtig der Südstaatler bei dieser Aktion sein würde. Außerdem - auch wenn er die Beweggründe wie kein Zweiter verstehen konnte, die Artimus zum Ausstieg aus dem Zamorra-Team gebracht hatten, er wollte van Zant ganz einfach nicht für den gemeinsamen Kampf verlieren.
»Ich… ich habe mich doch bereits deutlich…«
Rola DiBurn kniff ihren Partner heftig in dessen Oberarm. Die ehemalige Performancekünstlerin - um das doch nicht so nette Wort Stripteasetänzerin zu umgehen - war eine energische junge Frau. Genau das schätzte van Zant so an ihr. Unter anderem natürlich. Sicher war sie glücklich, ihn wieder gesund und relativ munter bei sich zu haben, doch sie wusste nur zu genau, wie sehr er ständig mit den Problemen der weißen Städte beschäftigt war. Man musste nicht einmal ein besonders guter Menschenkenner sein, um das zu bemerken.
Van Zant blickte verwundert zu Rola hin, die ihn ziemlich schmerzhaft malträtiert hatte. Sie lächelte ihr unwiderstehliches Lächeln, das Artimus stets zum Schweigen brachte.
»Du redest Unsinn, mein Liebster. Willst du eine solche Chance verstreichen lassen? Vielleicht könnt ihr das eine oder andere Geheimnis um die weißen Städte lüften - du denkst doch an nichts anderes. Los, gib es zu, sonst kneife ich dich noch einmal.« Ihr Lächeln war ansteckend, doch ihre Augen blickten ernst und voller Angst um Artimus. Das allerdings bemerkte nur van Zant.
»Natürlich wirst du mit Vinca und Zamorra gehen. Wenn diese Herrscher ihren Plan nämlich in die Tat umsetzen, wer weiß denn schon, was uns allen dann blühen mag?«
Niemand hatte in der ganzen Zeit auf den kleinen Serhat geachtet, der es sich auf dem Schoss von Lakir gemütlich gemacht hatte. Seine Augen waren halb geschlossen, wie die einer Katze, die sich nicht zwischen Schlafen und Wachen entscheiden
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