0897 - Zwei wie die Hölle
allein?«
»Ja.«
»Ohne Frau?«
Ich mußte lachen. »Ganz ohne.« Dann schob ich ihn vor. »Mein Freund Suko wohnt gleich nebenan. Er lebt zusammen mit Shao, einer wirklich tollen Frau. Du wirst sie kennenlernen, und wenn du gern chinesisch ißt, wird sie dir auch was kochen.«
»Mit Stäbchen essen?«
»Wenn du willst.«
»Ich habe es versucht. Das Essen wird aber immer kalt. Ich bin zu langsam.« Er schaute sich um.
»Gemütlich hast du es hier. Gibt es hier auch ein Bad?«
»Ich zeige es dir.«
Der Junge war zufrieden, als er es sah. Ich ließ ihn allein, weil er zur Toilette und sich waschen wollte. Inzwischen suchte ich im Kühlschrank nach, ob ich für ihn etwas zu trinken fand.
Orangensaft war da, Bier auch, so nahm ich eine Flasche, eine Dose und zwei Gläser mit. Vor dem Bier wollte ich mir noch einen herrlichen Malzwhisky gönnen, denn in meinem Magen lagen zwei Hamburger, und ich war richtig pappig satt.
Der Junge kehrte zurück. Er war noch immer gehemmt, bewegte sich langsam und schaute sich mehrmals um. Neben meinem Sessel blieb er stehen. »Was soll denn jetzt geschehen?«
Ich deutete auf die Couch. »Erst einmal wirst du dich setzen. Dein Saft ist schon eingeschenkt, ich habe mir auch was gegönnt, und dann wollen wir mal trinken.«
»Danke.«
Gordy hatte Durst. Er leerte das Glas bis über die Hälfte, stellte es dann zurück und lehnte sich gegen ein Kissen. Gordy trug eine Jeanshose und einen Pullover. Er schaute nachdenklich. Ich wußte, daß ihn Sorgen quälten, daß er etwas auf dem Herzen hatte, gab ihm aber die nötige Zeit, denn er sollte anfangen. »Hubert Huxley war auch nett«, sagte er plötzlich.
»Zu dir?«
»Ja. Er hat mich mitgenommen.«
»Du weißt, was er gewesen ist?«
Gordy nickte und trank wieder. »Ich habe es gehört. Er war trotzdem nett, John.«
»Das glaub ich dir, Gordy.« Ich schlug meine Beine übereinander und balancierte das Glas in meiner rechten Hand. »Ich begriff nur nicht, wie er, ein Killer, sich um dich kümmern könnte. Du bist ihm doch eine Last gewesen.«
»Das hat er mir nie gesagt.«
»Gut, lassen wir das so stehen. Aber warum nahm er dich mit? Als Tarnung, oder…«
Der Junge ließ mich nicht aussprechen. »Er hat gesagt, ich hätte ihm das Leben gerettet.«
Beinahe hätte ich mich an meinem Whisky verschluckt. »Moment mal, was hat er gesagt?«
»Ich war sein Lebensretter.«
Die Pille mußte ich erst einmal schlucken. Ich schaute Gordy an und versuchte, in seinem Gesicht nach einer Lüge zu lesen, das aber stimmte nicht. Der Junge sah so aus, als wäre er fest davon überzeugt, und er wiederholte den Satz auch.
»Stimmt es denn, daß du ihm das Leben gerettet hast?«
»Wenn er es sagt…«
»Nun ja, das ist mir zuwenig. Kannst du mir nicht Einzelheiten erklären?«
»Viel weiß ich auch nicht. Ich bin da in ein Haus gekommen, weil ich Licht hinter der Scheibe sah.«
»Wo war das?«
»Keine Ahnung. Es stand in einem großen Garten. Da habe ich sie dann gesehen.«
»Wen?«
»Hubert und die beiden Männer. Die wollten ihn erschießen.«
»Und du hast sie davon abgehalten?«
»Das muß wohl so gewesen sein.«
»Wie denn?«
Der Junge drehte die Hände. Er wirkte etwas verlegen. Wie jemand, der schon zuviel gesagt hat.
»Na ja, es ist komisch gewesen. Ich spürte das Brennen auf meiner Stirn, und dann bekamen die beiden Angst und sind aus dem Fenster gesprungen. Es lag ziemlich hoch, weißt du.« Er hob die Schultern. »Wir sind dann abgehauen. Hubert wollte nach London. Unterwegs haben wir dann angehalten, weil es zu spät geworden war. Wir wollten in einem Hotel übernachten. Hubert war immer nervös. Manchmal sprach er davon, daß man ihn abservieren wollte. Kaltstellen hatte er immer gesagt. Sollte er getötet werden?« Gordy schaute mich fragend an.
»So ähnlich.«
»Das ist dann auch passiert.«
»Und was hast du gemacht?«
»Ich bin mit seinem Auto nach London gefahren.« Als er meinen erstaunten Blick sah, mußte er lachen. »Es war ganz einfach. Der Volvo hatte eine Automatik. Meinen Hund hatte ich mitgenommen. Dann wurde ich gefunden, alles andere hast du mitbekommen. Jetzt lebt Eden nicht mehr.«
»Du hast deinen toten Freund rächen wollen?«
»Kann sein.«
Ich wollte ihm keine Moralpredigt halten, nicht jetzt, zu viele Fragen standen noch offen, die ihn angingen. Ich wußte nicht, woher er kam, er mußte eine Heimat haben, auch Eltern.
Er konnte einfach nicht durch die Gegend laufen.
Als ich einen
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