0897 - Zwei wie die Hölle
plötzlich so laut, daß Shao zurückzuckte. Sie drehte den Kopf, um mich anzuschauen.
»Glaubst du ihm, John?«
»Ich weiß es nicht. Im Prinzip glaube ich ihm schon. Sie sind hier, aber wir können sie nicht sehen. Du darfst nicht vergessen, daß er das dritte Auge hat. Ich weiß nicht alles über seine Funktion, aber er sieht damit mehr, und er kann wahrscheinlich auch hinter die Kulissen schauen.«
»Du meinst, daß er Bilder oder Dinge sieht, die objektiv nicht vorhanden sind?«
»Möglich.«
Die Chinesin schaute Gordy fest an. Er war schweißnaß. Er zuckte, und er bewegte auch wieder seine Lippen. Abermals drangen die gleichen Worte aus seinem Mund. »Sie sind hier. Beide sind hier. Jennifer und Jonathan haben mich gefunden. Sie wollen mich holen - holen und töten…«
***
Suko hätte eigentlich guter Stimmung sein müssen, er war es trotzdem nicht, auch wenn sie die beiden Killer so unblutig aus dem Verkehr gezogen hatten. Das eigentliche Problem war noch nicht gelöst. Es hatte auch einen Namen.
Gordy!
Nicht mehr und nicht weniger, denn keiner von ihnen wußte den Nachnamen des Jungen. Es wußte auch niemand, woher Gordy gekommen war. Von einem anderen Stern konnte er nicht gefallen sein. Er war da, er mußte Eltern gehabt haben, er mußte…
Ja, was mußte er?
Fest stand, daß er ein Psychonauten-Kind war. John und Suko hatten schon einige Male mit den Psychonauten zu tun bekommen, aber sie hatten nie deren Kinder erlebt. Dabei lag es einfach auf der Hand, daß auch Menschen wie sie Kinder zeugten.
Wenn das stimmt, dann mußte es auch Eltern geben, die möglicherweise nicht tot, sondern nur verschollen waren.
Suko wußte es nicht. Er wollte auch nicht länger darüber nachdenken, weil ihm das gesamte Thema einfach zu kompliziert erschien. Er saß im Fond des Taxis und schaute durch die Scheibe, hinter der ein Teil der Kulisse einer großen Stadt entlanghuschte. Oft nur als verschwommene und schlecht beleuchtete Bilder. Momentaufnahmen mit und ohne Menschen, die kamen und wieder verschwanden. Sie tauchten ein in die Vergessenheit, und Suko ließ sich weiterfahren.
Der Fahrer gehörte glücklicherweise zu den Menschen, die nicht viel redeten. Er schwieg vor sich hin, was Suko recht war, und das leise gestellte Radio störte ihn auch nicht.
London schlief nie. Auch am Abend herrschte viel Verkehr. Aber nicht so stark wie tagsüber, und so erreichte Suko relativ schnell sein Ziel.
Suko ließ den Fahrer auf dem Parkplatz zwischen den beiden Hochhäusern anhalten, zahlte und legte ein Trinkgeld drauf. Der Fahrer bedankte sich mit einem Nicken. Er wartete ab, bis Suko die Tür zugeschlagen hatte, dann startete er und fuhr davon.
Suko schaute auf die Tür. Zur Tageswende waren es noch zwei Stunden. Die letzten Yards ging er zu Fuß. Der Eingang des Hauses war taghell. Ein Hausmeister saß in der Loge, die auch in der Nacht besetzt war. Darauf hatten sich die Mieter geeinigt, es war auch schriftlich in den Mietverträgen festgehalten worden, und Suko war froh, wenn das Haus nicht allein gelassen wurde.
Im Moment war der Hausmeister jedoch nicht zu sehen. Er hatte ein Schild vor seine Loge gehängt, auf dem zu lesen stand, daß er bald wieder zurücksein würde.
Suko ging zu den Fahrstühlen. Die Halle war bis auf ihn leer. Sie kam ihm kalt vor.
Der Lift war schnell zur Stelle, Suko stieg ein und ließ sich nach oben fahren. Seine Gedanken drehten sich dabei um Gordy. Dieser Junge war ihnen allen ein großes Rätsel, aber er schien mehr zu wissen, als er bisher zugegeben hatte. Konnte er dieses Wissen auch artikulieren? Das war die große Frage. Suko glaubte eher daran, daß dieses Wissen verschüttet war, und daß irgend jemand versuchte, an dieses Wissen heranzukommen.
Er, John und auch die anderen mußten versuchen, dies zu verhindern. Dazu allerdings brauchten sie die Hilfe des Jungen. Er mußte endlich seinen Panzer aufbrechen.
Vielleicht hatte John Glück, denn Suko konnte sich vorstellen, daß Gordy auf das Kreuz reagierte und vor allen Dingen auf das dort abgebildete Allsehende Auge.
Es war ein uraltes ägyptisches Symbol, und die Psychonauten standen mit den alten Ägyptern in Verbindung. Sie hatte es damals schon gegeben, sie waren nur verschollen, als Menschen mit dem dritten Auge, und sie lebten in alten Sagen und Legenden weiter.
Die Tür öffnete sich vor Suko, gab ihm den Weg in den Flur frei, wo sich Suko verhielt wie immer.
Er schaute zuerst nach rechts, dann nach links. Es
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