0898 - Praxis des Teufels
mich ganz krank nach diesen Ausbrüchen!«
Debbie sah sie nachdenklich an. Was waren das nur für Stimmungs-Schwankungen der jungen Frau? Und ein Wutausbruch, kaum, dass sie einen Schluck von dem Tee genommen hatte, der sie gegen dämonische Einflüsse hatte schützen sollen? Sie stand vorsichtig auf und goss einen neuen Kräutersud auf.
»Sie sollten das wirklich trinken, Naomi«, meinte sie ernsthaft. »Wenn meine Großmutter recht hat, dann kann sie das vor den Wutausbrüchen bewahren.«
Zweifel standen Naomi auf dem Gesicht geschrieben, doch sie folgte mit zitternden Händen.
»Was für Albträume sind das, die Sie haben, Naomi?«
»Den ersten hatte ich kurz vor meiner OP. Vielleicht ist es also keiner, das wäre mir fast am liebsten! Vielleicht kam er wirklich nur von dem Beruhigungsmittel… aber ich habe gedacht, ich bin in einem Operationssaal, der rot angeleuchtet ist. Die Menschen waren zwar nicht unfreundlich, aber sie hatten auch scheinbar kein Mitleid mit mir… ich könnte mich nicht rühren und nicht schreien, aber ich wäre am liebsten aufgestanden und wäre weggelaufen, besonders, als sich ein Arzt und eine Schwester über mich gebeugt haben, mir eine riesige Spritze mit einer teerartigen Flüssigkeit in die Halsvene injiziert haben!« Naomi wurde von unhörbaren Schluchzern geschüttelt. Entsetzt sah Debbie sie an. Die junge Frau hatte wirklich Angst - und was konnte das gewesen sein, dass man ihr gegeben hatte?
Irgendetwas, was man ihr gegeben hatte, um sie auf den Dämon, diesen Teufel oder Wong Siang, vorbereitet hatte? Sie machte sich eine gedank-I irhe Notiz, um Professor Zamorra am Morgen Bescheid zu geben. Vielleicht wussten er und seine Assistentin ja, was man Naomi gegeben hatte. Denn dass es sich bei dem angeblichen Albtraum der jungen Patientin um Realität handelte, daran zweifelte Debbie nicht eine Sekunde.
Naomi Sutton trank noch einen großen Schluck und unterdrückte einen Würgereflex. »Es ist ekelhaft.« Debbie sah, wie ihre Hände zuckten und es wieder rot in ihren Augen aufblitzte, aber Naomi Sutton nahm sich zusammen und schluckte noch ein bisschen von dem Kräutersud.
»Ich bin sicher, Sie haben dieses Erlebnis nicht geträumt. Ich will Sie nicht noch weiter beunruhigen, aber ich habe schon länger den Verdacht, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht, Naomi«, sagte sie schließlich. »Ich kann verstehen, das Sie gehen wollen, aber es wäre im Moment nicht ratsam. Noch sind Ihre Wunden offen und brauchen Ruhe.«
Naomi trank den Rest von ihrem Tee. Wieder musste sie würgen und ein Schauder schien durch ihren Körper zu gehen, der sich bis in ihre Augen fortzusetzen schien, die wiederum für einen Sekundenbruchteil rot aufzuglimmen schienen.
Dann wieder sackte sie in sich zusammen und schloss die Augen.
»Ich bin so müde…«, murmelte sie schwach. Sie schien sich kaum noch auf den Beinen halten zu können. Debbie sah kurz auf die Uhr. Noch fünf Stunden dauerte ihre Schicht.
Zeit genug, um Naomi wieder ins Bett bringen zu können und noch kurz etwas zu ihrem Schutz unternehmen zu können.
***
Das brüllende Kreischen war ohrenbetäubend.
Aus allen Ecken des düsteren Thronsaales stoben die kleinen und größeren dienstbaren Geister des Ministerpräsidenten der Hölle heraus und versuchen verzweifelt, sich in Sicherheit zu bringen. Doch es gelang nicht allen schnell genug - sie wurden von Feuerbällen, dem tiefen Grollen der herabstürzenden Dämonenstatuen und Mauerreste und nicht zuletzt den schwarzmagischen Blitzen, die aus der Hand des maßlos zornigen Erzdämons schossen, getötet. Doch die meisten der Waffen, die früher einmal so mächtig gewesen waren, dass die Getroffenen sofort und ohne Zeitverlust zu Asche verbrannten, schienen schwach geworden zu sein: Die Opfer von Lucifuge Rofcales Zorn wanden sich sekundenlang in unerträglichen Schmerzen, bevor ihre Körper sich sichtbar langsam von außen auflösten.
Lucifuge Rofocales Zorn legte sich für einen Moment, als er den langsamen Tod seiner Diener beobachtete und sog ihre magische Kraft, die jetzt langsam freigegeben wurde, gierig in sich auf.
»He, du da!«, schrie er einen seiner derzeit bevorzugten Diener an, einen Schemen, der beinahe unsichtbar war. Jetzt, wo sein Herr so zornig war, schien der Schemen sogar noch blasser zu sein als üblich und in dem ständig düsteren Fackellicht, dass Lucifuge Rofocales Thronsaal erhellte, war er kaum noch auszumachen. Nur die Tatsache, dass seine
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